Detektivarbeit: Bad Tölz beschäftigt eigene Fördermittel-Beauftragte – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Einen Job im stillen Kämmerlein hat Martina Eckl nicht angestrebt. Aber als Halbtagskraft, die sich ausschließlich um Fördermittel kümmert, hat sie einen einsamen Arbeitsplatz im Tölzer Rathaus bekommen – möchte man meinen. Stimmt aber nicht, sagt die 28 Jahre alte Diplom-Verwaltungswirtin. „Die Stelle hört sich trocken an, aber ich habe viel mit Kollegen zu tun.“ Sie redet mit den Hochbautechnikern, die ein Projekt planen, tauscht sich mit externen Fachplanern aus, verhandelt mit diversen Bewilligungsstellen für Fördergelder. „Ich finde es spannend“, sagt die Fördermittel-Beauftragte.
Seit Oktober 2024 gibt es diese ungewöhnliche Stelle in der Stadtverwaltung. Der Grund dafür war, dass sich die Förderprogramme der Europäischen Union, des Bundes und des Freistaats in vergangenen zehn bis 15 Jahren geradezu dschungelartig verdichtet haben, nicht zuletzt auf den Themenfeldern Energie und Klima. „Es gibt immer mehr Verfahren, immer mehr Richtlinien“, sagt Stadtkämmerin Silke Furmanek, die sich zuvor meist um diese Finanzierungshilfen gekümmert hat, auch als sie noch Stellvertreterin ihres Vorgängers Hermann Forster war. Den rechten Weg in dieser zunehmend unübersichtlichen Landschaft zu finden, frisst jedoch viel Arbeitszeit. Nicht nur in der Kämmerei, auch in anderen Abteilungen des Rathauses.
Die Aufgabe von Martina Eckl besteht zunächst in klassischer Recherche
„Ein Grund für die Stelle war, dass da jemand ist, der alles sortiert und die Kollegen entlastet“, sagt Birte Stahl, Pressesprecherin der Stadt. Martina Eckl ist gebürtige Tölzerin, hat nach dem Abitur von 2016 bis 2019 an der Beamtenfachhochschule in Hof ein duales Studium absolviert und arbeitete danach im Bauamt der Stadt Bad Tölz. Sie sei also gleichsam ein Eigengewächs der Stadtverwaltung, sagt Stahl. Und darauf sei man schon ein wenig stolz.
Für Kommunen ist es Pflicht, wo immer möglich, Förderungen in Anspruch zu nehmen. Wie viel Geld durch Eckls Arbeit für den städtischen Haushalt bereits eingespart wurde, lässt sich nicht beziffern. Dafür wäre ein halbes Jahr auch viel zu kurz.
Bad Tölz steht mit seinem Haushalt gut da, verglichen mit Kommunen, die ihren Etat kaum oder nicht mehr ausgleichen können. Aber auch für Bad Tölz gilt: Ohne Förderung wären so manche Projekte schwer oder gar nicht zu realisieren. Die Aufgabe von Martina Eckl besteht zunächst darin, klassische Recherche zu betreiben. Sie durchforstet beispielsweise Förderdatenbanken, sichtet diverse Newsletter wie zum Beispiel vom Bayerischen Städte- und Gemeindetag, begibt sich wie ein Detektiv in speziellen Fällen auf die Suche ins Unbekannte. Das macht ihr Spaß. „Es gefällt mir, weil man sich da hineinfinden muss“, sagt sie. Gäbe es bloß eine Richtlinie, wäre die Arbeit ja immer dieselbe.
„Man muss schauen, was für einzelne Projekte passen könnte.“
Ein Beispiel: Die Stadt will ihre verschiedenen alten Innenbeleuchtungen umrüsten. Martina Eckl beginnt ihre Suche und wird fündig, allerdings gibt es gleich mehrere Fördervorgaben für Beleuchtungen. „Man muss schauen, was für einzelne Projekte passen könnte, damit es mit den Richtlinien übereinstimmt“, sagt sie. Da kommt es darauf an, ob die neuen Lampen für ein Büro oder eine Halle gedacht sind, oder auch für ein Stadtmuseum, was wieder andere Anforderungen mit sich bringt, weil dort die Winkel ausgeleuchtet werden müssen.
Viel lesen, viel vergleichen – das ist die Hauptbeschäftigung der Fördermittel-Beauftragten. Zuschüsse gibt es jede Menge für eine Kommune, für ein neues Feuerwehrauto über ein Loipenspurgerät bis hin zu Fahrradständern. Dabei stößt sie manchmal auch auf Informationen und Themen, die sie aktuell nicht benötigt, für später aber im Gedächtnis abspeichert. Wichtig ist diese Recherche auch, um herauszufinden, ob ein Vorhaben von Bund und Land womöglich gleichzeitig gefördert wird – vom einen mit 15, vom anderen mit 25 Prozent, das wären dann schon fast die Hälfte der Kosten.
Der andere Teil von Eckls Tätigkeit sind die Förderverfahren. Das Ausfüllen der Antragsformulare, das Einreichen von Planskizzen, Kostenaufstellungen, Zeitplänen und was sonst noch alles verlangt wird. „Wenn etwas falsch war, gibt es ganz einfach kein Geld“, sagt die Diplom-Verwaltungswirtin. Ihr Ziel sei es deshalb, möglichst genau zu arbeiten. Und wenn ein Bauprojekt fertiggestellt ist, muss ein rechnerischer Verwendungsnachweis erstellt werden – der Beleg dafür, dass alles so gebaut worden ist, wie es in den Richtlinien steht und beantragt wurde.
Für einen Neubau und einen Umbau, wie etwa beim Großprojekt Jahnschule in Bad Tölz, müssen die Ausgabeposten jeweils eigens aufgelistet werden. Denn bei Umbauten werden die tatsächlichen Kosten gefördert, während für Neubauten sogenannte Kostenrichtwerte gelten. Das sind gleichsam feste Pauschalen pro Quadratmeter Nutzungsfläche, beispielsweise 6909 Euro je Quadratmeter Klassenzimmer. Die Aufteilung gehe bis hinein in die Elektroarbeiten, so Eckl. Allein in diesem Gewerk für die Jahnschule habe sie zehn bis 15 Teilrechnungen auseinanderdividieren müssen, um Fördermittel zu erhalten.
Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), European Urban Initiative (EUI), Interreg und URBACT, Klima-Bündnis, BAFA-Förderungen, Bundesförderung für effiziente Gebäude-Einzelmaßnahmen (BEG EM), die unzähligen Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), und und … Martina Eckl ist vor solchen Wortgebilden und Akronymen nicht bange. Ihr Vorteil: Sie steht in der Regel nicht unter Zeitdruck. Die Projekte der Stadt sind ihr bekannt, sie kann sich einen eigenen Plan aufstellen. Nur einmal musste alles schnell gehen, um für einen Antrag auf KfW-Förderung binnen einer Woche pünktlich alle Unterlagen einzureichen. „Das hat sich ein bisschen stressig angefühlt“, erzählt sie.