Gesundheit

Diese Frankfurter Kliniken investieren in die Radiologie |ABC-Z

Frankfurt ist binnen weniger Wochen zum Zentrum modernster Radiologie geworden: Zwei Kliniken haben die neueste Generation photonenzählender Computertomographen in Betrieb genommen, die mit einer deutlich besseren Bildqualität die Chancen auf Früherkennung von Erkrankungen erhöhen und gleichzeitig Patienten einer geringeren Strahlendosis aussetzen.

Bessere Bilder liefern dem behandelnden Arzt mehr Informationen. „Der Unterschied ist etwa so, als ob ein Kurzsichtiger seine Brille aufsetzt“, erläutert Kardiologe Axel Schmermund, der schon seit einigen Wochen mit dem neuen Gerät im Agaplesion Bethanien Krankenhaus arbeiten kann. Im innerstädtischen Wettbewerb haben das Bethanien-Krankenhaus und die Uniklinik fast gleichzeitig die ersten beiden Exemplare des neuen Hochleistungsgeräts Naeotom Alpha.Peak aus dem Hause Siemens Healthineers in Betrieb genommen.

Im Cardioangiologischen Centrum Bethanien kommt es vor allem Herzpatienten zugute. Für Schmermund ist dabei die Früherkennung gefährlicher Ablagerungen in den Gefäßen, der Plaques, entscheidend. Während mit herkömmlichen Computertomographen vor allem verkalkte, ältere Plaques gut zu erkennen waren, kann das neue Gerät auch potentiell gefährlichere, weiche Plaques sichtbar machen, die instabiler sind und reißen können. Diese Differenzierung ermöglicht nicht nur, zu sehen, wo eine Verengung der Gefäße auftritt, sondern auch, wie gefährlich sie ist.

Früherkennung gefährlicher Herzkrankheiten

So können unter Umständen Leben gerettet werden. Entscheidend ist das vor allem für Patienten, die zwar keine typischen Symptome zeigen, aber ein Risiko für Herzkrankheiten haben. Eine Vorsorgeuntersuchung mit einem photonenzählenden CT könnte in solchen Fällen hochriskante Plaques rechtzeitig sichtbar machen, damit sie mit Medikamenten oder auf andere Art behandelt werden können, bevor ein Infarkt auftritt.

Bei einer Computertomographie (CT) werden mittels Röntgenstrahlen Schnittbilder eines Patienten erzeugt, aus denen am Computer ein dreidimensionales Bild erzeugt werden kann. Bisher mussten dabei die Teilchen des Röntgenstrahls, die Photonen, erst in Licht-, dann in elektrische Signale umgesetzt werden, um ein Bild zu erzeugen. Die photonenzählenden Computertomographen können auf den Zwischenschritt verzichten und messen – wie der Name sagt – direkt die Energie jedes einzelnen Röntgenteilchens. Bei ihrem Weg durch den Körper verlieren die Photonen an Energie, wenn sie auf Materie treffen. Die verschiedenen Gewebearten können so besser voneinander unterschieden werden, es entsteht ein genaueres, kon­trast­reiche­res Bild.

Bei einer Computertomographie (CT) werden mittels Röntgenstrahlen Schnittbilder eines Patienten erzeugt.Ben Kilb

An der Uniklinik Frankfurt ist das neue CT-Gerät ebenfalls seit wenigen Wochen im Einsatz und lässt den Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin, Thomas Vogl, höchstes Lob für die neue Technik aussprechen: „Vielleicht wird dafür irgendwann der Nobelpreis verliehen“ – weil nun Dinge im Körper eines Patienten sichtbar gemacht werden könnten, die vorher verborgen geblieben seien. So könne zum Beispiel in der Herzmedizin unter Umständen auf einen Eingriff im Katheterlabor mit Sedierung verzichtet werden, weil die Aufnahme im neuen CT schon ausreichende Erkenntnisse für die Weiterbehandlung liefere.

Gerätewert „im niedrigen siebenstelligen Bereich“

Die große Leistung hat ihren Preis: Der Anschaffungswert liege „im niedrigen siebenstelligen Bereich“, sagt Vogl. An der Uniklinik kommen verschiedene Abteilungen in den Genuss der modernen Technik: außer der Kardiologie auch die Neurologie, Pneumologie und Onkologie. Bis zu 10.000 Patienten können dort jedes Jahr geröntgt werden. Radiologe Christian Booz skizziert die Anwendungsmöglichkeiten: das Aufspüren von Lungenembolien, von aktiven Herden in Tumoren, Frakturen von Unfallopfern, die Kontrolle von Stents und vieles mehr.

Dabei sei auch die Belastung durch die Röntgenstrahlen geringer: Bei Aufnahmen des Brustkorbs sei sie sogar um 50 Prozent verringert, sagt er. Auch David Leistner, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie, ist von der zukunftsweisenden Technik überzeugt: „Damit werden wir ein neues Kapitel in der Medizingeschichte aufschlagen.“ Zum einen, weil an der Uniklinik mithilfe des Naeotom Alpha.Peak auch Forschung in verschiedenen Disziplinen angestoßen werden kann, zum anderen, weil die gewonnenen Erkenntnisse auch der Weiterentwicklung des Algorithmus des Geräts dienen.

Kardiologe Leistner blickt schon in die fernere Zukunft: Wenn weniger Fachpersonal zur Verfügung stehe, um eine immer größere Gruppe älterer Patienten zu betreuen, könnten Geräte wie das neue photonenzählende CT Wesentliches leisten: Sie könnten die Ergebnisse des Scans quasi selbst „lesen“ und den behandelnden Arzt auf Gefahren für den Patienten hinweisen. Die Deutung der Röntgenbilder wird damit nicht allein dem geschulten Auge der Radiologen überlassen, sondern mehr und mehr von Künstlicher Intelligenz unterstützt. Dazu muss ein Algorithmus allerdings mit Befunddaten gefüttert werden. Sie werden anonymisiert an Siemens Health­i­neers weitergeleitet, damit dort die Bewertung des nächsten und übernächsten Befunds durch die KI weiter verbessert werden kann.

Der Naeotom Alpha.Peak ist in Deutschland entwickelt worden. 20 Jahre lang habe Siemens Healthineers an den photonenzählenden CTs geforscht, sagt Philipp Fischer, der dort die Abteilung CT leitet. Damit hat sich die Firma mit Sitz im bayerischen Forchheim die Spitzenposition im Weltmarkt erobert. Ziel sei es, mit der neuesten Generation der Geräte so präzise wie möglich den gesamten menschlichen Körper in all seinen Strukturen abzubilden. Und durch Früherkennung Leben zu retten.

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