Politik

Deutsch-chilenische Sekte: Chilenische Regierung plant Teilenteignung von Colonia Dignidad | ABC-Z

Die chilenische Regierung plant eine teilweise Enteignung der ehemaligen deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad. Einen entsprechenden Plan stellte Justizminister Jaime Gajardo bei einer Pressekonferenz in der Stadt Parral vor. Demnach sollen fünf Bereiche und dazugehörende Verbindungswege innerhalb der 183 Hektar großen Landfläche enteignet werden. Der Minister für Wohnungsbau, Carlos Montes, kündigte an, die Regierung werde den Ort in ein nationales Erinnerungszentrum umwandeln.

Von den Plänen betroffen sind das Zentrum der Siedlung mit dem Wohnhaus des Sektenführers Paul Schäfers, ein als Folterzentrum genutzter Kartoffelkeller und das siedlungseigene Krankenhaus, in dem Siedlungsbewohner unter Zwangsmedikation gestellt wurden.

Siedlungsbewohner kritisieren Enteignungspläne

Seit 2017 existiert eine deutsch-chilenische Expertenkommission, die unter anderem die Umwandlung der zentralen Gebäude in eine Gedenkstätte vorgeschlagen hat. 2019 stimmte Deutschland zudem Entschädigungszahlungen an Opfer Schäfers zu. 

Ein Teil der Siedlungsbewohner lebt bis heute auf dem Gelände und betreibt unter anderem einen Restaurant- und Hotelbetrieb in den Häusern, die enteignet werden sollen. Bereits im Vorfeld hatten sie kritisiert, dass ihnen als Opfer Paul Schäfers durch die Enteignung ein wichtiger Lebensunterhalt entzogen werde.

Die Aktivistin Karen Cea von der Menschenrechtsorganisation für Erinnerung und Menschenrechte in der Colonia Dignidad sprach dagegen gegenüber der Nachrichtenagentur epd von einem historischen Schritt. Ihre Organisation habe lange Zeit dafür gekämpft, diesen Ort öffentlich zugänglich zu machen.  

Steinmeier reist nach Chile

Die Ankündigung der Regierung erfolgte kurz vor einem Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Chile. Dieser hatte 2016 als damaliger Außenminister erstmals eine historische Schuld des Auswärtigen Amtes am langen Bestehen der Siedlung eingestanden.

Die Colonia Dignidad, zu Deutsch „Siedlung der Würde“, wurde 1961 von Paul Schäfer gegründet. Zwangsarbeit und Missbrauch gehörten zum Alltag der Siedlungsbewohner. Schäfer unterstützte aktiv den Militärputsch von 1973 und verwandelte die Siedlung während der Diktatur von 1973 bis 1990 in ein geheimes Folterzentrum. Etwa 100 Menschen wurden in der Colonia Dignidad ermordet.

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