Bezirke

Erding: Erfolgreiche Mundpropaganda – Erding | ABC-Z

Alten- und Pflegeheime haben seit Jahren schwer mit Fachkräftemangel zu kämpfen. Da kommt zum Jahresende aus Erding eine gute und zugleich erstaunliche Nachricht: Das von der Großen Kreisstadt verwaltete Heiliggeist-Stift hat es gegen jeden Trend geschafft, mit ausreichend Personal eine Vollauslastung zu erreichen. Und das, da ist sich die Stadt sicher, hat viel zu tun mit Heimleiterin Angelina Di Virgilio.

Die Eingangshalle des Heiliggeist-Stifts ist am Vormittag vor Heiligabend gut besucht. Bewohner und Bewohnerinnen sitzen beieinander, ratschen oder beobachten die Lage. „Gut schaust du aus!“, begrüßt eine ältere Frau eine Bewohnerin. Nebenan holt eine Pflegerin eine Seniorin im Rollstuhl ab. „Jetzt fahr ma hoam“, sagt sie auf dem Weg ins Zimmer. Das Büro von Angelina Di Virgilio ist gleich ums Eck.

Bundesweit können Heime viele Betten nicht belegen, weil das Personal fehlt. So war es auch im Heiliggeist-Stift, als Angelina Di Virgilio Mitte 2021 die Leitung übernommen hat. „Ich bin gestartet mit 99 Plätzen, jetzt sind wir bei 159. Wir sind voll“, erzählt die 55-Jährige beim Gespräch in ihrem Büro. Wie erklärt sie sich den Erfolg? Zwei Punkte seien ihr gegenüber dem Personal wichtig, sagt sie: Gerechtigkeit und Respekt. Dazu gehöre für sie grundsätzlich, dass sie jeden und jede im Mitarbeiterteam mit Namen kenne. Die Mitarbeitenden sollen sich „wahrgenommen und wertgeschätzt“ fühlen. Sie unterstütze jeden und jede, sie habe immer ein offenes Ohr für alle Belange, aber sie fordere dafür auch Unterstützung ein.

„Es muss für jeden gerecht zugehen“, betont Di Virgilio. Dazu gehört für sie zum Beispiel auch, dass nicht immer „die, die am lautesten schreien“ zum Zuge kommen, sondern der Weg für alle gleich sein müsse. Dazu gehöre aber auch, dass jeder seinen Urlaub so lege, dass es für die anderen auch in Ordnung ist. Das sorge für Stabilität, ist sie überzeugt.

Das Heiliggeist-Stift in Erding. Hinter dem Bauzaun entsteht eine Grünfläche mit Sitzgelegenheit und Pergola. (Foto: Renate Schmidt)

Die Stimmung im Haus sei sehr gut, das sei ihm von mehreren Seiten erzählt worden, hat erst kürzlich wieder Oberbürgermeister Max Gotz erwähnt. Mundpropaganda sei inzwischen die wichtigste und beste Mitarbeiterwerbung, erklärt Angelina Di Virgilio.

Abgesehen davon sei der Tarif im öffentlichen Dienst gut, fügt sie hinzu. Aber Geld allein ist nicht alles. Neue gesetzliche Bestimmungen teilen die personelle Ausstattung des Pflege- und Betreuungspersonals in drei Qualifikationsstufen ein, mit dem Ziel, die bisherige starre Fachkraftquote ein wenig zu lockern. Hilfskräfte könnten zum Beispiel Pflegekräfte entlasten, und sei es durchs Abräumen des Tisches. Während examinierte Pflegekräfte nur noch Aufgaben übernehmen sollen, die tatsächlich eine Fachausbildung erfordern.

„Erding ist einfach meine Stadt“, sagt die Heimleiterin

Insgesamt verfüge das Haus über ein Mitarbeiterteam von „120 Köpfen“, 80 Pflegekräfte gebe es. Sie setze auf Fort- und Weiterbildung der Kräfte aus den eigenen Reihen, erklärt die Heimleiterin. Es sei es von Vorteil, dass in Erding entsprechende Schulen vor Ort sind. Pflegeschüler sollen möglichst gehalten werden, bislang sei das fast immer gelungen. Ein bedeutender Baustein im Personalgefüge seien die Bufdis, die Teilnehmenden vom Bundesfreiwilligendienst.

Die examinierte Altenpflegerin ist selbst vom Fach und war von 2009 bis 2014 im Fischers Seniorenzentrum in Erding tätig. Nach der Weiterbildung zur Pflegedienst- und Einrichtungsleiterin hat sie bei der AWO in München als Heimleitung gearbeitet. Schon länger wollte sie zurück nach Erding, wo sie seit vielen Jahren wohnt. Dann die Chance: Das Heiliggeist-Stift suchte eine neue Leitung. Sie bewarb sich – es klappte. Erding sei eine wunderschöne Stadt, in der man sehr gut leben könne. „Erding ist einfach meine Stadt“, erklärt die 55-Jährige.

Die Zusammenarbeit mit Stadt, Stadtrat und Stiftung laufe sehr gut

Leider hat sich die wirtschaftliche Entwicklung des Heiliggeist- Spitals verschlechtert, wie Reinhard Böhm kürzlich im Stadtrat informierte. Der Verwaltungsleiter der Stadt Erding ist zugleich Vorsitzender der Heiliggeist-Spitalstiftung und des Seniorenheims. Im Jahresabschluss 2023 steht ein Defizit von fast 755 000 Euro. Angelina Di Virgilio hofft auf eine Verbesserung im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen. Immerhin steht eine finanzstarke Stiftung hinter der Einrichtung. Auf rund 14,4 Millionen Euro beläuft sich laut Jahresbilanz 2023 das Vermögen der Heiliggeist-Spitalstiftung.

Sehr gut ist laut Angelina Di Virgilio die Zusammenarbeit mit der Stadt, mit dem Vorstand der Stiftung und der Personalabteilung. „Ich habe von Anfang an einen unheimlichen Vertrauensvorschuss bekommen, wie ich ihn noch nie erlebt habe“, sagt die Heimleiterin. Auch der Stadtrat unterstütze das Haus. Die von der Stadt verwaltete Stiftung hat für einen Millionenbetrag einen neuen Küchentrakt errichtet. Dieser wird Anfang 2025 in Betrieb genommen.

Mit dem Neubau der Küche hat sich die Möglichkeit eines Dachgartens ergeben

Die neue Küche ragt etwas über das Erdgeschoss hinaus, wodurch sich die Möglichkeit eines Dachgartens ergeben hat. Über eine kleine Rampe ist das Dach zu erreichen und damit ein begrünter Freibereich. Sitzmöglichkeiten und eine Schatten spendende Pergola soll es dort geben.

Die Rampe zum Dachgarten führt genau am Bürofenster von Angelina Di Virgilio vorbei. Sie freue sich schon jetzt auf den Blick auf die kleine Grünanlage vor ihrem Fenster, wo dann im Sommer Platz ist zum Ausruhen und Unterhalten – für Bewohner und Bewohnerinnen, Besucher und natürlich auch für die Mitarbeitenden.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"