Der Maler Sandro Kopp arbeitet auch mit Hollywood-Stars – Bayern | ABC-Z

Die Liebe seines Lebens hat Sandro Kopp in Mittelerde kennengelernt. Klar, alle, die es immer ganz genau nehmen, würden jetzt sagen: es war 2004 in Neuseeland. Und Mittelerde? Das gibt es doch gar nicht. Aber es war bei den Dreharbeiten zu einer dieser großen Herr-der-Ringe-Verfilmungen und mancherorts ist die Welt eben so, dass sie bloße, blanke Fakten einfach nicht gut genug beschreiben können.
Oder welcher Mensch verliebt sich schon mal eben in Tilda Swinton, die damals schon als Ikone des Avantgardekinos verehrte britische Schauspielerin – und wird zurückgeliebt? Für Sandro Kopp jedenfalls war die Sache herrlich leicht und folgenschwer zugleich. Der junge deutsche Maler, der wenige Jahre zuvor zum Studium in die Heimat seiner Mutter gezogen war, bei der Tolkien-Verfilmung am Set jobbte, zog mit ihr nach Schottland. Und der Film wurde in gewisser Weise auch sein eigenes Metier.
Viele Leute mögen noch nie in einer seiner Ausstellungen zwischen New York und Berlin, London und Dunedin gewesen sein. Und trotzdem haben sie Sandro Kopps Werke schon gesehen. „Ich habe meine Bilder immer gern in Filme geschmuggelt“, sagt er, und die Liste, der Kooperationen ist lang. Den größten Raum aber nehmen seine Arbeiten in Wes Andersons „The French Dispatch“ ein.
Für diesen Film hat Kopp zehn monumentale Gemälde geschaffen. In der typisch surreal überbordenden Geschichte des Regisseurs von „Grand Budapest Hotel“ und „The Royal Tenenbaums“ werden sie einem fiktiven Maler namens Moses Rosenthaler zugeschrieben, um den sich die Handlung spinnt.
„The French Dispatch“ erzählt so liebevoll wie versponnen die Geschichte einer Print-Zeitung. Tilda Swinton spielt darin just die Kunstkritikerin, die dem genialischen Künstler Rosenthaler die Laudation singt. Benicio del Toro, der freilich keinen Strich der vielen gezeigten Arbeiten selbst gemalt hat, verkörpert Rosenthaler.
Sandro Kopps Gemälde aus diesem Anderson-Film wurden sowohl in London als auch in Berlin in großen Einzelausstellungen gezeigt. Im Spätherbst werden sie erneut im Rahmen einer großen Wes-Anderson-Schau in London zu sehen sein.
Von diesem Wochenende an stellt Sandro Kopp aber erst mal andere seiner Werke hierzulande aus. Die Eröffnung seiner Schau in der historischen Säulenhalle in der schönen Altstadt von Landsberg am Lech ist der Höhepunkt der dortigen 25. Langen Kunstnacht. Zu sehen sein wird die Ausstellung bis Mitte Oktober.
Man bekommt darin einen Eindruck von der Vielseitigkeit des 1978 in Heidelberg geboren Malers. „Heute bin ich in Schottland zu Hause“, sagt er, „aber ich lebe viel aus dem Koffer“. Seiner Kunst wegen und infolge der vielen Dreharbeiten, zu denen er Tilda Swinton häufig begleitet.
Sandro Kopp trägt ein schwarz-weiß gepunktetes Hemd, eine bunt gestreifte Jacke und eine Hose mit Blumenornamenten bei der kleinen spontanen Führung, die er durch die Säulenhalle gibt. In den sanft ergrauten Haaren findet sich ein Hauch von Lindgrün. Neulich, als er beim Filmfest in Venedig im Smoking über den roten Teppich ging, war der Schopf noch elegant blau.
Er beginnt die Runde mit der Reihe seiner Selbstporträts. Sie füllt fast anderthalb der langen Hallenwände. „Ich glaube, die erste Serie habe ich 2007 in New York gemalt. Dort waren wir für ‚Burn after Reading‘ von den Cohen-Brüdern, und wir hatten ein supergeiles Apartment auf der Sixth Avenue“, erzählt Kopp. „Es war riesig. Aber die beste Location fürs Malen war das kleine Klo, weil ich dort einen Spiegel und das beste Licht hatte. Also habe ich mich jeden Nachmittag dorthin verkrochen und gemalt.“

Jeden Tag ein Bild seiner selbst, über vier Wochen lang. Dann einige Jahre später wieder, und im selben Rhythmus immer so fort, „bis ich einmal sterbe oder eben nicht mehr kann“, sagt er. Soweit das Grundkonzept dieses lebenslangen Projekts. Und dazu gibt es noch eine Regel: „Wenn mich am nächsten Morgen noch was stört an dem Bild, darf ich weitermalen. Aber sobald ich das nächste angefangen habe, dann nicht mehr.“
Mit den „Fehlern“, die er gemacht habe, müsse er leben, sie mit einbeziehen und sich so beim kreativen Prozess vom Betrachter beobachten lassen. Wie auf Kalenderblättern, nach Wochen untereinander aufgereiht, hängt er nun dort an der Wand. Die erste Woche oben, die vierte ganz unten. So viele Gesichter, und doch der immer selbe Mensch.
Sandro Kopp beherrscht die Techniken der alten Meister ebenso wie die der Moderne. Selten löst er Partien in Abstraktion auf, oder lässt sie vielmehr stehen wie Grundierungen. Einmal verläuft ihm das Rot seiner Lippen beim ersten Anlauf, den Mund zu malen. Er lässt es stehen als opake Wolke. Das unvollendete Gesicht dahinter wirkt wie sein transzendentales Alter Ego. Ein schönes Spiel, diese Übung mit sich selbst.
Auch im wahren Leben haben Kopps Gesichtszüge etwas von der Ausdrucksstärke der Holzfiguren alpiner Herrgottsschnitzer. Nur dass er sehr viel häufiger lacht. Herzlich, zugewandt. Zu seinen bekannten Arbeiten gehören Gemälde, die aus Bewegungsstudien mit Tänzerinnen entstanden sind. „Ich hätte große Lust einmal ein Bühnenbild fürs Ballett zu entwerfen“, sagt er. In Landsberg, wo er seine Ausstellung „Farbwach“ betitelt hat, kann man einen Eindruck davon gewinnen, wie das aussehen könnte. Manchmal erkennt man in den tanzenden Farben eine Hand oder ein Bein. Manchmal sind sie reine, geronnene Bewegung.

Eine seiner anderen weiterführenden Serien hat er, sieht man von Auftragsarbeiten ab, ganz seinen Freunden und Familienmitgliedern gewidmet. Sie zeigt Augen. Jeweils nur eines. Immer gehöre es „einem mir lieben Menschen“, sagt Kopp.
Das Tableau ist riesig, die Augenbilder haben verschiedene Größen und sind in Gruppen auf der weiß gekalkten Wand arrangiert. „Das ist meine Schwester. Das ist mein Bruder. Das ist mein bester Freund, die Frau von Wes, das ist meine Mutter.“ Sie war es, die ihm seinen Namen gegeben hat, inspiriert von dem großen Maler Sandro Botticelli, den sie sehr mochte.
In manchen der Augen spiegelt sich schemenhaft der Maler selbst, in den größeren zum Teil die Landschaft oder Innenräume. Und doch sagen manche, die Augen, sie seien die Fenster zur Seele. Kopp jedenfalls malt sie immer an Ort und Stelle, ohne Fotografie als mögliche Zwischenstufe. Eines unterdessen hängt nicht in Landsberg. „Es ist das größte, das ich je gemalt habe, auf der größten Leinwandbreite, die man so kaufen kann“, sagt der Maler. Fast zwei mal zwei Meter groß wird es in der nächsten Woche in Amsterdam zum ersten Mal zu sehen sein, in der Ausstellung, die Tilda Swinton für das nationale Filmmuseum dort zusammengestellt hat.
„Darin erforscht sie ihre Autobiografie und die künstlerischen Zusammenarbeiten, die ein wesentlicher Bestandteil ihrer Karriere sind“, so steht es auf der Homepage des großen niederländischen „Eye Film Museums“. Sie hat Sandro Kopp gebeten, ein Werk beizusteuern. Er entschied sich für ihr linkes Auge. In der Pupille spiegelt sich die Westküste Schottlands, und nicht etwa der Maler selbst. Sandro Kopp steht für sich.
Sandro Kopp, Farbwach (Ausstellung), Säulenhalle, Landsberg am Lech, 20. September bis 19. Oktober, Die Lange Kunst Nacht, Landsberg am Lech, 20. September 2025, 18 bis 23 Uhr





















