Kultur

Diese „Heldin“ lässt uns nicht allein | ABC-Z

Während der Pandemie war es schick, sich zu einer bestimmten Zeit auf dem Balkon zu versammeln und Pflegekräfte zu beklatschen. Eine aus Italien importierte wohlfeile Geste der Solidarität. Gefragt aber sind langfristig bessere Arbeitsbedingungen. In zehn Jahren könnten bereits 90.000 Pflegekräfte fehlen. Die hohe psychische wie emotionale Belastung schreckt Nachwuchs ab, Erschöpfung und hoher Leistungsdruck lässt ausgebildetes Personal in andere Berufe wechseln, schon in den ersten vier Jahren steigen viele wieder aus. Wer den außergewöhnlichen Film „Heldin“ von Petra Volpe sieht, weiß warum.

Leonie Benesch auf der Berlinale.
© picture alliance/dpa
Leonie Benesch auf der Berlinale.

von picture alliance/dpa

„}“>

Krankenschwester Floria hat eine lange Nachtschicht auf der unterbesetzten chirurgischen Station vor sich, zusammen mit einer Kollegin und einer Pflegeschülerin muss sie sich um 26 Patienten und ihre Schicksale kümmern.

Leonie Benesch schultert den ganzen Film 

Das klingt als Spielfilmstoff erst einmal nicht gerade unterhaltsam. Obwohl die immer gleichen Handgriffe gezeigt werden, die Rennerei auf den Fluren, die Telefonate, die kurzen Patientengespräche, bleibt der Film bis zu letzten Sekunde spannend.. Fast dokumentarisch mutet der Blick in den Zürcher Klinikalltag an. Da muss ein verspäteter Patient auf die OP vorbereitet werden, ein älterer Herr sorgt sich um seinen Hund, falls ihm etwas passiert, eine junge krebskranke Mutter fügt sich in ihr Los, ein sterbender Mann wehrt sich vehement gegen den Tod, ein anderer leidet unter einer Medikamentenallergie und auf dem Flur warten drei Söhne einer schwerkranken Patientin ungeduldig auf ein klärendes Gespräch.

Leonie Benesch ist Floria die als Pflegekraft in einem Krankenhaus arbeitet und dort das menschliche Gesicht in einer harten Umgebung ist.
Leonie Benesch ist Floria die als Pflegekraft in einem Krankenhaus arbeitet und dort das menschliche Gesicht in einer harten Umgebung ist.
© Tobis
Leonie Benesch ist Floria die als Pflegekraft in einem Krankenhaus arbeitet und dort das menschliche Gesicht in einer harten Umgebung ist.

von Tobis

„}“>

Trotz Hektik versucht die junge Frau auf die unterschiedlichen Wünsche einzugehen, Trost zu spenden, ein Stück Menschlichkeit und Nähe in der Tretmühle zu bewahren. Es ist Leonie Benesch, die nach Ilker Çataks oscarnominiertem „Lehrerzimmer“ und Tom Fehlbaums fürs Drehbuch oscar-nominiertem „September 5“ hier erneut einen Film fantastisch trägt, wie sie mit Eleganz und überraschender Selbstverständlichkeit die schwierigsten Pflegeaufgaben erledigt: so authentisch, als arbeite dieses deutsche Schauspieltalent schon seit Jahren in diesem Bereich. Ihre Figur trifft immer den richtigen Ton, zeigt kein künstliches Mitleid, sondern Mitgefühl.

In einer berührenden Szene singt sie einer verwirrten alten Dame zur Entspannung „Der Mond ist aufgegangen“ vor: leise, sanft und voller Fürsorglichkeit. Aber sie kann auch anders. Als ein Privatpatient sich ständig beschwert und auf seinen Status pocht, brechen sich Wut und Frustration Bahn, fliegt eine Rolex aus dem Fenster.

Die Schweizer Regisseurin bezeichnet ihre nur 92-minütige eindrucksvolle Reise durch arbeitsreiche Stunden als „Liebeserklärung ans Pflegepersonal“. Denn diese „Heldin“ steht stellvertretend für all diejenigen, die unsere Anerkennung und Respekt verdienen, die Tag für Tag, Nacht für Nacht die Zähne zusammenbeißen und anderen Menschen helfen ohne Getue um „Work-Life-Balance“.

Und wer weiß, vielleicht brauchen wir alle irgendwann mal genau so eine empathische Floria, die uns beruhigend die Hand hält.

Kino: Leopold, Rio, City, Isabella
R: Petra Volpe (CH, D, 92 Min.)

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"