„Die Schleimspur für Trump hat gewirkt“ | ABC-Z

Berlin. Die Studiorunde bei Lanz sieht das westliche Militärbündnis gefestigt – für den Preis der Unterwürfigkeit gegenüber dem US-Präsidenten.
Ohne Trump geht gar nichts und gegen ihn erst recht nicht: Bei der Diskussion im ZDF-Studio von Markus Lanz am Mittwochabend waren eigentlich alle Experten der Ansicht, dass die unterwürfige Haltung von Nato-Generalsekretär Mark Rutte gegenüber dem US-Präsidenten Donald Trump nicht schön, aber ohne große Alternative war.
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Rutte hatte den Amerikaner noch vor seiner Ankunft in Brüssel per SMS und vor dem Gipfelbeginn für „seinen großen Erfolg“ gratuliert, die anderen Nato-Mitglieder auf das Fünf-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben zu verpflichten – und Trump hatte die SMS kurzerhand veröffentlicht.
Bei Lanz: „Devoter und schleimiger geht es eigentlich nicht“
„Devoter und schleimiger geht es eigentlich nicht“, so Isabelle Schaefers, die aus Brüssel zugeschaltete ZDF-Korrespondentin in Brüssel. „Aber am Ende hat die Schleimspur für Trump doch gewirkt.“ Die USA bekennen sich weiterhin zur Nato und zur Beistandsverpflichtung, alle Nato-Mitglieder wollen auf US-Druck ihre Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des BIP erhöhen, wobei viele den „Trick“ mitmachen, dass sie 1,5 Prozent von den fünf als für die Verteidigung wichtige Infrastrukturmaßnahmen deklarieren.
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Schaefers berichtete, dass Rutte auf dem Nato-Gipfel sich gar nicht bemühte, seine gegenüber Trump schmeichelnden Worte zurückzunehmen oder sich davon zu distanzieren. Im Gegenteil, er habe sie wiederholt. Anders hingegen hätten sich Kanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer verhalten, die immerhin nicht versucht hätten, „die Schleimspur zu verlängern“, sondern aufzeigten, dass Europa sich emanzipieren werde.
„Ein Programm, damit der Opa keine schlechte Laune kriegt“
„Es war so ein Wellness-Programm, damit der Opa keine schlechte Laune kriegt“, analysierte der Militärhistoriker Sönke Neitzel den Gipfel. Er sieht die Europäer unter immensen Druck, seit die USA einmal der Ukraine die geheimdienstliche Unterstützung untersagt hatten. Das sei der „Schockmoment“ gewesen, wo sie gesehen hätten, der Trump mache ja Ernst.
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Nach dem Gipfel sieht Neitzel die Frage, wie und ob die 32 Nato-Staaten die Beschlüsse auch wirklich umsetzen – beispielsweise in Italien und Frankreich. „Aber Donald Trump bei der Stange zu halten, das war schon ein erster Erfolg.“ Für die verteidigungspolitische Debatte in Deutschland empfahl Neitzel jetzt, den Blick auf die Bundeswehr zu werfen und genau zu schauen, wofür die bereit gestellten Milliarden eigentlich ausgegeben werden.
Bundeswehr müsse dringend reformiert werden
Die Bundeswehr müsse dringend reformiert werden, dort werde Geld „verbrannt“ und die Bürokratie in der Armee treibe die Soldaten „zum Wahnsinn“. Julian Olk vom „Handelsblatt“ warf ein, dass die geplante Steigerung der Verteidigungsausgaben auf jährlich 170 Milliarden Euro bis 2029 auch finanziert werden müssen.
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„Wir haben jetzt eine Staatsschuldenquote von rund 60 Prozent“, so Olk. Da sei noch etwas Luft nach oben, aber für eine dauerhafte Finanzierung müsse jetzt die Wirtschaft anspringen und die Bundesregierung müsse entscheiden, wo sie bei den Ausgaben priorisiere.
Lanz fragt Studiogäste nach Verteidigungsbereitschaft
Etwas unvermittelt warf Moderator Lanz dann die Frage in die Debatte, ob denn jemand in der Studiorunde „Kriegsangst“ habe. Er selbst habe ja früher in der Armee in Italien gedient, es sei ihm aber damals „undenkbar“ gewesen, auf einen Menschen zu schießen. „Aber nach mehreren Besuchen in der Ukraine denke ich da anders“, sagte Lanz. Das von Neitzel gefallene Zitat, man habe jetzt „den letzten Sommer im Frieden“, empfand die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge als „zu hart“. Sie sei in Sorge, man müsse Putin ernst nehmen und es sei nichts auszuschließen, so Dröge.
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Deshalb müsse man die Verteidigungsfähigkeit erhöhen. Als sie bei den Grünen eingetreten sei, da hätte sie selbst Verteidigungsausgaben von zwei Prozent des BIP als zu viel empfunden. Heute stehe sie zu den fünf Prozent. „Heute wird unser aller Sicherheit von Russland bedroht. Ich möchte, dass unsere Kinder auch künftig in Sicherheit und Freiheit leben.“
Ex-Diplomat: „Wir sind ein starkes Land“
Der Ex-Diplomat Andreas Reinicke meinte, dass er den Begriff Sorge vor dem Begriff Angst bevorzuge. „Wir müssen die Situation mit Selbstbewusstsein angehen. Wir sind ein starkes Land, haben super Leute. Weg mit der Angst!“ Er klinge wie ein „Motivationskünstler“, meinte daraufhin Markus Lanz, der sich dann direkt an die Männer in der Studiorunde mit der Frage richtete, ob sie denn ihr Land auch verteidigen würden im Ernstfall und an „die Front“ gingen.
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„Wenn es sein muss, dann gehe ich, wenn wir angegriffen werden“, meinte Sönke Neitzel, Jahrgang 1968. Und auch Julian Olk, der Ende 20 ist, bemerkte, dass Freiheit für ihn das höchste Gut sei. In Unfreiheit möchte er nicht leben: „Ich bin bereit, für das Land zu kämpfen.“