Deutschland bei der Hockey-EM: Zwischen Neuanfang und Abschied | ABC-Z

Für die DHB-Frauen ist die Hockey-EM in Mönchengladbach das erste nach einem personellen Umbruch. Die deutschen Männer träumen beim Abschiedsturnier ihres Kapitäns vom Titel.
Wenn die deutschen Hockeyspielerinnen am Samstag gegen Frankreich in die Heim-EM starten, dann ist fast alles anders als bei Turnieren in vergangenen Jahren. Von 16 Feldspielerinnen haben nur sieben im aktuellen EM-Kader die Olympischen Spiele in Paris im vergangenen Jahr bestritten. Sieben Spielerinnen geben im Hockeypark ihr EM-Debüt.
Nach den Sommerspielen hatten mit Nike Lorenz, Anne Schröder, Charlotte Stapenhorst, Cécile Pieper, Viktoria Huse und Kira Horn sechs Leistungsträgerinnen ihre internationale Karriere beendet.
“Dieser Umbruch ist natürlich herausfordernd. Langjährige Bestandteile des Teams fehlen jetzt, mit denen man zahlreiche Turniere bestritten hat. Andererseits werden dadurch auch neue Rollen geschaffen”, sagt Selin Oruz, die bereits ihr sechstes EM-Turnier spielt. Die Ärztin hatte nach den Olympischen Spielen berufsbedingt pausiert und war wegen einer Handverletzung später als geplant in das neu formierte Team zurückgekehrt.
Janneke Schopman – plötzlich Bundestrainerin
Doch nicht nur Spielerinnen gingen: Ende des vergangenen Jahres hatte Bundestrainer Valentin Altenburg überraschend seinen Rücktritt verkündet. “Ein komplett neues Trainerteam und Staff gestaltet so eine Neuformierung des Teams natürlich noch komplexer für diejenigen, die länger dabei sind”, sagt Oruz, die dem Neuanfang aber trotz aller Herausforderungen “sehr positiv” gegenübersteht.
Seit neun Monaten ist die gebürtige Niederländerin Janneke Schopman die neue Bundestrainerin. Als sie kurzfristig den Posten von Altenburg übernahm, war sie knapp einen Monat im DHB als technische Leiterin der Jugend angestellt. Zuvor hatte sie die indische Nationalmannschaft trainiert und war in der Olympia-Quali noch an Deutschland gescheitert.
Für die deutsche Hockey-Nationalmannschaft der Frauen, die bei der letzten Heim-EM 2023 Bronze holten, stehe vor allem die Entwicklung bei diesem Turnier im Vordergrund. Der Fokus liege auf dem ersten Gruppenspiel gegen Frankreich. “Wir sind für jeden bereit, der da kommt”, sagt Bundestrainerin Schopman, die bis kurz vor dem Turnier mit dem Team bei einem Lehrgang akribisch an Inhalten gearbeitet hatte. In der Gruppe spielt Deutschland gegen Topfavorit und Olympiasieger Niederlande sowie gegen Irland.
“Wir sind hier, um jedes Spiel zu gewinnen. Ich würde nicht sagen: Wir können das nicht, wir sind zu jung. Genauso sage ich nicht: Wir müssen gewinnen”, so Schopman: “Aber wir können und müssen sehen, wie konsequent wir das im Turnier umsetzen können.”
Deutschlands Hockey-Männer zählen zu den Titelfavoriten
Auch bei den deutschen Männern gab es einen Umbruch, wenn auch deutlich kleiner. “Ich empfinde große Neugier und Vorfreude, viele Leute werden in neue Positionen und Rollen reinkommen”, sagt Männer-Bundestrainer André Henning: “Wir führen aktuell viele Gespräche untereinander und mit den Jungs. Sie besprechen miteinander, was sie als Spieler, aber auch als Persönlichkeit voneinander brauchen.”
Die DHB-Männer gelten allerdings mit einem Dutzend Weltmeistern von 2023 im Team und als Silbermedaillengewinner von Paris als Mitfavorit auf den Titel. Verzichten muss Henning auf die zurückgetretenen Leistungsträger Niklas Wellen, Mathias Müller und Marco Miltkau, außerdem auf Torjäger Christopher Rühr, der wegen seines Medizinstudiums auf das Turnier verzichtet.
Mats Grambusch – der Kapitän tritt ab
Ein weiterer Abschied naht außerdem: Kapitän Mats Grambusch wird das letzte Mal bei einem Turnier für die Nationalmannschaft auflaufen. Nachdem er nach den Olympischen Spielen seine Zukunft im Nationalteam zunächst offen gelassen hatte, feiert der 32-Jährige nun seinen letzten Auftritt in seiner Heimatstadt.
Die Goldmedaille wäre ein gebührender Abschied und ein gelungener Auftakt für die vier EM-Debütanten Raphael Hartkopf, Erik Kleinlein, Paul Kaufmann und Michel Struthoff.
Henning will aber auf keinen der Youngster besonderes Augenmerk legen: “Wir sind keine Mannschaft, die sich auf zwei, drei Leute verlassen muss. Es war schon immer eine deutsche Stärke, dass alle Spieler in der Lage sind, im Spiel den Unterschied zu machen.” Vielmehr werde es darauf ankommen, “wie mental stark wir als Team unter Druck sind.”
Bundestrainer Henning: “Nur eine Logik: ein Turnier gewinnen”
Bei der letzten Heim-EM hatte das nicht funktioniert: Die deutschen Männer gingen mit Platz vier leer aus. Favorit ist wie bei den Frauen die Niederlande, die auch bei den Männern Olympia-Gold holten. Für Hennings Spieler geht es heute Abend, wie auch bei den Frauen, zuerst gegen Außenseiter Frankreich. Im zweiten Gruppenspiel wartet Vize-Europameister England, zuletzt dann Polen.
Für beide deutschen Teams liegt der letzte EM-Titel bereits zwölf Jahre zurück, 2013 feierte der DHB Doppel-Gold in Belgien. Während die Zielausschreibung bei den deutschen Spielerinnern vage bleibt, ist sie für Henning und seine DHB-Männer klar: “Wir haben stets nur eine Logik: ein Turnier gewinnen.”