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DFB-Frauen in der Nations League: Endlich mal wieder ein Finale – Sport | ABC-Z

Dieses Spiel war im Prinzip schon durch, und genau dieses Gefühl wurde den deutschen Nationalspielerinnen wohl zum Verhängnis. Beim Stand von 2:1 in der zweiten Halbzeit waren sie es gewesen, die dem Tor im Halbfinal-Rückspiel der Nations League nah waren. Abseits, Latte, hatte nicht geklappt, war aber irgendwie auch nicht so schlimm, sie führten schließlich, im Gesamtergebnis sogar mit zwei Toren. Aber die Unaufmerksamkeit, die dann für einen Moment die Kontrolle übernahm, war gefährlich. Die schnelle Kadidiatou Diani setzte sich gegen Giulia Gwinn durch und konnte den Ball über die Defensive hinweg flanken. Und hinten, auf der anderen Seite der Abwehrkette, lauerte Clara Mateo, die völlig unbewacht zum 2:2 einnicken konnte.

Sieben Minuten Nachspielzeit folgten. Sieben lange Minuten voller Adrenalin, hochgetrieben von den Angriffen der Französinnen. Aber dieses eine Tor, das sie in die Verlängerung gebracht hätte, sollte ihnen nicht mehr gelingen, es blieb beim 2:2 – was nach dem 1:0 im Hinspiel den Einzug ins Finale gegen Titelverteidiger und Weltmeister Spanien am 28. November in Kaiserslautern und am 2. Dezember in Madrid bedeutet. „Wir hätten es cleverer zu Ende spielen können und müssen“, sagte Bundestrainer Christian Wück im ZDF. „Wir haben zwei schöne Tore gemacht. Wir müssen aber in einigen Situationen abgeklärter sein. Aber großer Respekt an die Mannschaft. Die Entwicklung, die sie seit Oktober 2024 gemacht hat, die habe ich mir erhofft.“ Sein Team spielt nun um den ersten Titel seit der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2016.

Bevor es losging, hatte Wück eine „stürmische“ gegnerische Mannschaft erwartet, darin aber auch eine Chance gesehen: „Wir wissen, dass eine Mannschaft, die wütend ist, möglicherweise auch Fehler macht. Und möglicherweise auch Räume aufgibt, die wir dann nutzen wollen.“ Stürmisch und wütend waren die Französinnen dann tatsächlich, das mit den Räumen ging zunächst allerdings weniger auf. Von Anfang an unterstrichen die Gastgeberinnen, dass sie an diesem Abend anders auftreten würden als im Hinspiel, das die Deutschen dominiert hatten. Melvine Malard war schon damals zweimal nah dran am Ausgleich gewesen, nun gelang ihr die Führung. In der dritten Minute überrumpelten die Französinnen die Deutschen über die linke Seite, nach einer herausragenden Flanke von Salma Bacha auf Malard traf sie aus kurzer Distanz per Kopfball.

Wück bleibt bei seinem System, nur Janina Minge rotiert in die Startelf

Der Treffer verunsicherte Wücks Spielerinnen, die Französinnen machten weiter Druck. Die ersten zehn Minuten ging das so, bis zum Befreiungsschlag durch Nicole Anyomi. Jule Brand konnte mit dem Ball erstaunlich unbedrängt Richtung Strafraum gehen und sah dort die Stürmerin von Eintracht Frankfurt. Anyomi drehte sich geschickt um die eigene Achse, bevor sie dann in der zwölften Minute mit links platziert ins linke obere Eck traf. Statt den Ausgleich – und insgesamt also die Führung nach Hin- und Rückspiel – ausgiebig zu bejubeln, folgte direkt eine Ansage von Kapitänin Giulia Gwinn, weil klar war, dass das hier eine andere Herausforderung werden würde als beim ersten Wiedersehen nach dem Viertelfinale der Europameisterschaft.

Im Hinspiel in Düsseldorf vergangenen Freitag war, wie schon bei der EM in der Schweiz, die Effizienz das große Problem der DFB-Frauen gewesen. Chancen gab es genug, allein für die von Klara Bühl und Sjoeke Nüsken brauchte man zwei Hände zum Abzählen. Dass nur eine davon durch Bühl genutzt wurde, lag an mangelnder Präzision und fehlender Entschlossenheit, wenn lieber nochmal quergelegt statt selbst abgeschlossen wurde. Immerhin der Spielfluss aber lief besser als im Sommer und passte zur offensiven, auf Ballbesitz ausgelegten Fußballidee des Bundestrainers. Und so beließ Wück seine Aufstellung weitestgehend, mit Brand als neu entdeckter Zehn. Lediglich auf der rechten Innenverteidiger-Position wechselte er die zuvor gelbgesperrt fehlende Janina Minge für Kathrin Hendrich ein.

Nicole Anyomi (rechts) bekam von Bundestrainer Wück das Vertrauen und rechtfertigte ihre erneute Startelfnominierung.
Nicole Anyomi (rechts) bekam von Bundestrainer Wück das Vertrauen und rechtfertigte ihre erneute Startelfnominierung. (Foto: Alex Bierens de Haan/Getty Images)

Dass sie nun erst recht konsequent mit ihren Chancen umgehen sollten, wurde direkt nach dem 1:1 deutlich. Die Französinnen mussten nach der Hinspiel-Niederlage alles reinwerfen, das taten sie mit und auch ohne Ball, mit Tempo und guten Kombinationen. Nach einem Steilpass preschte Sakina Karchaoui quasi auf die Führung zu, wurde aber geblockt von Keeperin Stina Johannes. Und dann ging es derart häufig aufs deutsche Tor, dass Wück an der Seitenlinie ordentlich wütete. Einen Schuss von Malard parierte Johannes reaktionsschnell (32. Minute), ihr nächster Versuch verfehlte das Ziel knapp (35.), bei Delphine Cascarino ging die Fahne zum Abseits hoch (38.). An ihr zeigte sich auch der veränderte Auftritt: Cascarino bereitete Linksverteidigerin Franziska Kett diesmal deutlich mehr Probleme, in der 43. Minute ließ die 21-Jährige sich zu leicht von der Französin ausspielen, wieder rettete Johannes.

Als schon viel danach aussah, als würden die Zuschauer im Stadion Michel d’Ornano von Caen demnächst jubelnd aufspringen, brachte die Pause die Wende – und wie schon im Hinspiel einen Klara-Bühl-Moment. Élisa De Almeida gab sich viel Mühe, die deutsche Flügelspielerin unter Kontrolle zu bekommen, aber sie rutschte kurz weg. Dadurch wiederum war Bühl im Vorteil, sie verzögerte und zog dann auf die für sie typische Art aus spitzem Winkel ab. Torhüterin Pauline Peyraud-Magnin riss den Arm hoch, aber keine Chance: Der Ball donnerte an die Unterkante der Latte und dann hinter die Linie zum 2:1 (50.).

Gut 20 Minuten später war Bühl wieder entscheidend an einer guten Szene beteiligt, wieder ließ sie De Almeida stehen, diesmal allerdings, um im genau richtigen Moment auf Anyomi zu passen. Und wie bei ihrem ersten Treffer verarbeitete Anyomi den Ball fein: Erst überlistete sie Griedge Mbock Bathy und schlenzte dann ins rechte Eck. Allein, in der Nations League gibt es auch bei den Frauen einen Videoassistenten, und der meldete sich: Bühl hatte sich minimal im Abseits bewegt. Die eingewechselte Selina Cerci (Latte) und im Nachschuss Nüsken (rechts vorbei) waren in der 74. Minute verdammt nah dran am 3:1. Dann meldete sich Frankreich eiskalt zurück. Aber auf dieses Tor sollte es an diesem Abend nicht mehr ankommen.

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