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Die finnische Antwort auf lange Winternächte | ABC-Z

Das neue Jahr beginnt bekanntlich mit dem schlimmsten aller Monate: Januar – dem Montag unter den Monaten. Es ist kalt und dunkel, und die Feiertage, die uns noch im Dezember über die Misere hinwegtrösten konnten, sind vorbei. Und viele Wochen liegen noch vor uns, der Winter ist nicht einmal zur Höchstform aufgelaufen.

Nun heißt es: Decke über den Kopf ziehen und darauf warten, dass die Tage wieder länger werden. Oder aber: ausgehen. Allen, die mit dem Konzept „Dry January“ ähnlich wenig anzufangen wissen wie ich, möchte ich für diesen schrecklichen Monat die passende, wenn auch polarisierende Spirituose ans Herz legen, um sich die langen Nächte zu versüßen: Lakritzlikör.

Bevor Sie jetzt aufschreien: „Igitt, Lakritz ist ekelhaft!“ – ich weiß, es gibt auf dieser Welt wenig, was die Menschen so zuverlässig spaltet wie Lakritz. Über diese Süßigkeit lässt sich schön verkürzt sagen: Man liebt sie, oder man hasst sie. Diese Kolumne ist für jene, die Lakritz lieben. Für alle anderen: Ich möchte niemanden bekehren, Sie können gerne weiter Gummibärchen essen – aber vielleicht kann ich ja zumindest Ihre Neugier wecken.

Eine verrauchte Kneipe in Rixdorf

Meinen ersten Lakritzlikör habe ich vor Jahren in einer kalten Januarnacht getrunken. Das war in Berlin, wo der Winter besonders gnadenlos ist und es deswegen auch besonders viele Möglichkeiten gibt, die langen Nächte durchzutanzen.

Lakritzlikör lässt sich auch hervorragend in Espresso Martini kippen.Picture Alliance

Mit meiner Freundin saß ich in einer verrauchten Kneipe in Rixdorf, als der Barkeeper aus einer unbeschrifteten Flasche eine eiskalte, pechschwarze Flüssigkeit in ein Shotglas kippte – „Kettenfett“ hieß das damals auf der Karte. Das passte.

Die Herstellung ist denkbar einfach

Die Farbe hat dem Likör zahlreiche unappetitliche Namen eingebracht: Schmieröl, Schwarze Sau, Dachpappe oder Altöl sind nur einige, auf die ich gestoßen bin. Doch lassen Sie sich vom Namen nicht abschrecken. Das „Kettenfett“ in meinem Glas war hausgemacht und schmeckte himmlisch: Der charakteristisch intensive Geschmack nach süßem Anis mischte sich mit dem salzigen-sauren Geschmack von Salmiak, bei dem sich der Mund zusammenzieht und der ein Kribbeln auf der Zunge hinterlässt.

Später erfuhr ich, dass die Herstellung denkbar einfach ist: Man nimmt eine Flasche geschmacksneutralen, hochprozentigen Alkohol – meist Wodka oder Korn – und kippt eine Tüte Lakritzbonbons mit Salmiak dazu. Am besten „Türkisch Pfeffer“. Dann heißt es ein paar Tage warten. Wenn es schneller gehen soll, einfach die Flasche schütteln – fertig.

Wem das zu punkig ist, kann Lakritzlikör aber auch fertig kaufen: Als Klassiker gilt „Koskenkorva Salmiakki“ aus Finnland, wo der Likör seit 1993 verkauft wird und inzwischen Kultstatus erreicht hat. Denn wie die Süßigkeiten ist auch der Likör besonders im Norden Deutschlands und Europas beliebt – bei den echten Profis für lange, dunkle Winter. In diesem Sinne: „kippis!“, wie die Finnen sagen.

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