„Der Raub der Sabinerinnen“ beim Theatersommer Bergkirchen – Dachau | ABC-Z

Was verbindet den unkaputtbaren Schmachtfetzen „Love me tender“ von Elvis Presley mit der altrömischen Mythologie? Das ist keine Frage aus der Abiturprüfung, sondern symbolisiert den weiten Bogen, den das Hoftheater Bergkirchen mit seinem Theatersommer schlägt: Auf dem Programm steht „Der Raub der Sabinerinnen“, ein je nach Gusto als Lustspiel, Schwank oder Klamotte bezeichneter Dauerbrenner aus dem Jahr 1884, geschrieben von Franz und Paul von Schönthan, der immer wieder modernisiert wurde.
Das Stück dreht sich um einen Provinz-Theaterdirektor und eine Sage aus dem alten Rom. Der zufolge vermissten die Herren Stadtgründer (Schülerspruch: 753 Rom schlüpft aus dem Ei) schmerzlich die Frauen in ihrer rauen und brutalen Männerwelt. Kurz entschlossen überfielen sie den benachbarten Stamm der Sabiner, entführten zahlreiche Frauen – und hatten bald die kampfbereite männliche sabinische Verwandtschaft am Hals.
Doch bevor die Männer einander massakrierten, griffen die Frauen ein. So wurden aus ehemaligen Feinden die wahren Gründer der Stadt Rom – eine Steilvorlage für unendliche Varianten des antiken Stoffs mit und ohne Theaterdirektor, auch für einen Film mit Roger Moore (1961) und ein nicht gerade langlebiges Musical (1970). Hoftheater-Leiter und Regisseur Herbert Müller hat diesem Stoff nun eine weitere Bearbeitung hinzugefügt, angepasst an die Möglichkeiten seines kleinen Theaters. Entstanden ist eine Komödie mit Musik, bei der auch der Elvis-Song eine wichtige Rolle spielt.
Müller hat tief in seiner musikalischen Schatzkiste gegraben, um die passenden Songs, Operetten- und Filmmelodien zu finden. Entstanden ist ein vielversprechendes „Theater im Theater“, bei dem es drunter und drüber geht. Will doch der etwas schmierige Theaterdirektor Striese mit seiner Compagnie „Thalia und Sachse“ unbedingt ein Historiendrama aufführen und findet – wie er glaubt – im bürgerlich-spießigen Professor Gollwitz den idealen Ansprechpartner.
Dieser hat in jungen Jahren das Drama „Der Raub der Sabinerinnen“ geschrieben, und Striese will das Werk unbedingt im örtlichen Schützenhaus aufführen. Doch der Herr Professor und der Theatermensch haben die Rechnung ohne die Wirtinnen, sprich ihrer beider Töchter, gemacht. Die eigentlich vorgesehene Professoren-Gattin hat Müller übrigens kurzerhand durch eine weitere Tochter ersetzt. Warum? „So alte Darstellerinnen haben wir im Hoftheater nicht“, sagt er und grinst.
Aus der Räuberpistole wird eine Komödie der Irrungen
Aus der Räuberpistole wird eine Komödie der Irrungen und Wirrungen. Der Clou: Herbert Müller bringt das ansonsten nur in Erzählform zu erlebende Sabinerinnen-Drama auf die Hoftheater-Bühne, die vom 11. Juli bis zum 9. August in der Halle Lauterbach steht. Warum? „Die ganze Gesellschaft verwandelt sich in eine Schauspieltruppe und spielt den ‚Raub der Sabinerinnen‘ auf der Schützenhaus-Bühne. Also Theater im Theater und eine Parodie aufs Theater“, sagt er.
Dieses fantasievolle – und für Hoftheater-Verhältnisse geradezu riesige Konstrukt – haben Andreas Arneth, Leiter des Stadttheaters Weilheim, sowie die Hoftheater-Bühnentechniker Ingo und Stefan Thomas aufgebaut. Mit dem Stadttheater Weilheim sei das Hoftheater Bergkirchen schon lange freundschaftlich verbunden, nicht nur durch Gastspiele, sagt Regisseur Müller. Arneth hat aus dem Weilheimer Fundus echte Schätze angeliefert. „Mal ganz was anderes als meine Stoffbahnen, mit denen ich sonst arbeite. Hier können sich unsere Schauspieler austoben“, sagt Bühnenbildnerin und Theaterschneiderin Ulrike Beckers zufrieden.
Wie aber findet Müller in seinem scheinbar unerschöpflichen Archiv die passende Musik? Der Regisseur lacht. Die komme ihm beim Bearbeiten oder in diesem Fall beim Schreiben in den Kopf, sagt er. „Das muss von Anfang an stimmen, das Lied muss sich aus der Szene entwickeln.“ So spielten Songs mit einem Bezug zu den Brettern, die die Welt bedeuten, eine wichtige Rolle, seien eine Art Klammer. Da kommt die Operette ins Spiel, wie etwa Eduard Künnekes „Vetter aus Dingsda“ oder das Musical „Showboat“ von Jerome Kern. Und auch Elvis’ Schmachtstimme hat ihren Platz gefunden.
Die Stücke mussten dann entsprechend arrangiert und bearbeitet werden. „Das ist eine Aufgabe, die sehr viel Kommunikation erfordert“, sagt Müller, weshalb er in ständigem Austausch mit Petra Morper, der langjährigen Pianistin des Hoftheaters, sowie Schlagzeuger Maximilian Müller sei.
Bleibt noch die Frage, wie schwierig für Theatermann Müller die Umarbeitung des zweiten Teils vom „Raub der Sabinerinnen“ war. „Den ersten Entwurf habe ich weggeworfen. Da ging nichts zusammen“, sagt er. Am zweiten habe er – neben dem Theater-Alltag – einige Wochen gearbeitet. Nun gebe es noch das „Feintuning“ bei den Proben, bevor sich am Freitag, 11. Juli, um 20 Uhr der Vorhang zur Premiere hebt. Und die verspricht, lustig zu werden.
Der Raub der Sabinerinnen, Hoftheater Bergkirchen, Mühlstraße 8a; Vorstellungen jeweils am Freitag und Samstag zwischen 11. Juli und 9. August, Beginn: 20 Uhr. Karten kosten 35, ermäßigt 30 Euro. Bezug und mehr Informationen unter www.hoftheater-bergkirchen.de