Gesundheit

Die Folgen treffen nicht nur Meeresbewohner |ABC-Z

Nein, das Mittelmeer kocht nicht, auch wenn in manchen italienischen Medien routinemäßig vom „mare bollente“ die Rede ist. Wahr ist, dass nach Messdaten des satellitengestützten EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus die Oberflächentemperatur des Mittelmeeres Ende Juni mancherorts bis zu fünf Grad über dem saisonalen Durchschnitt lag.

Am stärksten betroffen von dem Wetterphänomen sind das Tyrrhenische Meer vor der Westküste Italiens, das östliche Mittelmeerbecken sowie die Balearische See. Auch im Süden Sardiniens wurden für diesen Zeitraum extreme Oberflächenwassertemperaturen verzeichnet. Im Ligurischen Meer vor der Küste Genuas zeigte das Thermometer dieser Tage 27 Grad an der Wasseroberfläche.

Das sind fünf Grad mehr als im Langzeitdurchschnitt und 0,6 Grad mehr als im bisher heißesten Juni des Jahres 2003. In der Bucht von Málaga ermittelte eine Messboje in der vergangenen Woche eine Oberflächentemperatur von 25,7 Grad. Der Durchschnitt liegt dort seit Beginn der regelmäßigen Messungen im Jahre 1984 bei 18,5 Grad. Neben der Hitzewelle tragen die schwachen Windbewegungen zu dem Phänomen bei: Ohne nennenswerten Seegang wird das Oberflächenwasser nicht umgewälzt und mit den kühleren Wassermassen in der Tiefe ausgetauscht.

Invasive Arten können sich besser ausbreiten

Unmittelbare Folge der hohen Wassertemperatur und der Windstille ist das Ausbleiben der kühlenden Meeresbrise, sodass sich die Luftmassen über Land weiter aufheizen. Mittelbar drohen heftige Gewitter und Starkregen, weil die Luft über dem warmen Wasser mehr Feuchtigkeit aufnimmt und mehr Energie aufsaugt. Warmes Meerwasser kann auch die Entstehung blockierender Hochdrucksysteme befördern.

Diese sogenannten Hitzedome bewegen sich kaum und können über Tage oder gar Wochen heiße Luft nach Mitteleuropa führen. Auch im Spätsommer und im Herbst kann es noch zu extremen Wetterereignissen kommen, weil sich bis dahin die Wärme im Meer und die Hitze über Land „angesammelt“ haben. Während an Land die Temperaturen in der kühleren Jahreszeit rasch zurückgehen, speichert das Meer die während der Hitzeperiode aufgenommene Wärme länger und gibt sie auch länger an die Atmosphäre wieder ab. Wenn die Atmosphäre im Herbst abkühlt und aus dem Meer weiter Wärme aufsteigt, werden dadurch Wetterturbulenzen wahrscheinlicher.

Die erhöhten Temperaturen begünstigen zudem die Ausbreitung von schädlichen Algen, von invasiven Fischen wie dem Gestreiften Korallenwels, von Krustentieren wie der Blaukrabbe oder von hoch toxischen Nesseltieren wie der Portugiesischen Galeere. Grundsätzlich ist das Mare Nostrum der Südeuropäer besonders vom Klimawandel betroffen: Weil es eine „geschlossene“ See ohne transkontinentale Meeresströmungen ist, erwärmt es sich schneller und speichert die Wärme länger, auch in der kühlen Jahreszeit. Sauerstoffmangel und Versauerung begünstigen Algenblüten. Hinzu kommen die Einleitung von Industrie- und Agrarabwässern, die Verschmutzung durch Plastikpartikel sowie allgemein die Auswirkungen menschlicher Aktivität an den dicht besiedelten Küstenstreifen.

Back to top button