Die Bayern-Basketballer ziehen ins Playoff-Halbfinale ein, Kapitän Lucic verlängert seinen Vertrag – Sport | ABC-Z

30 Sekunden waren noch zu spielen, das Playoff-Viertelfinale zwischen den Basketballern des FC Bayern München und dem Mitteldeutschen BC war längst entschieden. 78:66 führten die Bayern, und wie es üblich ist in diesem Sport, trudelte die Partie bei diesem eindeutigen Spielstand dann ein wenig aus, die Unterlegenen gestanden ihre Niederlage ein. Münchens Kapitän Vladimir Lucic prellte den Ball also, er prellte und prellte, kein Gegner griff ein. Dann warf er ihn mit Ablauf der Shot-Clock ins Aus. Sechs Sekunden vor Schluss nahm die Partie doch noch einmal kurz Fahrt auf, es war wieder Lucic, der zwei Freiwürfe verwandelte. Nach einem letzten Dreier Mitteldeutschlands erklang die Sirene.
Der 80:69 (42:40)-Sieg der Münchner, der dritte im dritten Spiel der Best-of-five-Serie, bedeutete zugleich ihren Halbfinaleinzug und für den MBC das Saisonende. Aber nicht wegen dieser nach drei souveränen Vorstellungen des Favoriten erwartbaren Konstellation waren die 11 500 Zuschauer im ausverkauften SAP Garden auf ihren Plätzen sitzen geblieben. Sondern weil Lucic sich das Mikrofon nahm und ihnen noch etwas zu sagen hatte.
Unter Sprechchören der Fans sagte der Serbe, der normalerweise in seinem Berufsumfeld auf Englisch kommuniziert und zu Hause mit seiner Familie auf Serbisch, auf Deutsch: „Ich werde nächstes Jahr hier sein.“ Nicht nur nächstes Jahr: Lucic, der im Juni 36 Jahre alt wird, verlängert seinen Vertrag in München sogar um zwei Jahre bis 2027. Auf dem Videowürfel war dazu noch eine goldene Zeitleiste eingeblendet, 2016 bis 2027. So lange steht Lucic nun schon unter Vertrag in München. Später sagte er vor der Kabine: „Es gab zwei Möglichkeiten: Nach Hause zu gehen oder in München zu bleiben. Meine drei Töchter sind hier geboren und aufgewachsen, sie sprechen fließend Deutsch, die Fünf- und Siebenjährige gehen hier zur Schule und in den Kindergarten. Es ist das natürliche Umfeld für sie und uns als Familie.“
Lucic hielt dann eine Lobeshymne auf das Umfeld beim FC Bayern, auf die „Physios und Ärzte, die das Beste sind, was Europa bieten kann“. Er machte also keinen Hehl daraus, dass er sich wohlfühlt in München, auch nach bald zehn Jahren. Dass er ein Anker ist auf dem Spielfeld, eine Führungsfigur, die dem Spiel noch immer ihren Stempel aufdrücken und mit Charisma als Dirigent vorangehen kann, zeigte Lucic auch gegen Mitteldeutschland am Samstag. 19 Punkte erzielte der Bayern-Kapitän, so viele wie kein anderer Spieler an diesem Abend, vier Rebounds kamen hinzu.
„Er ist das Gesicht dieser Franchise“, sagt Trainer Gordon Herbert über Lucic
Die Vertragsverlängerung von Lucic überstrahlte das Spiel, obwohl es lange Zeit eng zuging. Bis Mitte des dritten Viertels hatte sich keine der beiden Mannschaften richtig absetzen können. Die Gäste aus Weißenfels, die den Bayern im Pokal-Halbfinale eine ihrer schlimmsten Niederlagen dieser Saison zugefügt hatten, kämpften. Doch dann traf Bayerns Weltmeister Andreas Obst einen Dreier, kurz danach einen Korbleger, Jack White wieder einen Dreier. Die Bayern zogen auf 52:42 davon – und schenkten diese Führung auch im vierten Viertel nicht mehr her. Grundlage ihres Sieges war ihre kompakte Defense, was auch Trainer Gordon Herbert gefiel: „Die Jungs haben in den drei Spielen einen tollen Job gemacht, auch indem wir unsere Intensität in der Verteidigung gesteigert haben.“
Aber am besten, sagte Herbert, „war Vlados Deutsch. Ich denke, mein Deutsch ist besser.“ Es war eine kleine ironische Note, Herbert weiß ja, dass Lucic in einer Position ist, in der man ihn auch mal ein wenig auf den Arm nehmen kann, ohne ihm zu schaden. Auch Herbert findet den Bayern-Kapitän ja über alles erhaben: „Er ist ein herausragender Spieler, für den Klub, die Liga, für den Basketball in Deutschland. Er ist das Gesicht dieser Franchise.“
Das Gesicht dieser Bayern-Basketballer soll seine Mannschaft nun in einer etwas veränderten Rolle zum einzig noch möglichen Titel in dieser Saison führen. Lucic sieht sich gar nicht so sehr als Shooter, als Verfechter des offensiven Spiels, dessen erster Protagonist der seit Mitte April verletzte Topscorer Carsen Edwards bei den Bayern in diesem Jahr war. Er fühlt sich nach wie vor eher als Vertreter der alten Schule, die viel auf Verteidigung setzt, auf Ordnung im Spiel. „Ich bin da eher oldschool, sehe mich tendenziell noch in den Neunzigern“, sagt Lucic und lacht. Er spürt zugleich, „dass sich das Spiel generell verändert, es passt sich eher der NBA an, mit viel Run-and-Gun-Basketball“, sagt Lucic.
Und seit Edwards verletzt ist, müssen eben andere für ihn einspringen und punkten. Lucic findet sich gerade also in einer Rolle, in der er noch mehr auf die Balance im Spiel achten muss, die Defense zusammenzuhalten, die Offense strukturieren und möglichst selbst punkten. Auch im Halbfinale wird das so sein, in dem die Bayern auf den Sieger des Duells zwischen Heidelberg und Chemnitz treffen, aktuell liegt Heidelberg 2:0 vorn. Die Heimspiele in München in der nächsten Best-of-five-Serie sind für den 1. und 7. Juni terminiert. Lucic wird sich wieder in den Dienst der Mannschaft stellen. Perfektes Deutsch ist dafür nicht vonnöten.