Wohnen

Die Risse und Rivalitäten im BRICS-Bündnis wachsen | ABC-Z

Auf dem „Familienfoto“ der BRICS-Staatenlenker in Rio de Janeiro am vergangenen Wochenende fehlen Chinas Präsident Xi Jinping und Russlands Wladimir Putin. Das erstaunt besonders bei China, das das Forum maßgeblich vorangetrieben hat: Seit er vor zwölf Jahren sein Amt übernommen hat, war Xi bislang bei jedem BRICS-Gipfel dabei. Doch diesmal schickte er seinen Premierminister.

Dabei gelang der Gruppe des Globalen Südens seit 2009 ein beeindruckender Aufstieg. Denn so verschieden die Kernstaaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika auch sind, alle lehnen sie die westliche Dominanz im UN-Sicherheitsrat, in der Weltbank und im Weltwährungsfonds ab. Mit ihrer Neuen Entwicklungsbank, die im chinesischen Shanghai ihren Sitz hat, investieren die BRICS-Staaten bereits erfolgreich in Infrastruktur und Entwicklungsprojekte.

In den vergangenen Jahren sind sechs weitere Mitglieder beigetreten, unter ihnen Iran, Saudi-Arabien und Indonesien. Mit ihrer Wirtschaftsleistung hat BRICS mittlerweile die G-7-Länder überholt. Sie erwirtschafteten 2023 knapp 35 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung, die G7 lediglich 30 Prozent.

Aber der Gipfel in Rio deutet an, dass sich die Südmächte mit China an der Spitze bei der Erweiterung übernommen haben. Das Treffen wirkte matt, die Abschlusserklärung mit ihren 126 Punkten sammelte bekannte Forderungen der Mitglieder. Immer deutlicher treten Risse zutage: Schon vor dem Rio-Gipfel verhinderten Ägypten und Äthiopien, dass BRICS offiziell einen UN-Sicherheitsratssitz für Südafrika fordert.

Trotz chinesischer Vermittlung konkurrieren Saudi-Arabien und Iran um die Vorherrschaft im Nahen Osten. Und schließlich wollen die demokratischen Mitglieder Brasilien, Indien und Südafrika BRICS keineswegs als anti-westliches Projekt verstanden wissen – auch um US-Präsident Trump nicht zu reizen. Zwar geht ohne China nichts im BRICS-Verbund – die Weltmacht hat etwa das gleiche Bruttoinlandsprodukt wie alle anderen zusammen. Doch blinde Gefolgschaft darf Peking von den selbstbewussten Mitgliedern nicht erwarten.


Prof. Dr. Christian von Soest

Christian von Soest arbeitet als Lead Research Fellow am German Institute for Global and Area Studies (GIGA) und ist Honorarprofessor an der Universität Göttingen. Ende 2023 ist sein Buch
„Sanktionen: Mächtige Waffe oder hilfloses Manöver?“
erschienen.

Bild: FAZ

Back to top button