Die Pianistinnen Martha Argerich und Sophie Pacini im Konzert – eine Kritik – München | ABC-Z

Eigentlich ist es ja schön, wenn Jung und Alt miteinander musizieren. Gerade in Zeiten intergenerationellen Zwists wirkt es tröstlich, wie einträchtig und ungezwungen die Klavier-Legende Martha Argerich und ihre junge Kollegin Sophie Pacini auf der Bühne des Herkulessaals agieren.
Die Harmonie wird erst gestört, als sie anfangen zu spielen. Denn Mozarts C-Dur-Sonate (KV 521) lebt vom lebendigen Austausch zwischen zwei individuellen, aber gleichwertigen Stimmen. Doch davon ist dieses Duo weit entfernt. Selbst wenn Argerich Pianissimo-Begleitfiguren drückt, bleibt sie im Fokus. Einfach, weil ihr Ton klar, vital und farbig ist, während Pacini daneben so merkwürdig akzentuierte und klanglich dünne Phrasen spinnt, dass man befürchtet, sie könnten vor dem Ende wegbrechen.
In Brahms’ Haydn-Variationen ist es nicht anders: In der zweiten Variation (Vivace) zeigt Argerich, wie zupackend und energisch man Akkorde spielen kann. Pacinis parallel stattfindender Staccato-Part schreit geradezu danach, einen charaktervollen Gegenpunkt dazu zu formulieren. Im Orchester würde das wohl das Fagott machen. Aber sie verschwindet klanglich hinter Argerich.
Auch in der fünften Variation (Poco presto) mit seinen wilden rhythmischen Verrückungen geht jeder jugendliche Witz von der 84-Jährigen aus. Pacini begleitet hier brav, auch wenn sie eigentlich dieselbe Präsenz zeigen müsste wie ihre Partnerin. Nur gegen Ende zeigt sie sich etwas extrovertierter. Wobei auch das nicht immer gut sein muss. In Dmitri Schostakowitschs Concertino hämmert sie die Einleitung so in den Flügel, dass er scheppert.
Was immer Argerich vor einigen Jahren in der 18-jährigen Pacini gesehen hat, als diese sie in einem Hotel abpasste, um ihr Liszt vorzuspielen – man fragt sich, ob es noch da ist. Selbst rein technisch gesehen liegt an diesem Abend manches im Argen. In Schumanns Opus 46 etwa produziert Pacini reichlich Klang-Schlieren, wo Argerich betörend gläserne Melodien spielt. Ein Hoffnungsschimmer leuchtet in Liszts „Concerto pathétique“ auf. Zwischen all dem virtuosen Bombast gelingt Pacini, jetzt am ersten Instrument, eine traumhaft zarte dolcissimo-Stelle. Es ist, als hätte Argerichs Phrasierungsintelligenz abgefärbt. Da kann sie selbst sich zurücklehnen und genießen.
Der Applaus kommt so oder so reichlich und mit Ovationen für das ungleiche Paar, das in der Zugabe (György Kurtágs Bearbeitung der Sonatina aus Bachs „Actus tragicus“) noch einmal in intimen Klängen zusammenfindet. Von dieser klanglichen Finesse hätte man sich mehr gewünscht.





















