Die HBO-Satire „Mountainhead“ handelt von größenwahnsinnigen Techgiganten | ABC-Z

Der Filmemacher Jesse Armstrong hat ein Faible für Figuren, die schwer auszuhalten sind – Männer mit aufgeblasenen Egos und labiler Psyche, die ihr Dominanzstreben mit derben Flüchen und obszönem Gehabe unterstreichen. Sie sind echten Persönlichkeiten nachempfunden, so etwa in der Serie „Succession“, die eine kaum verhüllte Fiktionalisierung des Machtkampfs im Clan Rupert Murdochs um dessen Nachfolge an der Spitze eines weltumspannenden Medienimperiums darstellte. Mit Armstrongs neuem Projekt „Mountainhead“ verhält es sich dem Wesen nach nicht anders. Und wie in „Succession“ verpasst Armstrong den Zuschauern eine Überdosis Zynismus.
In „Mountainhead“ nimmt sich Armstrong, der erstmals auch selbst Regie führt, die gegenwärtige Generation der Weltenbeweger vor. Vier unfassbar eitle Techgiganten treten auf, die mehr oder weniger deutlich an Peter Thiel, Elon Musk, Sam Altman und Mark Zuckerberg erinnern. Bei einem gemeinsamen Wochenende in einem nach Ayn Rands Roman „Fountainhead“ benannten Luxusrefugium in den Rocky Mountains bestätigen sie sich gegenseitig in ihrem vermeintlichen Götterstatus. Eingeladen hat Hugo Van Yalk (Jason Schwartzman), auch Souper genannt, die Crème de la Crème der Techmilliardäre: Venis Parish (Cory Michael Smith), den reichsten Mann der Welt und Eigentümer des sozialen Netzwerks „Traam“ mit vier Milliarden Nutzern; Randall Garrett (Steve Carell), einen Investor mit globalem politischem Einfluss; und Jeff Abredazi (Rami Youssef), KI-Pionier und Entwickler einer Plattform namens „Bilter“, die auf Echtzeitfaktenüberprüfung in einem wildgewordenen Onlinenachrichtenuniversum spezialisiert ist.
„Nichts ist von Bedeutung, alles ist witzig“
In den ersten, viel zu langen 45 Minuten des Spektakels stolzieren die Männer wie testosterontrunkene Sauf-, Maul- und Frauenhelden durch Soupers Anwesen und spreizen sich in üblicher Armstrong-Manier mit bald ermüdender Salbaderei. Diese dient zumeist der Erniedrigung anderer, vor allem aber blenden die vier Techreiter der Apokalypse konsequent die echte Welt aus, in der sich über Traam verbreitende Deepfake-Desinformation weltweit zu blutigen Ausschreitungen führt. Während aus den allgegenwärtigen Handys der Männer immer neue erschreckende Nachrichten über Lynchmobs und Hunderte Tote und Regierungsumstürze tönen, zeigt sich Jeff als Einziger der vier scheinbar betroffen. Venis hält dagegen: „Wir zeigen unseren Nutzern so viel Scheiß wie möglich, bis jedem klar wird, dass nichts so verdammt ernst ist, wie sie denken. Nichts ist von Bedeutung, und alles ist witzig.“
Das mag als Zuschreibung der sozialen Netzwerke und dem irritierenden Gefühl passend erscheinen, das die amerikanische Gegenwart durchwirkt: Das Chaos und die Inkompetenz in Washington, von Donald Trump wie eine endlose Reality-Serie inszeniert, wirken wie eine Clownshow. Aber es ist eine bitterernste Lage, jetzt auch noch geprägt vom Kriegseintritt in Nahost, in der nicht nur die amerikanische Demokratie in Flammen aufzugehen droht.
HBO priorisierte die Produktion, die einem Bericht von „Vanity Fair“ zufolge im März „eilends“ gedreht wurde, um angesichts der Manöver von Musk und Thiel unter Trump nicht ins Hintertreffen zu geraten, und vielleicht auch deshalb wirkt „Mountainhead“ bisweilen unausgegoren. So bleibt rätselhaft, warum Jeff Anzeichen der Abscheu zeigt, obwohl er doch Mitglied dieses Clubs ist, in dem ein eifriger Wettbewerb herablassender Anmaßung die Brüder im Geiste zusammenschweißt. Unklar bleibt auch, warum aus seinem Befremden über das sich ausbreitende mörderische Chaos und die Entrücktheit seiner Kumpels nie der Impetus erwächst, die Lage zu entschärfen. Stattdessen versteigen sich Armstrongs Egomanen im Laufe des Geschehens zum ultimativen Größenwahn. Sind sie nicht die Cäsaren, die der Welt jenseits plebejischen Geplänkels den Durchbruch ins nächste Zeitalter bescheren: den Transhumanismus, die Besiedlung fremder Planeten, die Abschaffung menschlicher Mittelmäßigkeit?
Noch während sich die vier an ihrer eigenen Hybris besaufen, genauer: sie mit einem Drogentrip überhöhen, treibt Armstrong im dritten, überraschend unterhaltsamen Akt des Stücks die Dinge auf die absurde Spitze. Wie sich zeigt, sind diese vermeintlichen Götter infantile Idioten, deren enorme Egos nicht nur moralische Erwägungen, sondern auch das Handeln im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel unmöglich machen. All das freilich wissen wir von den echten Vorbildern schon. Weniger gefährlich macht sie das leider nicht.
Armstrong inszeniert in „Mountainhead“ eine Reihe von Szenen, die einem angesichts der fast grenzenlosen Macht und der hypermaskulinen Monstrosität dieser Charaktere das Blut gefrieren lassen. Ihre Vorbilder in der Wirklichkeit haben uns das Desinformationssprachrohr X, den Datenfresserkonzern Palantir, aus den Fugen geratene Social-Media-Plattformen und KI-Deepfake-Apps wie Midjourney beschert, und sie nutzen ihre Macht bekanntlich unter anderem dazu, jede politische Regulierung ihrer höchst profitablen Produkte auszuschalten. Aber zu oft wirkt Armstrongs garstige Satire auf die Tech-Zampanos ebenso kalt und befremdlich wie die Charaktere selbst. Unterdessen sind die, die für sie Pate standen, weiter unbeeindruckt dabei, den freiheitlichen Demokratien und der ganzen Welt zum persönlichen Profit den Lebenssaft auszusaugen.