„Die CIA kreiert manchmal mehr Probleme, als sie löst“ | ABC-Z
Mr. Wright, von „Diplomatische Beziehungen“ bis „The Day of the Jackal“ und „Black Doves“ bis hin zu Ihrer neuen Serie „The Agency“ wimmelt es dieser Tage auf den Bildschirmen vor Geschichten aus dem Geheimdienst- und Spionagemilieu. Denken Sie, dass dieser Boom in direktem Zusammenhang mit der weltpolitischen Lage steht?
Damit bin ich ein wenig überfragt. Aber vielleicht ist da etwas dran, denn als politisch sehr interessierter Mensch, der aufmerksam verfolgt, was auf der Welt passiert, wurde ich zumindest bei „The Agency“ gleich hellhörig. Ich fand es sehr spannend, wie spezifisch in den Drehbüchern die Figuren ganz konkret in geopolitischen Zusammenhängen verortet waren. Das wirkte auf mich nicht wie eine künstliche Filmwelt, sondern tatsächlich wie die Realität, die uns alle umgibt.
Ein solcher Faktor reicht Ihnen dann, um bei einem Projekt wie diesem zuzusagen?
Die Qualität der Drehbücher ist schon einer der wichtigsten Gründe. Aber natürlich gucke ich mir auch an, welche anderen Personen beteiligt sind. In diesem Fall wusste ich, dass Michael Fassbender die Hauptrolle spielen wird. Und vor allem, dass George Clooney und Grant Heslov mit ihrer Produktionsfirma verantwortlich zeichnen. Mit den beiden hatte ich schon gearbeitet und wusste, dass beste Qualität eigentlich garantiert ist. Ob meine Rolle eine große ist oder eher klein, ist für mich eher zweitrangig. Für mich zählt vor allem das Arbeiten auf hohem Niveau, mit erstklassigen Mitstreiterinnen und Mitstreitern und Geschichten, die echte Relevanz haben.
Ich habe im Laufe der Zeit mit vielen tollen Menschen gedreht. Aber natürlich ist es immer noch etwas Besonderes, zum ersten Mal mit einer solchen Ikone des amerikanischen Kinos zu arbeiten. Ich war Richard vorher nie begegnet, aber hatte jetzt mit kaum jemandem so viele Szenen wie mit ihm. Und mit Michael natürlich. Wir drei haben einen schönen gemeinsamen Groove gefunden, das war richtig erfreulich.
CIA-Agenten haben Sie im Laufe Ihrer Karriere ja schon ein paar gespielt, man denke nur an Felix Leiter in den jüngsten „James Bond“-Filmen. Haben Sie nach Ihren Erfahrungen mit diesem Metier den Eindruck, dass man zu einem bestimmten Menschenschlag gehören muss, um bei einem solchen Geheimdienst Karriere zu machen?
Da ist vermutlich etwas dran. Von den 19 Direktoren, die es in der Geschichte der CIA bislang gab, haben drei am Amherst College studiert, wo ich selbst meinen Bachelor in Politikwissenschaften gemacht habe. Das College ist bekannt dafür, dass man dort besonders gut jene Persönlichkeiten rekrutieren kann, die den Interessen der CIA dienlich sein könnten. Wenn ich also zurückdenke an mein Studium, habe ich eine Idee davon, welche Charaktere prädestiniert sind für eine solche Karriere. Wobei das auch nicht meine einzigen Berührungspunkte mit dieser Welt sind.
Nun, ich bin in Washington, D.C., aufgewachsen, und meine Mutter hat über 30 Jahre lang für die Regierung gearbeitet. Sie war Anwältin bei der US-Zollbehörde. Daher habe ich viel Respekt vor Staatsbeamten, und genau das ist ja im Grunde auch ein CIA-Agent wie nun dieser Henry, den ich in „The Agency“ spiele. Die meisten dieser Menschen arbeiten hart und tun ihr Bestes, nicht nur ihren eigenen Prinzipien treu zu bleiben, sondern auch das Richtige für das Land und die Regierung, die sie repräsentieren, zu tun. Wobei man natürlich nicht ignorieren darf, dass die CIA eine zwiespältige, komplizierte Behörde ist. Ich glaube, sie kreiert manchmal mehr Probleme, als sie löst. Oder löst Probleme, die sie selbst geschaffen hat. Und von ihren Mitarbeitenden erwartet sie leider manchmal, dass sie ihre Menschlichkeit der Maschinerie opfern. Genau da kann dann eine Serie wie „The Agency“ auf reizvolle Weise ansetzen und diese Menschen zwischen Pflicht und Fehlverhalten, Loyalität und psychologischem Trauma unter die Lupe nehmen.
Ihr allererster Auftritt vor der Kamera – im Film „Aus Mangel an Beweisen“ – liegt demnächst 35 Jahre zurück. Wäre der junge Jeffrey Wright von damals glücklich darüber, was Sie heute, Dutzende Rollen, diverse Auszeichnungen und eine Oscar-Nominierung später, erreicht haben?
Ich glaube, der junge Jeffrey wäre ziemlich zufrieden. Ich bin es jedenfalls. Es war ein großartiger Weg bis hierhin, und eine derart lange und ertragreiche Karriere ist als Schauspieler ja alles andere als garantiert. Dass ich bis heute in meiner Arbeit interessanten Ideen nachgehen und dabei im Idealfall ein paar gute Geschichten erzählen kann, macht mich dankbar. Ich erlebe meinen Job auch nach all den Jahren noch als befriedigend und interessant, außerdem durfte ich dank ihm die ganze Welt sehen. Das ist alles in allem mehr, als ich vor 35 Jahren zu hoffen gewagt hatte.
Zu Beginn unseres Gesprächs haben Sie sich als politischen Menschen beschrieben, und nicht zuletzt im zurückliegenden US-Präsidentschaftswahlkampf waren Ihr Engagement und Ihre Meinungsstärke wieder unübersehbar. Wie blicken Sie nach dem für Sie sicherlich ernüchternden Ergebnis auf die kommenden vier Jahre?
Meine Hoffnung ist es einfach, dass wir so klug wie möglich mit der Situation umgehen, in der wir uns nun befinden. Aber das ist gar nicht so einfach. Denn nicht nur bei uns in den USA, sondern auf der ganzen Welt ist ja seit geraumer Zeit ein seltsames Phänomen zu beobachten, das es uns allen schwer macht.
Nun, seit längerer Zeit wird uns weisgemacht, dass wir uns in einem der großartigsten Zeitalter der Menschheitsgeschichte befinden: dem Informationszeitalter. Eine Zeit, in der wir mittels unserer Telefone Zugang zu mehr Informationen haben, als man je in der Bibliothek von Alexandria hätte finden können. Aber trotzdem scheint es mir, dass wir – als Individuen genauso wie als Kollektiv – heute weniger klug sind als zu Beginn dieses Zeitalters. Wir sind verwirrter, orientierungsloser und definitiv polarisierter. Viel mehr Spannungen dominieren unsere Welt, und es gibt weniger Verständnis füreinander und dafür, wer wir sind. Weswegen es wohl richtiger wäre zu sagen, dass wir uns im Gegenteil im Desinformationszeitalter befinden. Meine große Hoffnung ist es, dass wir dagegen rebellieren und vielleicht zurückfinden zu einem tieferen Verständnis dafür, wie die Dinge sind, und nicht, wie wir sie uns wünschen.