Wackelige Oster-Waffenruhe: Ukrainer berichten von “ruhigeren” Frontabschnitten | ABC-Z

Wackelige Oster-Waffenruhe
Ukrainer berichten von “ruhigeren” Frontabschnitten
20.04.2025, 21:34 Uhr
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Die von Moskau ausgerufene Oster-Waffenruhe scheint tatsächlich einen Rückgang der Kämpfe in der Ukraine zur Folge zu haben. Kiew und Moskau werfen einander dennoch zahlreiche Verstöße vor. Der ukrainische Präsident Selenskyj unternimmt unterdessen einen neuen Friedens-Vorstoß.
Die Ukraine und Russland haben sich gegenseitig den Bruch der “Oster-Waffenruhe” vorgeworfen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte auf Online-Plattformen, die russische Armee habe erneut mit Artillerie und Drohnen angegriffen. Das Verteidigungsministerium in Moskau meldete seinerseits “getötete und verletzte” Zivilisten bei ukrainischen Angriffen. Trotzdem schien die Lage an der Front ruhiger als sonst.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Samstag überraschend eine 30-stündige “Oster-Waffenruhe” verkündet, die bis Sonntag um 23.00 Uhr MESZ dauern sollte. Auch die Ukraine erklärte sich bereit, diese Waffenruhe einzuhalten.
Selenskyj schlug zudem vor, die Waffenruhe auf 30 Tage auszuweiten, “um dem Frieden eine Chance zu geben”. Russland habe darauf aber “noch nicht geantwortet”, sagte er. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte später gegenüber russischen Nachrichtenagenturen, Putin habe “keinerlei Befehl” gegeben, die Waffenruhe über Mitternacht hinaus zu verlängern.
Selenskyj: keine Luftangriffe Russlands
“Insgesamt können wir am Ostermorgen sagen, dass das russische Militär versucht, den allgemeinen Eindruck eines Waffenstillstands zu erwecken”, erklärte Selenskyj am frühen Sonntag. Aber Moskau unternehme “in einigen Gebieten weiterhin vereinzelte Versuche, vorzudringen und der Ukraine Verluste zuzufügen”. Später sprach der ukrainische Präsident von “67 russischen Angriffen” seit Beginn des Tages. Die Ukraine sei 1355 Mal beschossen worden, davon 713 Mal mit schwerem Geschütz.
Allerdings habe es keine Luftangriffswarnungen gegeben, schrieb Selenskyj am Abend auf X. Somit habe es in dieser Hinsicht eine Waffenruhe gegeben, die zudem einfach verlängert werden könne. Er schlug eine Aussetzung aller Angriffe mit Langstrecken-Drohnen und Raketen auf zivile Infrastruktur für einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen vor.
Das Verteidigungsministerium in Moskau betonte seinerseits, die russischen Truppen würden sich “strikt an den Waffenstillstand” halten und an den Frontlinien und an den Positionen bleiben, die sie zuvor besetzt hätten. Zugleich meldete das Ministerium ukrainische Angriffe auf von Russland kontrollierte Gebiete in der ostukrainischen Region Donezk, bei denen Zivilisten “getötet und verwundet” worden seien. “Trotz der Ankündigung des Osterfriedens unternahmen ukrainische Einheiten nachts Angriffsversuche”, erklärte das russische Verteidigungsministerium. Diese seien “zurückgeschlagen” worden. Es seien unter anderem 900 ukrainische Drohnenangriffe gezählt worden.
Vergleichsweise ruhig an der Front
Trotzdem schien die Lage an der Front insgesamt ruhiger zu sein. Der Kommandeur einer ukrainischen Drohnen-Einheit sagte, die Aktivitäten der russischen Armee in den Regionen Saporischschja und Charkiw seien “deutlich zurückgegangen”. “Es wurden mehrere Angriffe registriert, aber das waren vereinzelte Vorfälle mit kleinen Gruppen.” Ein ukrainischer Offizier in der Region Sumy schrieb, es sei “ruhig verglichen mit einem normalen Tag”. “Natürlich fliegen Drohnen. Aber das sind meistens Aufklärungsdrohnen und keine Angriffsdrohnen.”
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew zeigten sich die Menschen skeptisch über die Waffenruhe. “Sie (die Russen) haben ihr Versprechen schon gebrochen”, sagte die 38-jährige Olga Gratschowa. “Leider können wir Russland nicht trauen.” Die 41-jährige Natalia sagte mit Blick auf die von Selenskyj vorgeschlagene Waffenruhe von 30 Tagen: “Alles, was wir vorschlagen, bleibt leider nur ein Vorschlag von uns. Niemand antwortet darauf.”
73-jährige Moskauerin: “Unsere Jungs sterben”
In der russischen Hauptstadt Moskau begrüßten Passanten die Waffenruhe an Ostern, zeigten sich aber unsicher über die Zukunft. “Wir haben natürlich geträumt, dass es bis Ostern Frieden gibt”, sagte die 34-jährige Swetlana. “Auf dass er bald kommen möge.” Eine 73-Jährige sagte, der Krieg werde “irgendwann” enden, aber nicht “bald”. Es laufe nicht alles gut für Russland in der Ukraine: “Menschen sterben, unsere Jungs sterben.”
US-Präsident Donald Trump fordert seit seinem Amtsantritt im Januar eine Waffenruhe in der Ukraine. Putin lehnt aber eine Feuerpause ohne Vorbedingungen ab. Am Freitag drohte Trump mit dem Rückzug der USA aus den Ukraine-Verhandlungen, sollten Kiew oder Moskau die Gespräche “sehr schwierig” machen. Im Wahlkampf hatte Trump noch versprochen, den Ukraine-Krieg binnen eines Tages beenden zu können. Später nannte der Republikaner sechs Monate als Zeitspanne.