Wirtschaft

Donald Trump will eine Abstimmung über Donald Trump | ABC-Z

Unterstützt du deinen Präsidenten? Oder fällst du ihm und allen Republikaner-Wählern in den Rücken? Wenn es nach Donald Trump geht, ist allein das die Alternative, vor der nun die republikanischen Abgeordneten stehen. Möglichst binnen Stunden sollen sie den Entwurf für ein Megagesetz durchwinken, der am Dienstag mit der knappestmöglichen Mehrheit den Senat passiert hat. Oder, in Trumps eigenen Worten: Bleibt vereint! Habt Spaß!

Die Abgeordneten sollen sich also nicht fragen, wo nachgebessert werden sollte, auch wenn das Zeit kostet. Sie sollen nicht erörtern, ob die Steuerentlastungen und zusätzlichen Milliardenausgaben für Massenabschiebungen oder eine Raketenabwehr wirklich zusätzliche Schulden von 3,3 Billionen Dollar in zehn Jahren wert sind. Das wären immerhin noch einmal 500 Milliarden Dollar mehr, als die Version des Gesetzes zur Folge gehabt hätte, der selbst erklärte Fiskalkonservative im Repräsentantenhaus nur mit laut artikuliertem Unwohlsein über die erste Hürde geholfen hatten.

Ihre Fraktionskollegen vom moderaten Flügel wiederum sollen auch heute nicht um die Geringverdiener und Arbeitslosen in ihren Wahlkreisen bangen. Die ärmeren Amerikaner sollen die überproportionalen Entlastungen für Wohlhabende und Superreiche mitfinanzieren, indem sie ihren ohnehin begrenzten Krankenversicherungsschutz durch das Medicaid-Programm oder gar die Lebensmittelhilfe verlieren.

Vergesst eure Grundsätze!

Schon gar nicht sollen die Hardliner im republikanischen „Freedom Caucus“ auf die angeblichen Prinzipien pochen, über die sie vor Trumps Wiederwahl sogar ihren „Speaker“ Kevin McCarthy gestürzt und damit ein wochenlanges Chaos billigend in Kauf genommen hatten: dass nämlich die Schuldengrenze nicht immer wieder erhöht werden dürfe, dass endlich wieder jeder Einzeletat ordnungsgemäß von den zuständigen Ausschüssen verabschiedet wird und dass eben nicht in Megagesetzen von Hunderten oder Tausenden Seiten zusammengebunden wird, was wenig bis nichts miteinander zu tun hat – und über das dann binnen Stunden abgestimmt werden soll.

Ob die Republikaner im Repräsentantenhaus wirklich einig genug sind, um Trump den Spaß zu gönnen, den Nationalfeiertag übermorgen durch Unterzeichnung des „One Big Beautiful Bill“ zu einer Siegesfeier des Trumpismus zu machen, ist noch nicht gesagt. Doch die Aussichten des Präsidenten stehen gut, dass seine mit Drohungen unterlegte Loyalitätsforderung für fast alle Abgeordnete schwerer wiegt als ihre Grundsätze von gestern. Der zumindest aus der kurzfristigen, innenpolitischen Sicht für Trump perfekt verlaufene Iraneinsatz hat es zur Abweichung bereiten Republikanern noch schwerer gemacht, sich gegen ihn zu stellen. Nicht ohne Grund hat der republikanische Senator Thom Tillis seine Wutrede gegen die Medicaid-Kürzungen mit der Ankündigung verbunden, sich nicht mehr zur Wiederwahl zu stellen. Und der Präsident hat mit seinen Büchsenspannern längst nach allen Regeln des Populismus die Experten diskreditiert, die im Auftrag des Kongresses die fiskalischen Folgen des Gesetzes berechnet haben.

Ein Ass für die Reichen

Trumps Megagesetz tarnt sich nur deshalb als Haushaltsgesetz, weil so die Sperrminorität der Demokraten im Senat umgangen werden konnte. Im Repräsentantenhaus steht nun faktisch eine Abstimmung über Trumps gesamte Agenda an. Viele Republikaner hatten Trump davor gewarnt, alles auf eine Karte zu setzen, aber die bisherigen Etappensiege scheinen ihm recht zu geben.

Dass diese Karte ein Ass vor allem für die Reichen ist, dürfte dem Arbeiterführer aus dem New Yorker Penthouse im Erfolgsfall kaum auf die Füße fallen. Durch das schiere Ausmaß der in Kauf genommenen Neuverschuldung dürfte auch bei den Normal- und Geringverdienern an der Trump-Basis so viel Geld ankommen, dass sie nicht plötzlich anfangen werden, an den neuen Abschreibungen für Milliardäre zu kritteln. Dass etwa Trinkgelder und Lohn für Überstunden steuerfrei gestellt werden, stellt das Weiße Haus in den Mittelpunkt seiner Werbung für das Gesetzespaket – obwohl die beiden Maßnahmen nur einen winzigen Anteil an dem Gesamtvolumen der Entlastungen ausmachen. Die im Zuge des Dauerhickhacks im Kongress schwachen Umfragewerte für das vermutlich teuerste Gesetz seit sechs Jahrzehnten dürften Trump jedenfalls nicht den Schlaf rauben.

Mehr Netto für alle, endlich eine sichere Südgrenze und das stärkste Militär aller Zeiten: Den Demokraten fällt es schwer, Trumps Botschaften eingängige Gegenparolen entgegenzusetzen. Zumal sie ja nicht die traditionelle Antischuldenpartei sind – und auch ihre gut situierte Wählerschaft in den großen Städten profitieren dürfte. Das Steuerrecht aber ist kompliziert, die Debatte über Amerikas auch jetzt schon exorbitante Staatsschulden bleibt für die meisten Amerikaner abstrakt. Trump dagegen versteht jeder: „Bleibt vereint, habt Spaß, und stimmt mit Ja!“

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