Eching am Ammersee: Sonnenstrom vom Klärteich – Bayern | ABC-Z
Klingt komisch, ist aber wahr: In Eching am Ammersee wurde am Samstag die erste schwimmende Solaranlage auf einem Klärteich in Betrieb genommen. Das Projekt der Ammerseewerke und der Firma Sinn Power aus Gauting ist seit eineinhalb Jahren in Vorbereitung und wurde jetzt mit Blasmusik und im Beisein des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger eingeweiht. Dabei waren auch Bürgermeister, Projektpartner und etwa 100 Bürger, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten.
Bei herrlichem Wetter versammelte sich die Festgemeinde am Samstagvormittag auf dem Areal der Kläranlage. Bevor es losging, wurden Hände geschüttelt und die Blaskapelle spielte sich warm. Dann erschien um Punkt 10 Uhr der Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger, um vor dem Festakt noch eine Rede zur Lage der Teiche zu halten. Davor leiteten die kommunalen Projektpartner aufs Thema hin, denn die Kläranlage Eching ist im gemeinsamen Besitz der anliegenden Gemeinden. Thomas Obermeier von den Ammerseewerken (48 Prozent Anteil) und Maximilian Bleimaier von AWA-Ammersee (52 Prozent Anteil) berichteten über die bisherigen Bemühungen zur CO₂-Neutralität der Kläranlage.
Hubert Aiwanger (Freie Wähler) legte direkt schwungvoll los und verwies auf den bayerischen Vorsprung beim Ausbau der Solarenergie, weil „im Süden die Sonne scheint“. Außerdem sei der Umweltschutz wirklich übertrieben, es würden stets Bedrohungen konstruiert, aber keine Lösungen gesucht. Das sei hier in Eching anders. Zudem gebe es 0815-Gewässer, die keine ökologischen Nischen enthalten und getrost mit Solaranlagen zugebaut werden könnten. Ob Aiwanger hier auch an das Fünfseenland dachte?
Das größte Problem sei aber das Abstandsgebot von 40 Metern zum Ufer und eine Beschränkung auf maximal 15 Prozent Solarfläche auf dem See. Das solle dem Vogelnachwuchs zugutekommen, sei aber übertrieben, befand Aiwanger, schließlich sei der Fuchs als typischer Gelegeräuber kein guter Schwimmer. Seiner Meinung nach würden bereits 15 Meter Abstand ausreichen und es sollte erlaubt sein, bis zu 50 Prozent der Gewässerflächen mit Solarmodulen zu belegen. Auch Bedenken, dass Enten mit der Anlage kollidieren könnten, wies er als erfahrener Jäger zurück. Die Tiere seien schließlich schlauer als der Mensch und könnten das einwandfrei unterscheiden. Zum Schluss gab es noch Hiebe für die Koalition in Berlin und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die ohne Ahnung vom Thema Entscheidungen träfen.
Nach dieser Einführung in bayerisches Umweltverständnis spielten sich noch Sandra Perzul, Bürgermeisterin von Dießen, und Herrschings Bürgermeister Christian Schiller geschickt den Ball zu und sprachen über die Wirkung der Anlage für die Region. Zuletzt kam Firmenchef Philipp Sinn zu Wort und lobte Aiwanger als Mann der Tat. Schließlich wurde feierlich ein Band durchgeschnitten und Aiwanger ließ es sich nicht nehmen, die Leine für das Ponton selbst zu lösen. Mit großem Gerumpel rutschte die Anlage ins Wasser und schwamm fortan friedlich in Ufernähe. Nach kurzem Gespräch und Händeschütteln ging es für den Staatsminister direkt weiter nach München zum Oktoberfest.
Der Solaranlagenspezialist und Geschäftsführer von Sinn Power, Philipp Sinn, klärte noch auf, warum die Anlage überhaupt erlaubt war. Schließlich hatte Aiwanger doch zuvor über Abstandsflächen geklagt. Des Pudels Kern: Ein Schönungsteich ist künstlich geschaffen und somit rechtlich gesehen eine „technische Anlage“ und kein Gewässer. Durch diesen geschickten Kniff wurden insgesamt 50 schwimmende Solarmodule auf zwei Teichen genehmigt.
Zu schwimmenden Solaranlagen weist das Bundesamt für Naturschutz darauf hin, dass bisher stichhaltige wissenschaftliche Ergebnisse zu den Folgen fehlen. Es sei aber klar, dass die Anlagen große Schatten auf die Wasserwelt darunter werfen. Wie allgemein bekannt, brauchen auch Wasserpflanzen Sonnenlicht, um Sauerstoff zu produzieren. Auch sieht man beim Bundesamt die Gefahr, dass die Zirkulation von Nährstoffen ausbleiben könnte. 40 Meter Abstand zum Ufer wurden gewählt, um die besonders sensiblen Uferzonen zu schützen. Auch Baggerseen seien aufgrund der wenigen Nährstoffe ökologische Nischen für bedrohte Arten, heißt es. Von überspringenden Füchsen oder schlauen Enten ist in dem Bericht nichts zu lesen.