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Deutschlandtag: Die Junge Union fordert Friedrich Merz heraus – Politik | ABC-Z

Dass dieser Deutschlandtag für den Bundeskanzler kein einfacher werden wird, zeigt sich schon bei der Eröffnung. Die Vertreter der Jungen Union sind am Freitagabend im Europapark Rust zu ihrem jährlichen Treffen zusammen gekommen. Und es beginnt mit einem Film, der eingespielt wird. „Wir haben uns den Arsch abgefroren. Wir haben alles rausgehauen. Wir sind stehengeblieben, als der Sturm losging“, sagt JU-Chef Johannes Winkel in dem Einspieler über den Bundestagswahlkampf und den Einsatz seiner Jugendorganisation. Um dann ziemlich dramatisch zu fragen: „Und jetzt?“

„Und jetzt?“, in dieser Frage schwingt die ganze Enttäuschung der Jungen Union über das Rentenpaket der Bundesregierung mit. Es sei fünf vor zwölf, sagt Winkel in dem Film. Der Sozialstaat müsse dringend erneuert werden, weil immer weniger Junge immer mehr Ältere finanzieren müssten und deshalb das Gefühl hätten, selbst später leer auszugehen. „Dieses System frisst unsere Zukunft auf, wenn wir nicht endlich den Mut haben, es grundlegend zu erneuern.“ Aber genau diesen Mut zu Reformen sieht die JU bei ihrem Kanzler nicht – trotz aller Versprechen von Merz im Wahlkampf.

Merz hat das Thema nicht ernst genug genommen

Der JU-Chef hatte Merz bereits während der Koalitionsverhandlungen in einem SZ-Interview gewarnt: „Die CDU ist kein Kanzlerwahlverein mehr.“ Und schon damals ging es Winkel vor allem um die Generationengerechtigkeit im Allgemeinen und die Rentenpolitik im Besonderen. Die „Demografie ist die Mutter aller Probleme in Deutschland“, sagte Winkel damals.

Entsprechend entsetzt waren er und seine Junge Union, als das Bundeskabinett im Sommer einen Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zur Rentenpolitik billigte. Einen Gesetzentwurf, der nach Ansicht der Jungen Union sogar noch über die schmerzhaften Kompromisse im Koalitionsvertrag hinausgeht. Und zwar mit Mehrkosten von fast 120 Milliarden Euro.

Wochenlang haben Winkel und seine Mitstreiter ihre Kritik daran intern angebracht, in fast jeder denkbaren Runde. Und sie haben gefragt, wie es passieren konnte, dass Merz und die Unionsminister das Paket gebilligt haben. Hatte das Kanzleramt den Gesetzentwurf nicht ausreichend geprüft? Aber Merz hat das Thema offensichtlich nicht ernst genug genommen.

Mitte Oktober hatte die Junge Gruppe in der Unionsfraktion dann einen Beschluss gegen das Rentenpaket gefasst und öffentlich werden lassen. „In seiner jetzigen Ausgestaltung nicht zustimmungsfähig“ sei das Paket im Bundestag, heißt es darin. Seitdem hat Merz ein gewaltiges Problem. 18 Mitglieder hat die Junge Gruppe, die Regierung im Parlament aber nur zwölf Stimmen Mehrheit.

Winkel erinnert an die jahrelange Unterstützung für Merz

Am vergangenen Wochenende wurde dann bekannt, dass Merz in der Angelegenheit nicht in den Streit mit der SPD gehen will. Dass er aus Sicht der JU klein beigibt. Seitdem sind sie in der JU erst recht auf den Zinnen. Auch weil sie von der Einstellung des Kanzlers nicht direkt, sondern durch einen Bericht der Bild-Zeitung erfahren haben.

Im Europapark Rust warten am Freitagabend deshalb alle auf den Auftritt von Winkel. Eine gute Stunde nach dem Einspielfilm geht er ans Redepult. Wird er hart bleiben? Und damit Merz noch weiter in die Bredouille bringen?

Aber Winkel erinnert erst einmal daran, wie die Junge Union Merz auf dem Deutschlandtag 2024 in Halle gefeiert habe. Beim Einlauf von Merz in die Halle und seiner Rede habe er „die geilste Stimmung“ erlebt, die er je auf einer solchen Veranstaltung habe erleben dürfen, sagt Winkel. Und er erinnert daran, wie stark die Junge Union Merz auf seinem Weg zurück an die Spitze immer unterstützt habe. Das habe bereits im Oktober 2018 begonnen. An dem Tag, an dem Angela Merkel angekündigt habe, sich zurückziehen zu wollen. Und an dem Merz erklärt habe, für den CDU-Vorsitz kandidieren zu wollen.

2019 habe er auf dem damaligen Deutschlandtag selbst designte und bezahlte Schilder mit der Aufschrift „Mehr Sauerland für Deutschland“ mitgebracht, sagt Winkel. Und auch in all den weiteren Jahren habe die Junge Union Merz immer unterstützt – bis er dann endlich im dritten Anlauf CDU-Chef geworden sei. Ohne die Junge Union wäre Merz nicht Parteivorsitzender und ohne den Parteivorsitz nicht Kanzlerkandidat geworden, sagt Winkel. Und ohne den großen Einsatz der JU hätte die CDU die Bundestagswahl nicht gewonnen.

Der JU-Chef will mehr Selbstbewusstsein gegenüber der SPD

Winkel zeigt sich damit als loyaler Unterstützer von Merz. Und gleichzeitig macht er ihn fast zum Kanzler von Gnaden der Jungen Union. Es ist eine starke Ansage.

In der Sache macht Winkel dann keinerlei Konzessionen. Er verweist auf die ehemaligen SPD-Minister Ulla Schmidt und Franz Müntefering, die anders als Bas für Reformen gestanden und das auch gerade erst wieder in Interviews bekräftigt hätten. Und er erinnert den Kanzler an einen Satz, den er am Dienstag bei seiner Feier zum 70. Geburtstag selbst gesagt habe. Dass er Politik mache, um den Kindern und Enkeln ein Land zu hinterlassen, in dem auch diese noch eigene Gestaltungsspielräume hätten.

Genau das sei auch der politische Anspruch der Jungen Union, sagt Winkel. Entscheidungen für die junge Generation in Deutschland. Winkel erwartet deshalb jetzt ein selbstbewussteres Auftreten seiner Partei gegenüber der SPD in der Rentenpolitik. „Wir stellen den Kanzler“, sagt er. Und die CDU habe die Wahl gewonnen. „Die SPD bestimmt nicht die Richtlinien der Politik. Und das müssen wir einfordern.“

Es ist 21.03 Uhr, als Winkel den Satz sagt, auf den alle gewartet haben: „Dieses Rentenpaket, mit den Folgekosten von 120 Milliarden Euro über den Koalitionsvertrag hinaus, das darf auf keinen Fall so kommen.“ Er erhält dafür sehr langen Applaus.

An diesem Samstag kommt Merz zum Deutschlandtag. Es wird ein schwerer Auftritt werden. Auch weil Winkel am Freitagabend seine Rede mit einer deutlichen Aufforderung beendet. Eines sei doch klar, sagt der JU-Chef: „Friedrich Merz konnte sich immer auf die Junge Union verlassen. Und jetzt, in dieser Frage, verlässt sich die Junge Union Deutschlands auf Friedrich Merz.“

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