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Die neue Vernunft der Spitzenklubs: Nicht nur Kompany schont Spieler | ABC-Z

Nach ungefähr einer Stunde des längst entschiedenen Topspiels sah man in der Münchner Allianz-Arena eine Szene, die ein paar Geschichten über die laufende Bundesliga-Saison erzählt. Harry Kane, Michael Olise und Luis Diaz standen an der Seitenlinie bereit für ihren verspäteten Wettkampfeinsatz – guter Stoff für den Boulevard. „Die teuerste Einwechslung der Bundesliga-Geschichte“, titelt die „Bild“: „In der 59. Minute kommen 275 Millionen Euro aufs Feld“.

Dass die drei Offensivstars zuvor geschont wurden, untermalt die veränderten Kräfteverhältnisse. Leverkusen ist ohne Florian Wirtz, Xabi Alonso und Granit Xhaka kein großer Rivale mehr. Die besten Individualisten werden gar nicht mehr gebraucht für eine 3:0-Demontage. Ebenso auffällig ist daran aber ein anderer Aspekt: Bei den besten Mannschaften hat sich ein neues Energiemanagement etabliert.

Das Spieljahr hat die verletzungsträchtigen Herbstwochen erreicht, also bekommen die wichtigsten Profis Pausen. Bei Borussia Dortmund standen beim knochentrockenen 1:0 in Augsburg am Freitag die kaum ersetzbaren Vielspieler Karim Adeyemi, Julian Ryerson, Daniel Svensson und Felix Nmecha nicht in der Startelf. Nico Schlotterbeck war aufgrund einer leichten Erkältung gar nicht erst mitgereist, dabei drohte der Absturz aus den Champions-League-Rängen. Leverkusens Alejandro Grimaldo, zuletzt der beste Bayer-Spieler, saß in München auf der Bank. Trainer Kasper Hjulmands Begründung: „Wir haben einige Spieler, die die ganze Zeit gespielt haben. Wir können nicht zu viel Risiko eingehen.“

Rotation ist zwar ein lange bekanntes Prinzip, es wurde in der Vergangenheit unter dem Druck des Alltags aber oft halbherzig angewendet: Eher in Abhängigkeit von der Gesamtsituation des Klubs als von den Zuständen der Spielerkörper. Beim BVB fielen vor einem Jahr sieben Profis aus, die Verletzungen der drei im Moment fehlenden Münchner (Jamal Musiala, Alphonso Davies und Hiroki Ito) stammen noch aus der Vorsaison.

2025 dagegen steht dem Trainer Niko Kovač in dieser intensiven Saisonphase fast der vollständige Kader zur Verfügung. Weil sorgfältiger trainiert wird und weil das alte „Das-nächste-Spiel-ist-das-wichtigste“-Denken einer neuen Vernunft gewichen ist. Eine Rolle spielen dabei medizinische Erkenntnisse, auch Künstliche Intelligenz kommt zum Einsatz. Entscheidender ist aber: Die Spitzenklubs antizipieren, dass es unklug ist, einen Sieg im nächsten Spiel mit einem gefüllten Lazarett zu bezahlen.

Gerade beim BVB und in München wurden die Belastungen der Spieler 2025 aufgrund der Klub-WM mit einer veränderten Akribie betrachtet und dokumentiert. Ihm sei „schon vor sechs Wochen klar“ gewesen, dass genau dieses erste Novemberwochenende „gefährlich“ werde, sagte Kompany am Samstag. Entsprechend handelte er. Denn gerade die Bayern haben die Chance auf einen entscheidenden Frühjahrsvorteil: In England und Spanien müssen alle Klubs vier Ligaspiele mehr absolvieren, es gibt keine Winterpause und die Titelrennen sind offener. Kompany kann in diesem Kontext durch eine schlaue Saisonplanung Qualitätsdifferenzen gegenüber dem FC Liverpool, dem FC Barcelona, Manchester City oder Real Madrid ausgleichen, die im April und Mai entscheidend werden. Die Grundlagen, um diese Möglichkeiten auszuschöpfen, entstehen genau jetzt.

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