Donald Trump hat die Hürden für die Todesstrafe gesenkt | ABC-Z

Am Dienstag traf es Michael Bernard Bell. Gegen 18 Uhr führte das Wachpersonal den Afroamerikaner in die Todeszelle des Florida State Prison bei Starke, setzte ihn auf den Hinrichtungsstuhl und spritzte ihm eine Giftmischung aus Narkosemittel, Muskelrelaxans und Kaliumacetat. „Danke, dass ihr mich nicht den Rest meines Lebens im Gefängnis sitzen lasst“, sagte der Vierundfünfzigjährige, bevor sein Herz aufhörte zu schlagen.
Vor 30 Jahren hatte ein Strafgericht des Südstaats Bell zum Tode verurteilt. Mit einem Maschinengewehr hatte er im Winter 1993 vor einer Bar in Jacksonville Jimmy West und dessen Begleiterin Tamecka Smith aufgelauert. Bevor das Paar in ein auffälliges, gelbes Auto steigen konnte, eröffnete Bell das Feuer. West wurde tödlich verletzt, Smith starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Wie sich später herausstellte, wollte Bell den Tod seines Bruders rächen, der einige Monate zuvor von dem früheren Eigentümer des gelben Wagens erschossen worden war. Dass der mutmaßliche Mörder das Auto an West verkauft hatte, war ihm entgangen.
26. Todeskandidat, der 2025 hingerichtet wurde
Bell, dem die Staatsanwaltschaft in Florida später drei weitere Morde nachwies, war am Dienstag der 26. Todeskandidat, der seit Beginn des Jahres in den Vereinigten Staaten hingerichtet wurde. 2025 starben schon mehr Menschen durch Giftspritze, Stickstoff oder Erschießungskommando als zwischen Januar und Dezember 2024. Vergangenes Jahr wurde die Todesstrafe insgesamt 25 Mal vollstreckt. Organisationen wie das Death Penalty Information Center schreiben die Hinrichtungswelle Donald Trumps Wiedereinzug in das Weiße Haus zu. Zu den mehr als zwei Dutzend Dekreten, die der Präsident im vergangenen Januar an seinem ersten Tag im Oval Office unterzeichnete, gehörte auch eine Executive Order zur „Wiederherstellung“ der Todesstrafe. Eher holzschnittartig wies Trump das Justizministerium in Washington an, „die Todesstrafe für alle Verbrechen zu verfolgen, deren Schwere nach ihr verlangt“.
Zudem forderte der Republikaner die Justizbehörden der einzelnen Bundesstaaten auf, nach schweren Straftaten wie der Ermordung von Polizeibeamten und Kapitalverbrechen durch illegale Einwanderer die Todesstrafe zu verlangen. „Die Todesstrafe stellt ein wesentliches Mittel dar, um Menschen abzuschrecken und zur Rechenschaft zu ziehen, welche die abscheulichsten Verbrechen gegen amerikanische Bürger begehen“, begründete Trump das Dekret und verwies auf die Gründerväter der Vereinigten Staaten.
Wie erwartet, kam Trumps Aufruf in konservativen Bundesstaaten wie Florida gut an. Bell war schon der achte Todeskandidat in diesem Jahr im Sunshine State, der hingerichtet wurde. Die Zahl hatte der Südstaat während der vergangenen Jahrzehnte nur 1984 und 2014 erreicht. Vor einigen Tagen unterzeichnete Ron DeSantis, Gouverneur von Florida, einen weiteren Hinrichtungsbefehl. Der wegen der Ermordung seiner Ehefrau Sylvia sowie der gemeinsamen Kinder Anna und Kim zum Tode verurteilte frühere Soldat Edward Zakrzewski wird voraussichtlich am 31. Juli als neunter Todeskandidat hingerichtet. Im vergangenen Jahr hatte Florida lediglich ein Todesurteil vollstreckt. „Wir glauben nicht, dass das Töten von Menschen die Antwort für schwere Verbrechen ist“, sagte Dustin Feddon, ein Priester der katholischen Kirche Blessed Sacrament in Tallahassee, dem „Tallahassee Democrat“ jetzt. Zuvor war der Geistliche mit Vertretern anderer Kirchen vor das State Capitol gezogen, um Gouverneur DeSantis zur Aussetzung der Hinrichtungen aufzufordern.
Trump hatte die „Wiederherstellung“ der Todesstrafe auch mit der angeblich laxen Strafverfolgung seines Vorgängers Joe Biden begründet. Der demokratische Präsident setzte bei seinem Amtsantritt im Januar 2021 nicht nur sämtliche Hinrichtungen auf Bundesebene aus. Ende Dezember vergangenen Jahres, wenige Wochen vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus, hob Biden auch die Todesurteile gegen 37 Straftäter auf und ersetzte sie durch „lebenslang“. „Diese verabscheuungswürdige Entscheidung von Joe Biden ist ein Schlag ins Gesicht von Opfern, ihren Familien und Menschen, die ihnen nahestehen“, ließ Trumps Sprecher Steven Cheung damals wissen.
Hürden der Todesstrafe sollen auf Trumps Wunsch gesenkt werden
Schon während seiner ersten Amtszeit hatte Trump mehr Hinrichtungen auf Bundesebene vollziehen lassen als jeder andere Präsident in der jüngeren amerikanischen Geschichte. Kurz vor seinem Abschied aus Washington im Januar 2021 wurde Dustin John Higgs der 13. und letzte Straftäter, den die Regierung während Trumps erster Amtszeit hinrichten ließ. In den Tagen vor der Exekution des Mörders durch die Giftspritze waren auch der Serientäter Corey Johnson und Lisa Montgomery, die einer Schwangeren das Kind aus dem Bauch geschnitten hatte, in der Todeszelle in Terre Haute in Indiana hingerichtet worden.
Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten war zuvor der Forderung der Bundesstaatsanwaltschaft gefolgt, die Anträge der Todeskandidaten, die Hinrichtungen zu verschieben oder die Todesurteile aufzuheben, abzulehnen. Nach seinem Dekret im Januar geht Trump noch weiter. Der Präsident wies das Justizministerium ausdrücklich an, die Hürden für die Todesstrafe, die der Oberste Gerichtshof in der Vergangenheit durch Präzedenzfälle festsetzte, zu senken. Viele Amerikaner fürchten jetzt um den achten Zusatzartikel der Verfassung, der „grausame und ungewöhnliche Bestrafung“ ausschließt. Zudem könnte das Dekret die Tür zur Todesstrafe für Angeklagte unter 18 Jahren oder mit geistiger Behinderung öffnen.
Dabei steht Trumps Verschärfung der Todesstrafe dem Trend entgegen. Bei einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Gallup sprachen sich im vergangenen Oktober nur etwa 53 Prozent der Befragten für die „death penalty“ aus, der niedrigste Wert seit Mitte der Siebzigerjahre. Besonders bei jüngeren Amerikanern kommen Hinrichtungen nicht gut an. Zuletzt wurde in New York dagegen protestiert, dass Luigi Mangione die Todesstrafe droht, weil er den United-Healthcare-CEO Brian Thompson erschossen haben soll. Zudem verzichten immer mehr Bundesstaaten auf die Todesstrafe – in den vergangenen etwa 15 Jahren unter anderen Colorado, Illinois und New Mexico. Von den 27 Bundesstaaten, die Todesurteile aussprechen, setzten Ohio, Oregon, Pennsylvania und Kalifornien die Vollstreckungen aus. Dennoch wird weiter hingerichtet. Wie das Death Penalty Information Center in Washington errechnete, sind allein für 2025 nach Zakrzewskis Exekution in zwei Wochen weitere acht Hinrichtungen geplant. Für 2026 sind ebenfalls schon acht Exekutionen geplant.