DFB-Pokal: Stuttgart siegt in Braunschweig nach zwanzig Elfmetern – Sport | ABC-Z

Pokalsieger VfB Stuttgart hat sich auch im dritten Pflichtspiel der Saison als verwundbares Wesen erwiesen – aber nach einer erinnerungswürdigen Pokalschlacht beim Zweitligisten Eintracht Braunschweig die zweite Runde des DFB-Pokals erreicht. Nach einem 4:4 (3:3, 1:1) in 120 Minuten, die ein einziger Gesang an die Pokalromantik und den dramatischen Kampf der Underdogs war, waren 20 Elfmeter vonnöten, um einen Sieger zu ermitteln. Zum Helden des Elfmeterschießens wurde ausgerechnet Torwart Alexander Nübel, der drei Schüsse der Braunschweiger vom Elfmeterpunkt parierte, nachdem er zu Beginn der Partie böse gepatzt hatte. Stuttgart konnte durch das 8:7 im Elfmeterschießen nach den Pleiten im Supercup gegen den FC Bayern und in der Liga gegen Union Berlin einen Fehlstart in die Saison abzuwenden.
Es stand fast vom Start weg fest, dass die Partie in Braunschweig für die Stuttgarter ein Unterfangen werden würde, das steiler würde als der Tourmalet. Ausgang dessen war die überraschende Führung der Braunschweiger, die laut Protokoll Eintracht-Kapitän Sven Köhler gutgeschrieben wurde. Aber im Grunde das Werk von VfB-Torwart Alexander Nübel war.
:Ein Neuer soll noch kommen, ein neuer Gnabry ist schon da
Während der Klub einen weiteren Transfer plant, deutet Serge Gnabry an, dass er noch immer ein wichtiger Faktor für die Münchner Offensive sein kann. Überzeugt er diesmal konstant?
Köhler hatte aus knapp 30 Metern abgezogen, doch Nübels Hände klappten nach hinten, als wäre er nicht ein DFB-Keeper aus Fleisch und Blut, sondern ein Mannequin mit biegsamen Extremitäten. Keine vier Minuten später schien Nübel aufatmen zu können. Denn da lenkte Stuttgarts Mittelstürmer Demirovic eine Flanke von Maximilian Mittelstädt per Kopf an den linken Innenpfosten, der Ball sprang von dort zum Ausgleich ins Tor.
Die Stuttgarter, die im Vergleich zur Bundesliga-Niederlage mit fünf Wechseln aufwarteten, taten sich in der Folge schwer, Autorität walten zu lassen. Der Klassenunterschied war zwar immer wieder mal zu erahnen, wurde aber durch den nie erlahmenden Mut, die Intensität und die Konzentration des Zweitligisten immer wieder verwischt.
Die Stuttgarter, die anfangs unter anderen auf Nick Woltemade verzichteten, erarbeiteten sich allenfalls Halbchancen, bis nach gut einer halben Stunde Hoffmann gegen den französischen Zugang Lorenz Assignon retten musste. Die letzten Gelegenheiten der ersten Halbzeit gehörten allerdings den Braunschweigern. Erst traf Erencan Yardimci das Außennetz (41.), dann bewies Nübel, dass er sich vom Fauxpas erholt hatte: Er parierte einen Flachschuss Köhlers (45.+3).

Nach der Pause machten die Braunschweiger nicht die geringsten Anstalten, einen Schritt zurückzutun. Im Gegenteil. Yardimci tauchte gleich zweimal in aussichtsreicher Position am und im Strafraum auf; beim ersten Mal wurde er von Finn Jeltsch am Sechzehner irregulär, aber straffrei gestoppt (53.); beim zweiten Mal stocherte er den Ball an Nübel und dem Stuttgarter Tor vorbei (54.). Nach knapp einer Stunde dann schien Demirovic mit seinem zweiten Treffer den Keim der Hoffnung der Eintracht zu zertreten. Er drückte einen Querpass des in den Strafraum vorgedrungenen Angelo Stiller über die Linie.
Dieser Treffer gab den Stuttgartern ein höheres Maß an Sicherheit. Der Ball zirkulierte weniger besser durch die VfB-Reihen als zuvor. Zur 71. Minute wechselte Stuttgarts Coach Sebastian Hoeneß zwei Nationalspieler aus und zwei ebensolche ein. Für Deniz Undav und Chris Führich kamen Woltemade und Jamie Leweling (71.). Doch kurz danach glich Fabio di Michele Sánchez mit einem satten Schuss aus spitzem Winkel die Partie wieder aus (77.). Nach einer weiten Flanke von der rechten Seite hatte er allein vor Torwart Nübel gestanden – und den Ball mit einer solchen Wucht ins Netz gedroschen, dass jeder Abwehrversuch sich lebensgefährlich ausnahm. Der Ball flog so nahe an Nübels Kopf vorbei, dass Forensiker vermutlich Schmauchspuren gefunden hätten.
Fünf Minuten vor Ende der regulären Spielzeit ließ Di Michele Sánchez einen weiteren Streich folgen. Wieder landete der Ball zu Füßen des Mittelfeldspielers; wieder jagte er den Ball mit Wucht ins Stuttgarter Netz, diesmal aber in die lange Ecke (85.).
Woldemade setzt den Ball fast aus dem Stand unter die Latte
Doch auch das war nicht der Schlusspunkt. Denn nach einem konfusen Angriff der Stuttgarter landete der Ball am Fünfmeterraum der Braunschweiger bei Woltemade. Der vom FC Bayern umschwärmte Stürmer stürzte, stand auf und setzte den Ball quasi aus dem Stand, im Stile einer Tipp-Kick-Figur, unter die Querlatte (88.). In der Nachspielzeit hatte es Demirovic auf dem Fuß, die Verlängerung zu verhindern. Doch nach glänzender Vorarbeit von Woltemade setzte er den Ball aus kurzer Distanz neben das Tor.
Die erste Szene der Verlängerung aber brachte die neuerliche Führung der Stuttgarter. Tiago Tomás setzte sich mit einem magischen Fersentrick an der Grundlinie durch und passte den Ball scharf vors Tor; Sanoussy Ba beförderte den Ball ins eigene Netz. Wer meinte, die Braunschweiger wären damit gebrochen, sah sich getäuscht. Sie blieben rebellisch. Sie setzten erst einen Kopfball von Lukas Frenkert an die Unterkante der Querlatte und erzielten doch noch den Ausgleich – durch Chris Conteh, der sich um die eigene Achse drehte und dadurch freie Bahn hatte, um Nübel aus sechs Metern zu überwinden. 4:4!
Conteh und Johan Gomez hätten in der Nachspielzeit der ersten Hälfte der Verlängerung fast noch einen draufgesetzt; in den letzten 15 Minuten setzten sich die Stuttgarter in der Braunschweiger Hälfte weitgehend fest. Doch die Platzherren bissen sich, von Krämpfen geschüttelt, an der Aussicht auf eine Sensation fest. Und sie verdienten sich ein Elfmeterschießen. Der zehnte, tragische Schütze der Braunschweiger war Lukas Frenkert, er scheiterte an Nübel. Dann trat Lorenz Assignon an und verwandelte, zum 8:7 im Elfmeterschießen, das unvergesslich bleiben dürfte.