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Die Kunstmesse Art Basel Paris eröffnet im Grand Palais | ABC-Z

Schon in den Tagen vor der Eröffnung der Art-Basel-Messe in Paris merkte man an einschlägigen Kulturorten der Stadt, dass die internationale Kunstszene so zahlreich wie nie zuvor angereist war. Ein gemeinsamer Vernissageabend der Galerien und Auktionshäuser rund um die Avenue Matignon – im von internationalen Kunsthändlern immer dichter besiedelten Viertel gleich neben dem von der Art Basel bezogenen Grand Palais – war am Montag derart gut besucht, dass es auf der Avenue zum Stau kam, und bei der Galerie Almine Rech hatte sich eine lange Schlange gebildet: Jeder wollte einen Blick auf die dort ausgestellten hypnotischen Werke von James Turrell werfen.

Da strahlt sogar eine Regenlandschaft von Hockney

Als dann am Mittwoch der frisch renovierte Grand Palais für geladene Sammler, VIPs und Fachpublikum seine Tore öffnete, zeigte der majestätische Belle-Époque-Bau sich bei lauem Herbstwetter in bestem Licht: Mit ihrer dritten Ausgabe bezieht die als Paris+ par Art Basel gestartete Messe unter dem Namen Art Basel Paris hier ihr definitives Quartier. Durch das Glaskuppeldach werden die Messestände je nach Wolkenzug von wechselndem Tageslicht durchflutet. Bei der Galerie Lelong (Paris, New York) strahlt dann sogar das Grün einer verregneten normannischen Landschaft von David Hockney. 500.000 Euro kostet das aus acht iPad-Malereien zusammengesetzte Werk „Rain on the Pond“ von 2021 (Auflage von 12).

Bei Karsten Greve (Köln, Paris, St. Moritz) verstärkt Sonnenschein optisch das Relief eines großen Outrenoir-Gemäldes aus dem Jahr 2008 von Pierre Soulages (2,7 Millionen Euro). John Chamberlains davor platzierte Skulptur „Opera Chocolates“ aus farbig bemaltem Stahl von 1994 erscheint im Spiel des Lichts leicht wie zusammengeknülltes Buntpapier, das von einem Windstoß fortgeweht werden könnte (1,6 Millionen Euro).

Die Haupthalle des Grand Palais besetzen internationale Großgalerien und Händler im oberen finanziellen Mittelfeld; entsprechend liegen die Standmieten über denen im Obergeschoss. Insgesamt nehmen 195 Galerien aus 42 Ländern teil, wobei 64 Händler aus Paris selbst stammen oder eine Dependance in der französischen Kapitale haben.

Jocelyn Wolff (Paris, Romainville) zeigt neben faszinierenden Plastiken von Katinka Bock zwei atelierfrische Köpfe („Hinlegen“) von Miriam Cahn, die für je 66.000 Schweizer Franken verkauft wurden. Die Galerien Wolff und Meyer Riegger (Karlsruhe, Berlin, Basel, Seoul) vertreten die Künstler gemeinschaftlich: Kommissionen werden geteilt, gleich wer das Geschäft tätigt. Direkt neben dem Stand der Galerie Wolff hängt bei Meyer Riegger ein großformatiges Cahn-Gemälde von 2022, ebenfalls schon verkauft, für 200.000 Euro. Engagierte Kunst wie die Cahns findet sich in der Haupthalle nur selten. Die Galerie Sfeir-Semler (Hamburg, Beirut) zeigt zwei Gemälde des libanesischen Malers Aref El Rayess, der 1975 im surrealistischen Stil auf den Bürgerkrieg im Libanon reagierte (je 250.000 Dollar).

Sehenswert: Skulpturen von Lynn Chadwick

Wie am Heimatstandort Basel verankert sich die Pariser Messe mit einem frei zugänglichen Skulpturen-Parcours im Stadtraum. In Kooperation mit Galerien bespielt sie zehn öffentliche Orte mit Einzelwerken oder kleinen Ausstellungen. Ein monumentaler Daumen von César erhebt sich in der Domaine national du Palais-Royal, ein Schlangenbaum von Niki de Saint Phalle ziert das Institut de France. Bemerkenswert sind die Arbeiten des Bildhauers Lynn Chadwick im Garten des Hôtel de Sully. Wer mehr von diesem großen Meister des 20. Jahrhunderts sehen möchte, findet es in der Galerie Perrotin, die Chadwicks Nachlass vertritt und ihm eine Schau widmet.

Aktuelle Museumsausstellungen wie die zum Surrealismus im Centre Pompidou oder zur Arte-povera-Bewegung in Pinaults Bourse de Commerce regten die Händler dazu an, entsprechende Werke auf die Messe zu bringen: Die britische Lisson Gallery (mit sieben Niederlassungen) etwa bietet Textilarbeiten der kolumbianischen Künstlerin Olga de Amaral an, der die Fondation Cartier derzeit eine Schau ausrichtet. Eine hoch aufragende silberne Zopf-Skulptur kostet 400.000 Dollar, ein Wandbehang mit goldenen Textilplättchen 800.000.

Ohne Umweg über London nach Paris

Alle Blicke, so resümierte ein Händler, sind auf Paris gerichtet. Einige einflussreiche amerikanische Galerien, darunter Matthew Marks und David Kordansky, haben dieses Mal die Londoner Messe Frieze ausgelassen, nehmen aber an der Art Basel Paris teil. An deren Eröffnungstag waren, bestätigt Thaddaeus Ropac, wichtige Sammler und Museumsverantwortliche aus Amerika und Europa im Grand Palais unterwegs, auch asiatische Kunstliebhaber sind angereist. Ropac selbst, der Niederlassungen in Salzburg, Paris und London unterhält, hat ein großformatiges Gemälde von Georg Baselitz mitgebracht, „Sterne im Fenster“ von 1982 (7,3 Millionen Dollar).

Begeisterung über die Stadt an der ­Seine als neu aufsteigende – alte – Kunstmetropole ist überall zu hören. Ob die Rechnung für die Galerien auf der Messe trotz eines insgesamt schwächelnden Marktes aufgeht, wird sich erst am Ende erweisen. Das Niveau zeugt jedoch von Optimismus. Hauser & Wirth verkaufte das bislang teuerste Werk der Veranstaltung: Louise Bourgeois’ „Spider I“ wird in Zukunft für 20 Millionen Euro an der Wand eines Privatsammlers krabbeln. 2022 hat die internationale Großgalerie eine weit größere stehende Spinne der Künstlerin auf der Art Basel in Basel für fast 40 Millionen Euro vermitteln können.

Bei der Restaurierung des Grand Palais wurden die rundum verlaufenden Emporengänge zur Halle hin geöffnet. Dort präsentieren 16 Galerien der Sektion „Emergence“ aufstrebende Künstler. In den geschlossenen Bereichen dahinter befinden sich weitere Ausstellungsräume. Bei Jérôme Poggi (Paris) lässt sich die Arbeit der in Berlin lebenden Kanadierin Larissa Fassler kennenlernen. Sie setzt Untersuchungen zum urbanen Leben in eine zeichnerische Ästhetik um (ab 9000 Euro). Der Sektor „Premise“ mit neun Galerien beleuchtet Schlüsselmomente der Kunstgeschichte oder eröffnet neue Perspektiven auf einzelne Künstler. Die Pariser Galerie Dina Vierny stellt den weitsichtigen deutschen Kunsthändler Wilhelm Uhde vor, der 1905 das erste Picasso-Gemälde für zehn Francs kaufte. Er entdeckte auch die Autodidaktin Séraphine, von der nur 120 Gemälde erhalten sind. Wer eine ihrer Blütenkompositionen in wundervollen Farben erwerben möchte, muss heute 800.000 bis eine Million Euro auslegen.

Art Basel Paris, Grand Palais, bis 20. Oktober, Eintritt 44 Euro

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