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“Die Büffels” bei Kabel Eins: Der Gegenentwurf zu “Kaulitz & Kaulitz” | ABC-Z

“Einen Café con leche, ein Agua con gas und ein Mettbrötchen.”

Vermutlich ist die Bestellung, die Stefan Scheichel-Gierten im “Deutschen Eck”, einer legendären Ballermann-Kneipe, aufgibt, sinnbildlich für den Lebensentwurf des Österreichers. Bekannt ist Scheichel-Gierten vor allem als Lorenz Büffel – jene Kunstfigur, die regelmäßig in kurzen Hosen und mit Hörner-Cappie bekleidet, im Megapark vor Heerscharen betrunkener Menschen Mitgröhlsongs wie “Johnny Däpp” und “Der Zug hat keine Bremse” zum Besten gibt.


Auf diese Weise hat es Büffel in seiner Welt zu einem ansehlichen Bekanntheitsgrad gebracht, der jetzt, nach ersten Gehversuchungen bei “Goodbye Deutschland”, in einer eigenen Dokusoap über das Leben des Stimmungssängers gipfelt – neuerdings zu begutachten bei Kabel Eins.

Formate dieser Art kränkeln ja gerne mal daran, dass das Leben der Protagonisten weit weniger interessant ist als es der ursprüngliche Pitch nahelegte. Im Falle von “Die Büffels” spricht aber einiges für das Gelingen des Projekts. Zumindest die erste Folge, die in dieser Woche vor den Augen von Influencern und einschlägig bekannter Schlager-Prominenz wie Olaf der Flipper ihre Premiere im Kölner Residenz-Kino feierte, offenbarte gleich mehrere amüsante Handlungsstränge, durch die das Publikum hinter die Ballermann-Fassade blicken kann.

Vom Hochglanz, den der Netflix-Hit “Kaulitz & Kaulitz” in jeder Sekunde ausstrahlt, ist die neue Kabel-Eins-Dokusoap gleichwohl denkbar weit entfernt – was aber schon alleine darauf zurückzuführen ist, dass das Familienleben des Ballermann-Barden kaum weiter entfernt sein könnte vom Alltag, den die Kaulitz-Zwillinge in den Hollywood zelebrieren.



© Kabel Eins
Ballermann-Sänger Lorenz Büffel und Ehefrau Emily.

Tatsächlich sind die Büffels so etwas wie der krasse Kaulitz-Gegenentwurf. Während in LA die Kreditkarte glüht, um Pools, Outfits und teure Geschenke zu bezahlen, fahren die Büffels im “blauen Blitz”, einem erkennbar in die Jahre gekommenen Flitzer, von Auftritt zu Auftritt, wo sich Ehefrau Emily um die Technik kümmert, während sich Lorenz auf der Bühne zum Büffel macht. Ein Family-Business im besten Sinne.

Es ist auch nicht der Luxus-Schuppen in bester Strandlage, der Lorenz Büffel begeistert, sondern ein etwas abgeranztes Ladenlokal in zweiter Reihe, in dem sich vor seinem inneren Auge schon die Partyabende in seiner Kneipe “Büffelmann 6” abspielen – zunächst ein Wunschtraum, dessen Vorstellung bei Emily erkennbar weit weniger Begeisterung auslöst als bei ihrem Mann. Ihre Freude könnte dagegen kaum größer sein, als Lorenz zusammen mit seinem Kumpel Schwagi einen alten Tourbus überführt, der zwar stattliche 200.000 Kilometer auf der Uhr hat, der vierköpfigen Familie dank funktionierender Türen und elektrischer Fensterheber aber etwas mehr Komfort verspricht als besagter “Blitz”.


“Die Büffels” ist ganz sicher nicht die Neuerfindung der TV-Dokusoap, aber es macht Spaß, den schnell erzählten Inselgeschichten zu folgen. Der Produktionsfirma Cheerio ist also – gewissermaßen zu ihrem Abschied – ein durchaus gutes Format gelungen, das dank seiner Protagonisten erstaunlich bodenständig daherkommt und damit beinahe so gut zu Kabel Eins passt wie ein Mettbrötchen zum Milchkaffee.

“Die Büffels – Zwischen Palmen, Party und Kinderzimmer”, donnerstags um 22:20 Uhr bei Kabel Eins

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