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Droht eine Pandemie mit H5N1? | ABC-Z

In den USA ist erstmals ein Patient schwer an der Vogelgrippe erkrankt. Wie die Gesundheitsbehörde CDC mitteilte, musste ein Mensch im südlichen US-Bundesstaat Louisiana wegen schwerer Atemwegssymptome ins Krankenhaus eingeliefert werden. Der Patient habe Kontakt mit kranken und toten Vögeln gehabt, heißt es. Eine Genanalyse habe bestätigt, dass der Mann sich mit dem H5N1-Virus infiziert hatte, so die Behörde. Er sei älter als 65 Jahre gewesen und habe Vorerkrankungen gehabt, die zur Schwere des Verlaufs beigetragen hätten, heißt es.

Diese Variante war zuvor bei einem schwer an der Vogelgrippe erkrankten Jugendlichen in British Columbia, Kanada, gefunden worden. Auch im benachbarten US-Bundesstaat Washington war diese Variante bei Geflügel gefunden worden.

Experten sind mit Warnungen noch vorsichtig. Zwar hat sich das Vogelgrippevirus seit mehreren Jahren praktisch ungebremst bei Wildvögeln ausgebreitet, es ist von der Arktis bis zur Antarktis verbreitet. Und nicht nur in Wildvögeln, sondern auch in Geflügelfarmen und Vogelhaltungen wird es immer wieder gefunden. In Deutschland wurde erst vor zwei Tagen bekannt, dass in einem Wildtierpark in Baden-Württemberg, Landkreis Karlsruhe, 140 Tiere getötet werden müssen, weil in dem Park die auch Geflügelpest genannte Krankheit ausgebrochen war. Vor einer Woche wurden außerdem mehrere Zehntausend Hähnchen im Landkreis Stade getötet.

Es werden auch immer wieder tote Wildvögel gefunden, bei denen H5N1 nachgewiesen wird. In Wildvogelbeständen weltweit hat das Virus zum Teil verheerend gewütet, manche Seevogelkolonien schrumpften infolge der Infektion drastisch. Die Tiere stecken sich untereinander an, weshalb Geflügelbestände bei einer nachgewiesenen Infektion vollständig gekeult werden.

Wildvögel, Geflügel, Säugetiere

Seit zwei Jahren wird auch immer häufiger von infizierten Säugetieren berichtet. Vom Fuchs bis zum Waschbären, vom Seelöwen bis zum Reh – in sehr vielen wildlebenden Säugetieren wurde das Virus nachgewiesen. Experten gehen aber noch davon aus, dass es kaum zu Infektionen von einem Säuger zum nächsten gekommen ist, sondern dass die toten und erkrankten Tiere sich beim Fressen infizierter Vögel und Vogelkadaver angesteckt haben.

Eine besondere Situation hat sich bei Rindern in den USA entwickelt: Seit März 2024 grassiert das Virus in den Farmen und Ställen. Der Ausbruch hatte Wissenschaftler überrascht, da bislang nicht bekannt war, dass Rinder anfällig für Influenzaviren sind. Ebenfalls überrascht waren die Forscher, dass das Virus sich bei ihnen nicht – wie man es von Influenza normalerweise kennt – über Tröpfchen verbreitet, sondern über die Milch. Kühe, die infiziert sind, geben weniger Milch, manche werden schwer krank oder sterben sogar. Da im Bundesstaat Kalifornien mittlerweile rund 650 Milchviehbestände mit dem Grippevirus infiziert sind, führte die zuständige Behörde am vergangenen Sonntag verpflichtende Tests der Milch in den Molkereien ein.

Nach Angaben der CDC sind in den USA mittlerweile 61 Infektionen bei Menschen nachgewiesen worden, meistens waren es Farmarbeiter. Die Infektion verlief in der Regel sehr mild – mit Erkältungssymptomen oder einer Bindehautentzündung. Die Menschen hatten sich entweder beim Geflügel angesteckt oder bei Milchkühen. Eine im Oktober im Fachblatt „Nature“ publizierte Studie konnte nachweisen, dass das Virus bei einem Mann aus Texas, der sich bei Rindern infiziert und danach eine Bindehautentzündung bekommen hatte, schnell aus dem Körper eliminiert wurde. Möglicherweise half dem Mann eine durch eine vorherige Infektion mit einem anderen Influenzavirus, etwa H1N1, erworbene Voraktivierung des Immunsystems dabei, das Virus schnell zu bekämpfen.

Unklarer Infektionsweg bei einem kleinen Kind

Der Fall eines Kleinkindes in Kalifornien beunruhigte Wissenschaftler. Es bekam nach dem Trinken von Rohmilch Fieber und musste sich erbrechen. Das Virusmaterial war nicht aussagekräftig genug, um H5N1 eindeutig nachzuweisen, der Fall konnte also nicht endgültig geklärt werden. In der Familie kam es aber zu keinen weiteren Erkrankungen, eine Übertragung von einem Menschen auf den nächsten kann ausgeschlossen werden.

Bemerkenswert ist, dass die beiden H5N1-Infektionen mit den schweren Verläufen nicht auf eine Infektion mit der bei Rindern grassierenden H5N1-Variante zurückzuführen sind, sondern auf eine, die aus dem Wildvogel stammt. Wissenschaftler hatten in einer Anfang Dezember  in „Science“ publizierten Studie nachgewiesen, dass das Virus durch nur eine Mutation im Hämagglutinin-Protein (dem H-Teil von H5N1) wesentlich leichter an den Menschen angepasst werden kann. Wie leicht diese Mutation in der freien Natur erfolgen kann und ob sie es überhaupt tut, ist allerdings unklar.

Die CDC wies aktuell erneut darauf hin, dass bisher keine Übertragung von Mensch zu Mensch festgestellt worden sei. Der nun in Louisiana aufgetretene Fall ändere nichts an der Einschätzung des aktuellen Risikos durch das Vogelgrippevirus für die öffentliche Gesundheit, das als gering eingestuft werde.

Was bedeutet das alles nun für das Pandemierisiko?

Experten sind nicht alarmiert, aber auch nicht völlig gelassen: Je mehr das Virus in Nutztieren grassiert, umso häufiger kann es Menschen infizieren. Das Risiko, dass es sich dann an den Menschen anpasst, besteht. Das gilt auch für Infektionen unter Nutztieren – springt H5N1 von Wildvögeln oder Geflügel beispielsweise auf Schweine oder andere Nutztiere über, kann es sich hier mit anderen Influenzaviren vermischen. Auch das kann dazu führen, dass zufällig eine Anpassung an den Menschen erfolgt.

Die Überwachung von Nutztierbeständen und das Testen von Rohmilch wird von Virologen dringend empfohlen. In Deutschland ist dies seit Jahren Standard. In den USA kommt diese Sicherheitsmaßnahme aber nur schleppend voran. Ob die Überwachung besser werden wird, wenn der bekennende Impfgegner und Rohmilchliebhaber Robert F. Kennedy Junior sein Amt als Gesundheitsminister antritt, darf wohl bezweifelt werden.

Noch nie gab es eine H5-Pandemie

Seit dem 20. Jahrhundert ging keine der Influenzapandemien von einem H5-Influenzastamm aus. Das gibt Experten Hoffnung, dass auch das aktuelle grassierende Vogelgrippevirus H5N1 die Fähigkeit zu einer Übertragung von Mensch zu Mensch, die Voraussetzung für eine Pandemie, nicht erwerben kann.

Dass eine H5N1-Pandemie ähnlich drastische Folgen wie die Corona-Pandemie haben könnte, ist nicht ausgeschlossen. Die Voraussetzungen dafür, dass es nicht so kommen wird, sind aber besser: Es existieren Tests, mit denen eine Infektion schnell nachgewiesen werden kann (bei Corona waren diese erst nach fast einem Jahr für den Hausgebrauch verfügbar). Zudem gibt es einen Impfstoff, der gegen H5-Viren wirkt. In Großbritannien wurden bereits fünf Millionen Dosen vorsorglich bestellt, in Deutschland sind ähnliche Pläne nicht bekannt.

Das Risiko einer Pandemie kann aktiv nur verringert werden, indem das Virus mithilfe von hohen Hygienestandards von Nutztieren ferngehalten wird. Menschen, die mit Wild- und Nutztieren umgehen, sollten Schutzmaßnahmen ergreifen und auf Krankheitssymptome achten.

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