Die 17-Minuten-Show: Edwards überzeugt erneut und führt Bayern-Basketballer zum Sieg | ABC-Z
München – Shabazz Napier und Nick Weiler-Babb hatten offensichtlich den richtigen Ton getroffen. Am Donnerstagvormittag, als Gordon Herbert (“Kein Spaß”) seiner Mannschaft deren jüngste Euroleague-Versäumnisse per Video vorführte, ergriffen die beiden Spielgestalter das Wort und richteten einen Appell mit Wirkung an ihr Team. “Wenn solche Jungs sprechen”, sagte Carsen Edwards am späten Abend, “dann hören wir zu, das hilft uns.”
Und es war anscheinend auch nötig, dass sie es tun. Zwei empfindliche Pleiten hatten die Bayern-Basketballer bei Anadolu Efes Istanbul (90:101) und Roter Stern Belgrad (77:101) hinnehmen müssen, ihren Weltmeistercoach mit Nachlässigkeiten verärgert. Es drohte, sich ein gefährlicher Abwärtstrend zu entwickeln. Dann aber setzten Napier und Weiler-Babb ein verbales Signal, das in einem 94:80-Sieg gegen Ex-Bayern-Coach Pablo Laso und sein spanisches Team von Baskonia Vitoria mündete.
Nagelsmann und zahlreiche Bayern-Stars im SAP-Garden
“Manchmal ist es besser, wenn so etwas von den Spielern kommt”, merkte Herbert nach der Leistungssteigerung zufrieden an. Neben den passenden Ansagen war es einmal mehr auch die Magie des SAP Gardens, die ihren Zauber entfaltete.
Sieben Spiele, sieben Siege – Bayerns Heimbilanz in der Königsklasse bleibt makellos, der Platz unter den Top sechs damit unangetastet. Vor den Augen von Fußball-Bundestrainer Julian Nagelsmann, Bayern-Präsident Herbert Hainer und den Stars Leon Goretzka, Aleksandar Pavlovic, Alphonso Davies sowie Mathys Tel war die Zweite-Halbzeitshow von Top-Scorer Edwards ein Schlüsselfaktor für den wichtigen Sieg.
Carsen Edwards: 27 Punkte in knapp 17 Minuten
Der US-Amerikaner, der in seiner zweiten Bayern-Saison Europa richtig aufmischt, verblüffte selbst seinen Ex-Coach Laso. “Carsen war unglaublich, er hat alles getroffen – von überall”, sagte der Spanier. Begonnen hatte der 26-Jährige erst in der 24. Minute, davor stand die Null, nichts klappte. Dann aber explodierte Edwards förmlich und machte mit irrwitzigen Dreiern und akrobatischen Durchbrüchen noch 27 Punkte in knapp 17 Minuten.
“Ich muss mental in einem besseren Zustand sein, wenn ich ins Spiel gehe”, sagte Edwards, der in der Euroleague bei einem Schnitt von 20,4 Punkten steht, selbstkritisch, “aber ich habe es dann noch gedreht”. Herbert stimmte zu: “Carsen war in der ersten Halbzeit nicht da, aber dann hat er es geradegerückt in den letzten 17 Minuten.”
Bayerns Hauptsponsor Bernd Siegmund plötzlich verstorben
Im Übrigen waren dies an einem Abend, in den sich auch die Trauer über Bayerns plötzlich verstorbenen Hauptsponsor Bernd Siegmund (†68) mischte, die 17 Minuten, mit denen Herbert besonders einverstanden war. “Mir hat die Reaktion gefallen. Wir haben Energie gehabt, wir waren engagiert, aktiv, alles war deutlich besser”, urteilte der 65-Jährige und nahm die beiden Niederlagen davor als Referenz. Das Duell mit dem Gegner aus dem Baskenland sei ein “Must-win”-Spiel gewesen, um wieder auf den richtigen Leistungsweg zu finden.
Herbert wurde nicht müde, neuerlich auf das Defensivverhalten hinzuweisen. “Unsere Verteidigung ist noch eine Baustelle”, verdeutlichte der Coach und nahm sich mit in die Haftung – für die schludrigen Trainingsleistungen, das unzureichend aggressive Spiel im Rückwärtsgang, die zahlreiche Punktegeschenke: “Es ist mein Fehler, dass wir vom Weg abgekommen sind. Alle müssen defensiv spielen.”
Eben auch ein Offensivkünstler wie Edwards, der in seiner ersten Bayern-Spielzeit unter Laso zu oft ungestüm agierte, aber dann in den Playoffs schon zur Top-Form aufgelaufen war. “Es geht darum”, sagte gebürtige Texaner über sein Verhältnis zu Herbert, “dass jemand an dich glaubt, und das weiß ich zu schätzen.” Er ist nicht der erste Bayern-Profi, der dies hervorhebt.