DIW-Experte analysiert Vorhaben: Liberale-Steuerpläne nutzen vor allem Besserverdienern | ABC-Z
DIW-Experte analysiert Vorhaben
FDP-Steuerpläne nutzen vor allem Besserverdienern
18.12.2024, 12:20 Uhr
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Die FDP geht mit großen Plänen für Steuerentlastungen in den Bundestagswahlkampf. Laut DIW-Experten Stefan Bach würden dem Staatshaushalt bei vollständiger Umsetzung 188 Milliarden Euro fehlen. Aus seiner Sicht kämen die Verbesserungen kaum in der Bevölkerungsmitte an.
Die FDP gibt sich über viele Jahre als Partei, der besonders das Wohl der arbeitenden Mitte am Herzen liegt. Die Steuerpläne, mit der die Liberalen in den Wahlkampf für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 gehen, sehen aber vor allem Entlastungen Besserverdienender vor, wie der Steuerexperte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) analysiert.
Zunächst beziffert Bach die im Wahlprogramm gemachten Versprechungen auf Steuerentlastung auf insgesamt 188 Milliarden Euro. Das entspräche 4,3 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Zudem gehe die Entlastung keiner anderen Partei so weit wie die der Liberalen. Selbst die Union, die die zweithöchste Steuerentlastung plant, kommt mit 99 Milliarden Euro gerade gut auf die Hälfte der FDP-Summe.
SPD will am wenigsten entlasten
Das Institut der Deutschen Wirtschaft hatte seinerseits kürzlich die gemachten Versprechen der Parteien analysiert und für die Union auf 89 Milliarden, für die Grünen auf 48 Milliarden und die SPD auf 30 Milliarden Euro beziffert. Die Summe für die FDP fällt in dieser Analyse mit 138 Milliarden Euro zwar deutlich niedriger aus, als beim DIW, liegt aber noch immer mit deutlichem Abstand ganz vorn.
Entscheidend bei den Plänen sind zwei Dinge: zum einen, wen die FDP entlasten will; zum anderen, wie sie das angesichts einer schwierigen Haushaltslage umsetzen will. Denn in der Ampel-Koalition hatte sich Finanzminister Lindner bis zu seiner Entlassung stets für die Beibehaltung der Schuldenbremse eingesetzt und diese vehement verteidigt. Insofern ist fraglich, wie diese immense Entlastungssumme zunächst – bis sie womöglich ökonomisch Früchte trägt – gegenfinanziert ist.
Bach analysiert, dass knapp die Hälfte der Entlastungen (90 Milliarden Euro) den obersten zehn Prozent zugutekäme. Allein auf das oberste Prozent der Verdiener entfielen 41 Milliarden Euro Entlastung. Die untere Hälfte würde dagegen um 21 Milliarden entlastet, was nur etwas mehr als elf Prozent der 188 Milliarden Euro entspricht.
Das Gros der Effekte geht auf die Einkommensteuer zurück, bei der die Liberalen den Tarifverlauf besonders stark ändern wollen: Der Grundfreibetrag soll um mindestens 1000 Euro angehoben werden. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent, um den es seit jeher viele Diskussionen gab, soll laut FDP-Programm “nur noch von Menschen gezahlt werden, die auch wirklich spitzenmäßig verdienen”. Die Liberalen ziehen diese Grenze bei 96.600 Euro Jahreseinkommen bei Singles. Bisher liegt die Grenze bei 68.000 Euro. Allein diese Veränderung brächten Bach zufolge ein Minus von 92 Milliarden Euro im Staatshaushalt.
Ampel scheiterte noch mit Klimageld
Auch die Unternehmenssteuern würden den Etat intensiv belasten. Laut Programm will die FDP diese “unter 25 Prozent drücken”. Bach rechnet für seine Analyse entsprechend mit 24 Prozent und kommt somit auf eine Gesamtsumme von 21,6 Milliarden Euro. Er gesteht allerdings, dass auf lange Sicht Selbstfinanzierungseffekte durch Wirtschaftswachstum möglich seien, aber es dauert einige Zeit, bis diese messbar werden.
Eine Maßnahme, von der alle Menschen profitieren, ist die sogenannte Klimadividende, auch Klimageld genannt. Dessen Einführung hatte sich die ehemalige Ampel-Koalition in den Koalitionsvertrag geschrieben, es später aber nicht umsetzen können. Zunächst sprach Finanzminister Lindner selbst von massiven technischen Hürden, später machte es der Bundeshaushalt nicht möglich. Bach kommt bei einer Dividende von 136 Euro pro Einwohner und Jahr auf einen Gesamtbetrag von 11,4 Milliarden Euro.
Zudem wolle die FDP die KFZ-Steuer abschaffen, was wiederum zu einem Fehlbetrag von 9,6 Milliarden Euro führen würde. Weiterhin soll der Einkommenssteuertarif nach FDP-Plänen künftig an die Inflation gekoppelt sein und die Stromsteuer soll auf den Mindestsatz innerhalb der Europäischen Union gesenkt werden. Diese beiden Vorhaben sollen weitere Milliarden an Steuerausfällen nach sich ziehen.
In Summe kommt Bach zum Ergebnis, dass die FDP es “so richtig krachen” lassen würde. Er hält die Pläne für fiskalisch utopisch. Dafür seien die finanzpolitischen Herausforderungen zu hoch. Und er erinnert eben daran, dass besonders die FDP die Beibehaltung der Schuldenbremse verteidigt habe. In seinen Augen seien die Pläne der FDP nur durch “umfassende Einsparungen in den öffentlichen Haushalten, deutliche Leistungskürzungen bei öffentlichen Leistungen, Sozialleistungen und Subventionen” überhaupt umsetzbar.