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Diego Maradonas Tod: Burger auf der Intensivstation | ABC-Z

Ein großer Gerichtsprozess soll die Todesumstände der Fußball-Ikone Diego Maradona aufklären. Immer neue Details kommen ans Licht, sie lassen zum Teil bestürzende Einblicke zu. Die Aussage des Intensivstationsleiters der Klinik Olivos scheint nun die Anklage zu bestätigen.

Vielleicht beschreibt Chaos recht gut, was sich dort im Raum der Intensivstation der Klinik Olivos in den Tagen vor dem Tod von Diego Maradona abgespielt hat. Das Wort „Taubenschlag“ könnte einem auch in den Sinn kommen.

Vor der dritten Strafkammer des Gerichts von San Isidro wird gerade der Fall verhandelt, der die Umstände von Maradonas Ableben am 3. November 2020 untersucht. Sieben Ärzte und Pfleger der argentinischen Fußball-Ikone sind angeklagt. Ihnen wird Totschlag vorgeworfen, sie weisen die Vorwürfe zurück.

Die Details, die ans Licht kommen, zeichnen jedoch zunehmend ein bestürzendes Bild, die das Lebensende des 60-Jährigen gekennzeichnet haben sollen. In dem Verfahren sagte nun Fernando Villarejo aus, Chef der Intensivstation der Klinik, wo Maradona am Gehirn operiert worden war. Er steht als Zeuge vor Gericht und zählt nicht zu den Beschuldigten. Mardaona wurde von seinem persönlichen Leibarzt, dem Neurochirurgen Leopoldo Luque, wegen eines subduralem Hämatoms (Blutung zwischen harter Hirnhaut und Gehirn) operiert.

Maradona wurde wegen Entzugserscheinungen sediert

Einem Bericht der italienischen Zeitung „Il Mattino“ zufolge bestätigte Villarejo, dass Maradona, der von Luque sowie der Psychiaterin Agustina Cosachov betreut wurde, keinen Voruntersuchungen unterzogen wurde, bevor er in den Operationssaal kam. Luque und Cosachov sind in dem Prozess Beschuldigte.

Dem Bericht zufolge soll Luque Villarejo angewiesen haben, Maradona „für über 24 Stunden“ zu sedieren. „Ziel war es, den Patienten auf die Entgiftung vorzubereiten, aber ich wies darauf hin, dass das Risiko von Problemen verschiedener Art bestand, von Atembeschwerden bis hin zu Infektionen. Ich war nicht seiner Meinung, das war nicht der richtige Ort dafür. Sie sagten mir, dass sie die Risiken akzeptierten. Luque vertraute mir an, dass Maradona ein unberechenbarer Patient war“, wird Villarejo zitiert. Letztlich habe er sich dem Druck gebeugt.

In dem Prozess hatte bereits Sebastián Nani, Leiter der Kardiologie an der Olivos-Klinik ausgesagt, dass Maradona „ein Hochrisikopatient war, der unter Entzugserscheinungen litt und eine umfassende Betreuung benötigte“.

Gleich nach der Operation aber war es schon im Aufwachraum nach Schilderung von Villarejo zu absurden Situationen gekommen. Bis zu neun Fremde wurden gezählt. Der Eindruck wurde erweckt, als hätten anarchische Zustände geherrscht. Jeder habe etwas mitbringen können, wie etwa Medikamente. Zudem war Maradona erlaubt worden, Fast Food zu bestellen. Hamburger seien etwa geliefert worden. „Ich war sehr besorgt, Maradonas Vertrauensärzte nicht“, sagte Villarejo: „In dem Raum war alles erlaubt. Es war peinlich und beschämend, was da geschehen ist. Ich trage die Verantwortung.“

Luque habe demnach auch den Ärzten, die ihn nach der Operation untersuchen sollten, den Zutritt verwehrt. Dies berichteten die wichtigsten argentinischen Medien. Villarejo nannte demnach das Verbot „seltsam und unzeitgemäß“ und erklärte, dass die Spezialisten, die von Personen aus dem Umfeld des ehemaligen Fußballspielers gerufen worden waren, herausfinden wollten, ob Maradona in eine Rehabilitationsklinik gebracht werden sollte.

Villarejo wurde von den Staatsanwälten eine Frage zur Genesung von Maradona gestellt. Der Patient war acht Tage nach dem Eingriff in eine private Wohnanlage nördlich von Buenos Aires gebracht worden – und dort gestorben. Die Todesursache war ein akutes Lungenödem bei Herzinsuffizienz und dilatativer Kardiomyopathie, also einer Herzmuskelerkrankung, wie örtliche Medien berichteten.

„Wie eine Schachfigur zwischen König und Dame“

Laut Villarejo hätten die Verantwortlichen der Klinik Olivos darauf gedrungen, Maradonas Genesungsprozess in einer spezialisierten Einrichtung und nicht in einer Wohnung fortzusetzen. „Dr. Cosachov schrieb in die Krankenakte, dass die Familie von Diego wollte, dass er nach Hause zurückkehrt“, sagte Villarejo laut des Berichts der „Il Mattino“ aus. Nach Einschätzung der Ermittler wurden bei der häuslichen Pflege des gesundheitlich schwer angeschlagenen Patienten massive Fehler gemacht. Villarejo berichtete, er habe sich während Maradonas Klinikaufenthalt „wie eine Schachfigur zwischen dem König und der Dame“ gefühlt – eine Anspielung auf Leibarzt Luque und der Psychiaterin Agustina Cosachov.

Neben den beiden sitzen auch der Psychologe Carlos Díaz, der Krankenpfleger Ricardo Almirón, der Arzt Pedro Di Spagna sowie die Koordinatoren Nancy Forloni und Mariano Perroni auf der Anklagebank. Gegen eine achte Verdächtige, die Krankenschwester Gisela Madrid, wird in einem gesonderten Verfahren vor einem Geschworenengericht prozessiert.

Maradona hatte laut Obduktionsbericht eine bis zu zwölfstündige Sterbephase durchlaufen und Wasseransammlungen in vielen Organen wie Unterleib und Lungen gehabt. 22 Tage nach der Operation starb er.

pk

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