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Die private Krankenversicherung wird deutlich teurer – Wirtschaft | ABC-Z

Kundinnen und Kunden von privaten Krankenversicherern (PKV) müssen sich auf stark steigende Prämien einstellen. Die Mehrheit der PKV-Unternehmen erhöht zum 1. Januar 2025 die Beiträge. Nach Angaben des PKV-Verbandes sind rund zwei Drittel aller 8,7 Millionen Vollversicherten betroffen. Bei ihnen steigen die Prämien im Schnitt um stolze 18 Prozent, viele kann es auch deutlich härter treffen. Preiserhöhungen von mehr als 30 Prozent werden keine Seltenheit sein.

Der Hauptgrund für die jetzt anstehende Anhebung sind die höheren Leistungsausgaben in der PKV. Sie legten 2023 um 13,5 Prozent zu. Ein Grund: Viele Behandlungen, die während der Pandemie verschoben wurden, wurden 2023 nachgeholt. Für das erste Halbjahr 2024 meldet der PKV-Verband eine Fortsetzung des Trends. Die Ausgaben für die ambulante Versorgung durch Ärzte – der größte Ausgabenblock – legten um 5,7 Prozent zu. Bei der Krankenhausversorgung gab es ein Plus von 6,7 Prozent, in der Zahnmedizin um 6,3 Prozent.

Die Unternehmen spüren ebenso wie die gesetzlichen Krankenkassen neben der allgemeinen Inflation die Auswirkungen der medizinischen Inflation. Neue Therapien, Arzneimittel und Diagnosemöglichkeiten sind oft enorm teuer. Hinzu kommen gesetzlich verursachte Leistungsausweitungen, beispielsweise in der Pflegeversicherung, sowie höhere Personalkosten im Krankenhaus.

„Hauptkostentreiber sind die Behandlungen im Krankenhaus“, sagt PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther. Jetzt zeigten sich die Auswirkungen der gestiegenen Tarifgehälter in der Krankenpflege sowie der höheren gesetzlichen Mindestvorgaben zum Pflegepersonal. Die Briefe mit den neuen Preisen erhalten die Versicherten in den kommenden Wochen. Die meisten Anbieter passen die Prämien zum 1. Januar an, einzelne wie die DKV zum 1. April.

Nicht alle Versicherten trifft der Preishammer. Einige wenige Versicherer werden die Preise gar nicht erhöhen. Bei denen, die mit höheren Prämien in das neue Jahr gehen, ist ein Drittel aller Kunden nicht betroffen, die anderen allerdings umso heftiger. Der Durchschnittsbeitrag der erwachsenen PKV-Versicherten wird nach der Erhöhung 623 Euro im Monat betragen, hat der Verband ausgerechnet. Der Durchschnittsbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung liegt – nach Berechnungen der PKV – 2025 für einen Durchschnittsverdiener bei 711 Euro.

Der Versicherungsmakler Sven Hennig auf Rügen hat sich auf die PKV spezialisiert. „Nach einer kräftigen Erhöhung haben viele Versicherte den Reflex zu kündigen und das Unternehmen zu wechseln“, sagt er. Das sei falsch, weil die beim bisherigen Versicherer aufgebauten Alterungsrückstellungen nur zum Teil mitgenommen werden können. Der zweite Reflex: „Ich erhöhe meinen Selbstbehalt deutlich.“ Auch das sei keine gute Idee, sagt Hennig. „Dann zahlt man schließlich einen erheblichen Teil von Krankheitskosten allein, während bei den angestellten PKV-Mitgliedern der Arbeitgeber die Hälfte des höheren Beitrages zahlen würde.“

Hennig empfiehlt, die anderen Tarife beim bisherigen Versicherer zu prüfen. „Vor allem neue Tarife sind oft günstiger.“ Der Versicherer muss den Wechsel im eigenen Haus ermöglichen.

Nicht jeder kann in die PKV

In Deutschland herrscht Versicherungspflicht für den Schutz vor Krankheitskosten. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung sind in einer gesetzlichen Krankenkasse. Nur ein Teil darf sich im privaten System versichern. Das sind vor allem Beamtinnen und Beamte sowie ihre Familienangehörigen. Sie machen mit rund 53 Prozent den größten Anteil der Privatversicherten aus. Hinzu kommen Selbständige und gut verdienende Angestellte.

Angestellte können in die PKV gehen, wenn ihr Einkommen über der so genannten Versicherungspflichtgrenze liegt. Sie beträgt aktuell 69 300 Euro im Jahr, nur wer so viel oder mehr verdient, darf in die PKV. Der Wert wird 2025 auf 73 800 Euro steigen.

Die Debeka in Koblenz, mit 2,5 Millionen Vollversicherten Marktführer in der PKV, bestätigt, dass es Anfang 2025 Anpassungen geben wird. Über das Ausmaß möchte sich ein Sprecher noch nicht äußern. Zunächst müssten die Kundinnen und Kunden informiert werden. Das geschieht von Mitte Oktober an. Auch Axa, Allianz und Signal Iduna wollten eine Anfrage der SZ zur Höhe der Anpassung nicht beantworten.

Plötzliche Preissprünge ärgern die Versicherten

Der Debeka-Sprecher weist darauf hin, dass es in den Jahren 2022 und 2023 für die meisten Versicherten keine oder nur sehr moderate Beitragsanpassungen gegeben hat. Die PKV-Unternehmen haben bei den Prämienanpassungen keine freie Hand, sondern müssen sich an gesetzliche Regeln halten. Sie sehen vor, dass eine Beitragsanpassung nur dann erfolgen darf, wenn einer von zwei sogenannten auslösenden Faktoren anspringt: Veränderungen in der Sterblichkeit oder bei den Versicherungsleistungen. Wenn sie – abhängig vom Tarif – um fünf oder zehn Prozent von den einkalkulierten Werten abweichen, müssen die Unternehmen die Prämien anpassen.

In diesem Fall müssen sie auch alle anderen Faktoren berücksichtigen, die Einfluss auf die Höhe der Prämie haben können, das war zuletzt vor allem die Zinsentwicklung. Diese Mechanik führt dazu, dass die PKV-Prämien lange kaum und dann sprunghaft steigen, was zu Ärger bei den Versicherten führt. Die Branche bemüht sich seit Langem bei der Politik um eine Änderung der Regeln, die den Unternehmen stetigere Anpassungen ermöglichen würden. Bislang hat die PKV damit aber noch kein Gehör gefunden.

Die PKV betont regelmäßig, dass trotz der immer wieder auftretenden sprunghaften Beitragssteigerungen die Prämien in den vergangenen Jahren weniger stark gestiegen sind als in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). „Die PKV-Beiträge bleiben sowohl in absoluter Höhe als auch im langfristigen Vergleich mit der GKV weiterhin attraktiv“, glaubt Verbandsdirekter Reuther.

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