„Die sind auch schuld“: Bekannter des Todesfahrers äußert schlimmen Verdacht | ABC-Z

Vor seiner Amokfahrt in der Mannheimer Innenstadt soll der Tatverdächtige, Alexander S., wegen psychischer Probleme professionelle Hilfe gesucht haben. FOCUS online hat mit einem Bekannten des mutmaßlichen Täters gesprochen.
Allmählich kehrt wieder Ruhe ein in Ludwigshafen-Friesenheim. Noch am Montagabend hatten Spezialeinheiten der Polizei hier die Wohnung von Alexander S. durchsucht. Er ist der Tatverdächtige der Amokfahrt am Rosenmontag in Mannheim, bei der zwei Menschen starben und elf weitere verletzt wurden.
Während der 40-jährige Landschaftsgärtner dem Haftrichter vorgeführt wird, steht nun das Wohnumfeld im Fokus der Berichterstattung. Vor Ort ergibt sich zunächst ein ernüchterndes Bild. Kaum jemand kennt Alexander S. näher, viele Nachbarn sind selbst erst kürzlich in den Wohnblock gezogen.
Am Nachmittag deuten neugierige Jugendliche darauf hin, dass in ihrem Quartier erst kürzlich etwas passiert ist. Durch Videos auf TikTok haben sie das Mehrfamilienhaus mit seiner markanten roten Fassade erkannt und zücken nun ihre Smartphones.
Mutmaßlicher Bekannter des Amokfahrers sagt: „Ich weiß, worunter er gelitten hat“
Durch Tipps von Anwohnern konnte FOCUS online eine gelegentliche Anlaufstelle von S. im Viertel ausfindig machen und mit einem Anwohner sprechen, der den mutmaßlichen Amokfahrer besser gekannt haben will. Viel will er zwar nicht sagen.
„Das hilft ihm auch nicht“, wiegelt er zunächst ab. Doch mit Blick auf eine mögliche psychische Erkrankung seines Kumpels will er doch einen Aspekt loswerden, der aus seiner Sicht verzerrt dargestellt werde. „Ich weiß, worunter er gelitten hat“, umreißt er – und zeigt sich überzeugt, dass die Tat hätte verhindert werden können.
Offenbar hat S. mindestens einmal versucht, sich in die Psychiatrie eines Ludwigshafener Krankenhauses einweisen zu lassen. „Der Mann war selbstmordgefährdet“, sagt sein Bekannter. Bei der Aufnahme habe er angekündigt, sich mit Benzin übergießen und selbst anzünden zu wollen.
„Ich nehme an, das war der Knackpunkt“
Doch wegen Bettenmangels sei S. an der Aufnahme abgewiesen worden. Über den Krankenhausbesuch berichten auch „Bild“ und „Welt“; allerdings nicht über das weitere Vorgehen. Den beiden Zeitungen zufolge soll sich der Vorfall im August 2024 zugetragen haben, der Bekannte von S. sagt allerdings, der 40-Jährige sei erst kürzlich in dem Krankenhaus vorstellig geworden.
„Ich nehme stark an, das war der Knackpunkt“, sagt er. Die Abweisung, der gefühlte Verstoß aus der Gesellschaft, habe womöglich zu dem Entschluss geführt, die Amokfahrt in Mannheim zu planen. „Die sind auch schuld, dass das passiert ist“, sagt der Bekannte, sichtlich sauer auf das Krankenhauspersonal.
Auf Anfrage von FOCUS online zu möglichen Kontakten mit Alexander S. verweist das Ludwigshafener Krankenhaus auf die ärztliche Schweigepflicht. Eine Sprecherin betont jedoch allgemein, „in keinem Fall“ gegen die Versorgungsverpflichtung verstoßen worden sei: „Das gilt für alle in Frage kommenden Patienten. Eine solche Behauptung kann schon deshalb nicht zutreffend sein, unabhängig davon, auf welche Person sie sich bezieht.“
Überlastung von Psychiatrien schon länger ein Problem
Das Landeskriminalamt will aufgrund der laufenden Ermittlungen keine Auskünfte geben. Allerdings ist die Überlastung von Psychiatrien schon länger ein Problem. „Im Jahresdurchschnitt sind die psychiatrischen Kapazitäten mit mehr als 90 Prozent praktisch dauerhaft voll ausgelastet. Teilweise liegen die Auslastungen an einzelnen Standorten über 100 Prozent“, zitierte die „Welt“ im Vorjahr die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG).
Auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) warnte in diesem Zuge, dass in den meisten psychiatrischen Krankenhäusern derzeit „keine leitliniengerechte Behandlung möglich“ sei. Fragen nach der eigenen Auslastung ließ das Ludwigshafener Krankenhaus unbeantwortet.
Hinweis: Bei Selbstmordgedanken, Krisen und schwierigen Lebenssituationen hilft die Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800 1110111 oder 0800 1110222. Ein Chat, Kontaktformular und Informationen über Vor-Ort-Angebote für persönliche Beratungen sind über https://www.telefonseelsorge.de/ abrufbar.