Sport

Der zweimalige Gesamtweltcupsieger Snowboardcrosser Martin Nörl kämpft sich nach seiner schweren Verletzung zurück. – Sport | ABC-Z

Das Matterhorn hat schon so manches Drama erlebt, gilt als einer der tödlichsten Berge. Seit der Erstbesteigung 1865 sind mehr als 500 Bergsteiger dort ums Leben gekommen. Auf den Tag genau vor einem Jahr ereignete sich wieder ein Unglück, auch wenn es nicht um Leben und Tod ging, sondern bloß um zwei gebrochene Sprunggelenke. Martin Nörl, Gesamtweltcup-Sieger im Snowboardcross 2022 und 2023, Olympia-Neunter und Vize-Weltmeister, stürzte auf der Startgeraden in Cervinia so schwer, dass er auch ein Jahr danach noch nicht beschwerdefrei ist. Ausgerechnet hier gab der 31-Jährige sein Comeback, und das muss man schon vor den Finalläufen am Samstag als gelungen bezeichnen, denn Nörl schaffte es, sich für ebendieses Finale der besten 32 zu qualifizieren.

Mit Startnummer eins ging er in die Qualifikation, als einer von 70 Startern. „Das Vertrauen in den Körper ist da. Es fühlt sich alles stabil an“, hatte Nörl vorab gemeint, aber relativiert: „Klar fehlt die Routine. Vor allem in den Heats gegen andere Athleten lasse ich mich leicht aus dem Konzept bringen. Ich bin noch nicht wieder bei 100 Prozent. Ziel ist es, sich erst mal voll auf die Qualifikation zu konzentrieren.“ Hat geklappt: Nach dem ersten Zeitlauf lag er auf Platz 19 und war somit als zweitbester Deutscher nach Kurt Hoshino schon für die K.o.-Rennen am Tag darauf qualifiziert. Im zweiten Lauf schafften es auch noch Leon Ulbricht und Leon Beckhaus ins Finale, Paul Berg war dagegen fünf Hundertstelsekunden zu langsam. Auch für Jana Fischer reichte es bei den Frauen mit dem 22. Qualifikationsplatz nicht fürs Finale.

Der Weltcup-Gesamtsieg ist kein Thema, Nörl will die WM-Quali schaffen „und dann da eine Rolle spielen“

Der Weg zurück war weit für Nörl: Nach dem Sturz muss er zweimal operiert werden, sitzt sechs Wochen im Rollstuhl, darf beide Beine nicht belasten, kann zu Hause die Kinder nicht betreuen und hat danach erst mal streichholzdünne Beine. „Es war nicht immer leicht“, gibt er zu, „man hat es bei Paul Berg gesehen: Das hat gedauert, bis er wieder auf Geschwindigkeit kam. Darauf stelle ich mich auch ein.“ Im August steht er wieder auf dem Brett, reist mit vier Teamkollegen zur Vorbereitung für drei Wochen nach Argentinien, diesmal ohne Geld zuschießen zu müssen: „Das hat der Verband gut hinbekommen.“ Schließlich seien diese Schneetage im Sommer „unerlässlich, um vorn dabei zu sein“. In ganz Europa gebe es zur Vorbereitung nur zwei Strecken, in Saas Fee und im Pitztal. Zudem sei der Kurs in Argentinien „nicht so anspruchsvoll, gut zum Reinkommen, und man fährt auf 1600 Metern, nicht auf 3500 wie in Saas Fee“.

Nun also Cervinia. „Das ist besonders für mich“, sagt er. 2018 hat er hier den ersten Weltcupsieg gefeiert, stand drei weitere Male auf dem Podest, so oft wie nirgendwo sonst. „Ich bin dort immer gern gefahren, und das ist auch weiter so“, sagt der Niederbayer. Den Sturz habe er verarbeitet, die Bilder nicht mehr im Kopf: „Ich freue mich einfach, wieder dabei zu sein. Ich darf es halt am Anfang nicht übertreiben.“ Die Verletzung spüre er schon noch, beim Beugen des Sprunggelenks: „Beim Start, der mir ohnehin nicht so liegt, mache ich jetzt noch mehr aus dem Oberkörper. Solange ich voll fahre und keine Schläge kriege, kann ich richtig gut Kurven fahren. Aber wenn’s schlagig ist, kann es schwierig werden.“ Alles kein Grund zur Klage, denn er weiß: „Bislang bin ich gut durchgekommen, jetzt hat’s mich halt mal erwischt.“ Generell sei sein Sport viel sicherer geworden, „nicht mehr wie früher, als regelmäßig der Akia oder der Heli kamen“.

Sein Saisonziel? „Schwierig“, sagt er, „ich muss mir eingestehen, dass ich nicht gleich vorn mitfahren werde.“ Der Fokus auf den Gesamtweltcup sei unrealistisch. Eher: WM-Quali schaffen „und dann da eine Rolle spielen“. Nicht als Medaillenfavorit, aber „ich will schon so da stehen, dass man nicht gern gegen mich an den Start geht“. Dass die WM in St. Moritz so spät wie nie in der Saison ist, vom 16. bis 30. März, kommt ihm entgegen. Während Andere womöglich Probleme haben, Motivation und Form hochzuhalten, ist Nörl um jede Woche Rennpraxis froh. Sein Plan: über die Weltcup-Rennen Form aufbauen für den Saisonhöhepunkt. Und das möglichst ohne weitere Dramen.

Back to top button