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Deutschland benötigt sichere Stromversorgung: Bericht der Bundesnetzagentur – Wirtschaft | ABC-Z

Als der Bericht der Bundesnetzagentur in die Welt geht, ist die zufälligerweise völlig in Ordnung. Die Sonne scheint, der Wind weht ordentlich, und am Mittwochmittag versorgt sich Deutschland zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie.  Das ist aber natürlich nicht immer so, und deswegen gibt es auch den „Versorgungssicherheitsbericht“ der Bonner Behörde. Er soll darlegen, was für eine sichere Stromversorgung in den kommenden zehn Jahren nötig ist. Die Antwort, ganz kurz: einiges.

Zwei Szenarien hat die Netzagentur untersucht, der Ausbau des Systems Ökostrom ist darin der Schlüssel. Ein „Zielszenario“, in dem alles läuft wie geplant. Und eines mit einer „verzögerten Energiewende“. Der Bericht liegt der Süddeutschen Zeitung vor. In beiden Fällen braucht es zusätzliche Kapazitäten, die schnell Strom ins deutsche Netz einspeisen können, sei es aus Gaskraftwerken oder Speichern. Der Unterschied ist gigantisch: Läuft alles wie geplant, braucht es Kapazitäten von 22 Gigawatt Leistung. Läuft es nicht, mehr als 50 Prozent mehr, nämlich 35,5 Gigawatt. Ein Gigawatt sind 1000 Megawatt, und so viel wiederum bringen zwei bis drei große Gaskraftwerke, ein großer Pumpspeicher oder zehn sehr große Batteriespeicher. Alle nötigen Anlagen müssten bis 2035 ans Netz gehen, damit die Energiewende gelingt – und der Kohleausstieg auch.

Verzögerungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien, so heißt es gleich zu Beginn des 73-seitigen Dokuments,  „beeinflussen auch das Versorgungssicherheitsniveau“. Der Satz danach klingt wie eine Warnung an alle, denen das Tempo derzeit zu hoch erscheint: „Somit trägt ein weiterhin dynamischer Ausbau erneuerbarer Energien auch zur Versorgungssicherheit bei.“

Der Bericht könnte Wirtschaftsministerin Reiche zupass kommen

Auch die Flexibilisierung der Nachfrage sei nicht zu unterschätzen. So könnten Wärmepumpen, Elektroautos oder die Herstellung und Verwendung von grünem Wasserstoff „einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten“, heißt es in dem Bericht. Dadurch nämlich, dass sie Strom vor allem dann beziehen, wenn er gerade im Überfluss vorhanden ist – aber immer dann ihre Nachfrage zurückfahren oder gar welchen einspeisen, wenn Strom knapp ist. Dafür müssten allerdings die „infrastrukturellen und marktlichen Voraussetzungen“ geschaffen werden. Oft scheitert derlei Flexibilität schon daran, dass die nötigen Preissignale nicht ankommen, etwa durch smarte Stromzähler. „Der Bericht zeigt, wer Erneuerbare abbremst, der erhöht das Versorgungsrisiko“, sagt der Grünen-Energiepolitiker Michael Kellner. Das Wirtschaftsministerium müsse nun rasch den Weg für Kraftwerke bereiten, die mit grünem Wasserstoff laufen.

Ob das Bundeswirtschaftsministerium den Bericht auch so auffasst, ist allerdings eine andere Frage. Er zeige, „dass wir Handlungsbedarf haben“, sagte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) am Mittwoch. „Insbesondere neue Gaskraftwerke“ müssten nun gebaut werden – wie es auch der Koalitionsvertrag verlangt. Dort haben sich Union und SPD vorgenommen, neue Gaskraftwerke mit 20 Gigawatt Leistung zu bauen. So gesehen könnte Reiche der Bericht durchaus zupass kommen, als Argument auch gegenüber der EU-Kommission. Sie müsste den Kraftwerksplänen zustimmen.

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