Duell mit Trump: Die EU will Unternehmen entlasten – Politik | ABC-Z
Donald Trump hatte bestimmt keine Ahnung davon, dass an diesem Montagabend im fernen Brüssel die für Finanzen zuständigen Ministerinnen und Minister der Europäischen Union zusammensaßen. Dennoch wirkte es wie ein Akt der Rücksichtnahme, dass der US-Präsident bei seiner Amtseinführung die Brüsseler Runde nicht gleich mit der Ankündigung von Zöllen gegen Europas Unternehmen erschreckte. In Brüssel ahnt man trotzdem: Trump wird über kurz oder lang versuchen, Europas lahmende Wirtschaft gänzlich zu zerfleddern und damit die EU buchstäblich in ihre Einzelteile zu zerlegen.
Europa müsse geschlossen bleiben, kein Land solle auf eigene Faust Deals mit Trump schließen – das war die wichtigste Botschaft nach dem gemeinsamen Abendessen der Ministerinnen und Minister. Überbracht wurde sie vom polnischen Finanzminister Andrzej Domański, dessen Land seit 1. Januar die Ratspräsidentschaft in der EU ausübt. Das gemeinsame Ziel, das die 27 Regierungen zusammenschweißen soll, heißt: „Wettbewerbsfähigkeit“.
In der Kommission ist offenbar ein Machtkampf entbrannt
Europas Wirtschaft soll wieder in die Lage versetzt werden, mit den USA, China und dem Rest der Welt auf Augenhöhe zu konkurrieren. Dazu müssen vor allem die Energiepreise in Europa sinken. Weil das aber eine komplizierte Angelegenheit ist, konzentriert sich die EU, um Handlungsfähigkeit zu zeigen und sich selbst Mut zu machen, erst einmal auf den Abbau von bürokratischen Lasten für Europas Unternehmen. Als Sofortmaßnahme soll zu dem Zweck ein „Omnibus“ auf den Weg gebracht werden.
Damit ist kein Fahrzeug im Wortsinn gemeint, das sich von Brüssel aus auf die Fahrt durch den Kontinent macht, um Werbung für die EU zu machen. Vielmehr geht es um eine Verordnung, die sich am lateinischen Ursprung des Wortes (omnibus: für alle) orientiert: Berichtspflichten, die sich aus mehreren europäischen Umwelt- und Klimagesetzen ergeben, sollen in einem einzigen Gesetz gebündelt und entschlackt werden.
Die von Ursula von der Leyen geführte EU-Kommission will am 26. Februar einen Entwurf der Omnibus-Verordnung vorstellen. Unter den 27 Regierungen gilt diese Verordnung als erster großer Test, wie mutig die neue Kommission vorangeht bei der Entlastung von Unternehmen – und wer wirklich das Sagen hat in der Behörde, deren neue Besetzung erst seit dem 1. Dezember im Amt ist.
Die Finanzminister trafen sich in Brüssel mit mehreren Kommissarinnen und Kommissaren, die für das Projekt zuständig sind, und aus Teilnehmerkreisen war zu hören: Da sei offenbar schon ein Machtkampf entbrannt. Die für den Grünen Deal zuständige Kommissions-Vizepräsidentin Teresa Ribera, eine Sozialistin aus Spanien, versuche, so viel wie möglich von den Umwelt- und Klimaregeln zu retten. Präsidentin Ursula von der Leyen wiederum stehe unter dem Druck ihrer konservativen Parteienfamilie (EVP), so viele Regeln wie nur möglich zu entschärfen.
Regeln abzuschaffen, kostet die Staaten kaum Geld
Der qua Amt für die Deregulierung zuständige Kommissar Valdis Dombrovskis verfolgt das Ziel, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen in der EU um mindestens 25 Prozent zu vermindern. Am Dienstag stellte der den Ministerinnen und Minister den Stand der Debatten in Sachen „Omnibus“ vor. Es ging beispielsweise um die sogenannte Taxonomie-Verordnung, die festlegt, unter welchen Kriterien eine wirtschaftliche Tätigkeit als ökologisch nachhaltig gilt. Es ging um die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, bekannt als CSRD, und auch um die Lieferketten-Richtlinie, bekannt als CSDDD oder auch CS3D.
Viele europäische Unternehmen klagen über angeblich überbordende Berichtspflichten und finden damit zunehmend Gehör in der Politik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Wahlkampf die Deregulierung zu einem großen Thema gemacht, entsprechend betonte auch sein Finanzminister Jörg Kukies in Brüssel die Bedeutung der „Omnibus“-Verordnung. Der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz will noch sehr viel weitergehen beim Abbau und Verschieben von Umwelt- und Klimaregeln. Geht es nach ihm, sollen dem ersten Omnibus noch viele weitere hinterhergeschickt werden, schwer beladen.
Die Debatte über das Erbe des Grünen Deals dürfte die nächsten Wochen die Brüsseler Debatten in der Finanz- und Wirtschaftspolitik beherrschen. Regeln zu kappen, kostet die Staaten praktischerweise kaum Geld. Sehr viel Geld würde es aber beispielsweise kosten, zusätzliche Verteidigungsausgaben zu finanzieren, wie es US-Präsident Donald Trump von Europas Nato-Staaten fordert. Bei den Gesprächen in Brüssel wurde auch die Idee diskutiert, diese Ausgaben durch gemeinsame europäische Schulden zu finanzieren. Solche Ideen finden gerade in Deutschland aber weniger Gehör als der Ruf nach dem Abbau von Bürokratie.