Geopolitik

Donald Trump kündigt reziproke Zölle für „die ganze Welt“ an | ABC-Z

Donald Trump hat den heutigen Tag als „Tag der Befreiung“ angepriesen. Im Weißen Haus kündigte er reziproke US-Zölle gegen alle Handelspartner an. Besonders betroffen ist die EU. Diese zeigt sich verhandlungsbereit, ist aber auch zu harten Gegenschlägen bereit.

US-Präsident Donald Trump setzt seine aggressive Handelspolitik fort und bringt ein neues weitreichendes Zollpaket auf den Weg. Er werde ein System wechselseitiger, sogenannter reziproker Zölle „für Länder in der ganzen Welt“ einführen, sagte der Republikaner im Rosengarten des Weißen Hauses.

Die Idee hinter reziproken Zöllen ist, dass ein Produkt eines Landes bei Lieferung in die USA mit ebenso hohen Aufschlägen belastet wird, wie ein gleiches US-Produkt bei Lieferung in dieses Land.

Ab dem 5. April soll nun ein Basiszoll von zehn Prozent auf alle Importe in die Vereinigten Staaten gelten. Zudem kündigte Trump noch höhere Zölle auf einige der größten Handelspartner an, die am 9. April wirksam werden sollen. Für die Europäische Union sollen Zölle in Höhe von 20 Prozent greifen. „Sie zocken uns ab. Es ist so traurig, das zu sehen. Es ist so erbärmlich“, sagte der Republikaner mit Blick auf die Europäer.

„Das ist unsere Unabhängigkeitserklärung“, sagte der Präsident bei einer eigens vorbereiteten Zeremonie im Rosengarten des Weißen Hauses. Er zeigte auf ein Plakat, auf dem die neuen Zölle aufgelistet waren. Allein für China sind Zölle von 34 Prozent vorgesehen. Auf Importe aus Großbritannien, Brasilien und Singapur müssten hingegen jeweils nur zehn Prozent an Gebühren gezahlt werden. Das sei jeweils die Hälfte der Kosten, die die anderen Länder durch Zölle und durch andere Mittel verursachten. Es seien weitere Zölle in bestimmten Branchen geplant, etwa Halbleiter, Pharmaprodukte oder möglicherweise kritische Mineralien, fügte der Insider hinzu.

Trump konkretisierte auch die bereits angekündigten Autozölle in Höhe von 25 Prozent, die am Donnerstag um 00.01 Uhr (US-Ostküstenzeit; 06.01 Uhr MESZ) in Kraft treten sollen. Demnach sind davon auch Transporter, Motoren, Lithium-Batterien und weitere Teile wie Reifen oder Stoßdämpfer betroffen. Trump hat bereits Zölle in Höhe von 20 Prozent auf alle Einfuhren aus China und in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium verhängt.

Mit den Zöllen will Trump das dauerhafte Handelsdefizit der USA bekämpfen und Einnahmen generieren. „Handelsdefizite sind nicht mehr nur ein wirtschaftliches Problem. Sie sind ein nationaler Notfall“, sagte der Republikaner. Auch für die US-Wirtschaft sieht er positive Effekte: „Arbeitsplätze und Fabriken werden zurück in unser Land kommen.“ Mehr Produktion zu Hause bedeute mehr Wettbewerb und niedrigere Preise.

„Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem die amerikanische Industrie wiedergeboren wurde, als der Tag, an dem Amerika sein Schicksal zurückerobert hat, und als der Tag, an dem wir begonnen haben, Amerika wieder reich zu machen“, sagte Trump. Dies sei einer der wichtigsten Tage in der US-Geschichte. Das „goldene Zeitalter“ der USA komme zurück.

Ökonomen warnen allerdings davor, dass die Zölle die Weltwirtschaft verlangsamen, das Risiko einer Rezession erhöhen und die Lebenshaltungskosten für die durchschnittliche US-Familie um Tausende von Dollar steigern könnten. Unternehmen haben sich darüber beschwert, dass Trumps Drohungen die Planung ihrer Geschäfte erschweren. Die Sorgen über die Zölle haben bereits zu einer Verlangsamung der Produktion in der ganzen Welt geführt. Eine Zwischenkonjunkturphase gab es für Autos und andere Importprodukte, da Kunden die erwarteten Preiserhöhungen vermeiden wollten.

Zölle haben Folgen für Verbraucher

Trump setzt seit dem Wiedereinzug ins Weiße Haus – ähnlich wie in seiner ersten Amtszeit – im großen Stil auf Zölle. Er verhängte bereits Strafabgaben auf alle Aluminium- und Stahlimporte, brachte Zölle in Höhe von 25 Prozent auf importierte Autos und Autoteile auf den Weg, führte erhöhte Zölle auf alle Waren aus China ein und nahm seine Nachbarn Kanada und Mexiko ins Visier. Gerade die Autozölle treffen Europa und den deutschen Markt schwer.

Ein Importzoll funktioniert ähnlich wie eine Steuer. Sie muss vom importierenden Unternehmen gezahlt werden – in diesem Fall also von den Unternehmen in den USA. Es gilt als wahrscheinlich, dass die importierenden Firmen die höheren Kosten nicht einfach selbst übernehmen. Sie dürften sie an die Verbraucher weitergeben – die Preise steigen so, und die Inflation könnte wieder angeheizt werden. Trumps Ziel ist, US-Unternehmen davon abzuhalten, Produkte aus dem Ausland einzuführen. Das soll langfristig den Produktionsstandort USA fördern.

Da mit Gegenzöllen gerechnet wird und auf die exportierenden Unternehmen Umsatzeinbußen zukommen dürften, könnte dies zu einem Rückgang der Produktion und möglichen Stellenstreichungen führen, was die Wirtschaft insgesamt belasten kann. Ein eskalierender Handelskonflikt zwischen den USA und der EU wird daher auch für deutsche Verbraucher deutlich spürbare Auswirkungen haben.

US-Finanzminister Scott Bessent warnte allerdings die betroffenen Staaten davor, auf die neuen Zölle mit Vergeltungsmaßnahmen zu reagieren. Dies werde zu einer Eskalation führen, sagte Bessent dem Sender Fox News.

Als EU werde man nun prüfen, welche Instrumente im Werkzeugkasten am besten geeignet seien, kündigte indes der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament an, der deutsche SPD-Politiker Bernd Lange. „Alle betroffenen Länder müssen geschlossen reagieren und eine klare Botschaft an die USA senden, um diesem Zollwahnsinn ein Ende zu setzen“, sagte er.

Es sei zu hoffen, dass die Argumente und die Entschlossenheit der Antwort genügend Anreize bieten, um die USA an den Verhandlungstisch zu bringen. Er wünsche sich, dass die Regierung Trump an einem Dialog mit der EU interessiert sei, sagte Lange. Aber sicher sei er sich dessen nicht. Für den Fall mangelnder Verhandlungsbereitschaft der USA prophezeit der SPD-Europaabgeordnete eine harte Auseinandersetzung. „Wir werden nicht klein beigeben: Wir werden unsere Souveränität verteidigen“, warnt er.

Andere Europaparlamentarier äußerten sich ähnlich besorgt. „Diese Ankündigungen sind eine Vollkatastrophe und leider eine Fortschreibung der handelspolitischen Geisterfahrt von Donald Trump“, kommentierte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Daniel Caspary (CDU). Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen, Rasmus Andresen, sagte, es sei nun Zeit, amerikanische Techkonzerne und Banken zu sanktionieren. Es müssten Maßnahmen ergriffen werden, mit denen man Trump und seine Unterstützer wie Elon Musk und Mark Zuckerberg in der Substanz treffe. Das seien etwa eine EU-Digitalsteuer und strukturelle Maßnahmen zur Einschränkung von Geschäftsmodellen.

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), bezeichnete die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle als schädlich für die USA und Europa. Die Zölle verteidigten nicht den freien Handel, sondern „schaden beiden Seiten des Atlantiks“, schrieb Weber am Mittwochabend auf Englisch im Onlinedienst X. Europa sei „geeint“ und „bereit, seine Interessen zu verteidigen“. Gleichzeitig sei Europa jedoch „offen für faire“ Gespräche.„Wir wollen einen guten Deal mit den USA“, fuhr Weber fort. „Ohne Verlierer – nur Gewinner.“

Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat die Einführung weitreichender neuer Zölle durch die USA als „falsche“ Maßnahme kritisiert. Das von US-Präsident Donald Trump verkündete gewaltige Zollpaket, das auch die Europäische Union hart trifft, nütze weder den USA noch Europa, schrieb Meloni in einem Post in den sozialen Medien. Bereits zuvor hatte die Regierungschefin vor einem möglichen Handelskrieg gewarnt.

Sie gilt im Kreis der Europäer als bevorzugte Ansprechpartnerin Trumps und bot sich bereits mehrfach als Brückenbauerin zwischen den USA und der EU an. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um auf eine Einigung mit den USA hinzuarbeiten, mit dem Ziel, einen Handelskrieg zu verhindern, der den Westen unweigerlich zugunsten anderer globaler Akteure schwächen würde“, teilte die Politikerin mit. Ihre Regierung werde weiter im „Interesse Italiens und seiner Wirtschaft handeln“ und sich dafür mit europäischen Partnern beraten.

Großbritannien und Australien halten sich zurück

Großbritannien wird Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds zufolge angesichts der US-Zölle „ruhig und entschlossen“ bleiben, ein Wirtschaftsabkommen mit den USA anzustreben. „Wir haben eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung und werden nicht zögern zu handeln“, heißt es in einer Erklärung. Darin weist Reynolds auch darauf hin, dass die USA der engste Verbündete des Königreichs seien. Die USA haben für Großbritannien Zölle von zehn Prozent vorgesehen.

Australien wird Ministerpräsident Anthony Albanese zufolge auf Vergeltungszölle verzichten. „Wir werden weiterhin mit Nachdruck dafür eintreten, dass diese ungerechtfertigten Zölle für unsere Exporteure aufgehoben werden“, sagte er. Die von den USA angekündigten Aufschläge seien „nicht die Tat eines Freundes“. Die Maßnahme werde die Kosten für amerikanische Haushalte in die Höhe treiben.

Die Schweiz nimmt die Ankündigung der USA zur Kenntnis. Der Bundesrat werde rasch das weitere Vorgehen festlegen, schreibt Präsidentin Karin Keller-Sutter auf dem Kurznachrichtendienst X. „Im Vordergrund stehen die langfristigen wirtschaftlichen Interessen des Landes. Treue zum internationalen Recht und Freihandel bleiben zentrale Werte“, erklärt sie weiter. Die USA haben die Schweiz mit Zöllen von 31 Prozent belegt.

rtr/dpa/fhs

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