München: Wie die Bits & Pretzels zum internationalen Gründertreff wurde – München | ABC-Z

Es begann im Münchner Hofbräuhaus, bei Weißwürsten und Brezn. Ein paar Dutzend Gründer trafen sich dort 2013 zum Frühstück, weil sie genug davon hatten, dass Berlin als Hauptstadt der deutschen Start-up-Szene galt. Heute, zwölf Jahre später, ist daraus die Bits & Pretzels geworden, eine Gründermesse mit 7500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, internationalem Renommee und einer einzigartigen Verbindung aus Business und bayerischer Tradition, die alljährlich zur Wiesn in München stattfindet.
Drei Männer haben diese Entwicklung vorangetrieben: Andy Bruckschlögl, einst selbst Gründer und heute Marketingkopf der Konferenz, Bernd Storm van’s Gravesande, der sich um Partnerschaften kümmert, und Felix Haas, der das Programm kuratiert. Alle drei sind erfolgreiche Unternehmer, die ihre Firmen mittlerweile verkauft haben – Ryte, AboAlarm, IDnow oder andere Software-Start-ups. Was sie verbindet, ist die Mission, München und Europa als Startup-Standort sichtbar zu machen.
„Damals haben Investoren gesagt: Wenn du es ernst meinst als Gründer, musst du nach Berlin gehen“, erinnert sich Bernd Storm van’s Gravesande. Für ihn war das ein Ansporn, der Münchner Szene eine Bühne zu geben. Felix Haas brachte zusätzlich den „Silicon-Valley-Spirit“ mit, den er während seiner Zeit in Kalifornien aufgesogen hatte: weniger Risikoangst, mehr Begeisterung für Chancen.
So wuchs aus dem Weißwurstfrühstück ein Festival, das längst über die Stadtgrenzen hinaus wirkt. Spätestens seit die Bits & Pretzels 2015 ins Oktoberfest einzog, hat sie sich ein Alleinstellungsmerkmal erobert: Networking im Festzelt der Familie Schottenhamel. Dort sollen Hierarchien verschwinden, wenn Gründer neben Dax-Vorständen oder Investoren an langen Holztischen sitzen. „Die Leute lieben diese Atmosphäre – sie ist viel inspirierender als ein Konferenzraum“, sagt Storm van’s Gravesande.
Das Konzept: Table Captains – erfolgreiche Gründer, Top-Investoren, CEOs oder Journalisten – nehmen an einem Tisch Platz, um sich für eine knappe Stunde mit jungen Unternehmerinnen und Unternehmern oder solchen, die es werden wollen, auszutauschen. So entstehen Finanzierungsrunden, Partnerschaften, manchmal auch neue Firmen. Daneben gibt es „Topic Tables“, an denen bestimmte Themen diskutiert werden. Die Mischung aus Brezn, Bier und Business hat längst internationale Strahlkraft: Selbst der Gründer von Airbnb war schon mehrfach dabei – zuletzt mit Familie.
Das diesjährige Motto lautet „Connecting Europe“. Nach „Kickstart Europe“ im Vorjahr soll es nun um Zusammenarbeit über Grenzen hinweg gehen – ein Appell an Gründer, Investoren und Politik gleichermaßen. Denn die Veranstalter sind überzeugt: Nur wenn Europas Start-ups kooperieren und Märkte grenzüberschreitend denken, können sie mit den USA und China mithalten.
Im Programm spiegeln sich diese Ambitionen wider: 15 Partnerländer stellen ihre Start-up-Ökosysteme vor, Politikerinnen wie Dorothee Bär (CSU), Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, und Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) sind angekündigt, ebenso Vertreter der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und internationale Investoren. Im Fokus stehen Exist-Start-up-Factories, sprich: privatrechtlich organisierte und unternehmerisch geführte Gründungszentren, die vom Bund gefördert werden, sowie die WIN-Initiative. Dahinter steckt ein breites Bündnis aus Wirtschaft, Verbänden, Politik und der KfW, das die steuerlichen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für junge innovative Unternehmen in Deutschland verbessern will. Auch Themen wie Verteidigungstechnologien und künstliche Intelligenz rücken stärker in den Vordergrund.
Neu ist in diesem Jahr der CIO-Summit, bei dem sich 500 IT-Chefs aus Großunternehmen und Mittelstand über künstliche Intelligenz austauschen und mit Start-ups über Kooperationen sprechen sollen. „Was die Gründer neben Kapital brauchen, sind Kunden und die Reichweite von Großunternehmen“, sagt Bruckschlögl. „Genau dafür schaffen wir diese Plattform.“
Mittlerweile gibt es auch Ableger-Veranstaltungen in Frankreich und Dänemark
Mittlerweile wächst die Bits & Pretzels über München hinaus: Neben den drei Festivaltagen gibt es inzwischen Side-Events in ganz Europa. Nach erfolgreichen Testballons in deutschen Städten sollen bis Jahresende 14 Meetups stattfinden – unter anderem in Stuttgart, Paris und Kopenhagen.
Damit ist die Bits & Pretzels längst keine reine Gründermesse mehr, sondern wird zu einer ganzjährigen Bewegung, die Unternehmertum sichtbar machen will – mit Bayern als Heimat und Europa im Blick. „Wir wollen nicht zur digitalen Werkbank der USA werden“, sagt Bruckschlögl. „Wir brauchen mehr erfolgreiche Unternehmen wie SAP und Celonis, die hier gegründet werden und hier bleiben.“
Masskrug und Meeting, Brezn und Businessplan – auf der Bits & Pretzels wird dieses Jahr neu verhandelt, wie die europäische Gründerszene ihre Zukunft gestalten kann. Und vielleicht liegt genau in dieser Mischung aus Münchner Gemütlichkeit und globalem Anspruch das Geheimnis ihres Erfolgs.





















