Der ist zu klug, um einen Prinzen zu spielen | ABC-Z
Da ist unser Bekannter, da ist Edmund Blackadder! Schon ganz von Weitem haben wir ihn erkannt an seinem Bärtchen, das er durch alle Wechselfälle der englischen Geschichte hindurch hat stehen lassen. Aber so wie in dieser letzten Einstellung der letzten Szene der letzten Folge der letzten Staffel der nach Blackadder benannten Fernsehserie haben wir ihn noch nie gesehen. Er macht einen Schritt nach vorne, aber die Bewegung führt ins Nichts.
Rauch hüllt ihn ein, doch den Nebel hoffnungsloser quellenkritischer Ungewissheit zerteilt er nicht mehr mit einem deplatzierten Witzwort oder einem passgenauen Fehltritt. In vier Staffeln über vier vermeintliche Wendezeiten der englischen Nationalgeschichte hatte sich diese als Verkettung von Bosheiten und Missgeschicken entpuppt. So komisch hätte es ewig weitergehen können, aber nun ist ernsthaft Schluss, 1917, mit dem nach menschlichem Ermessen vergeblichen Ausbruch aus dem Schützengraben.
Unbefangenheit im Übereifer
Als alternative Geschichte der Rosenkriege hatte die Serie „Blackadder“ 1983 begonnen: Richard IV. bestieg den Thron, hinter dem sein missratener zweitgeborener Sohn lauerte. Prinz Edmund gab sich zwecks Furchterregung selbst den Beinamen „Die schwarze Viper“, und diese unvorsichtige Ehrlichkeit zeigte sofort, dass er von den tausend Teufelslisten, die er studiert zu haben in Anspruch nahm, 999 schon wieder vergessen hatte. Der Hauptdarsteller Rowan Atkinson, der das Hand- und Mundwerk des Komödianten in Oxford erlernt hatte, war Ko-Autor des Drehbuchs der ersten Staffel.
Am Anfang war „Blackadder“ auch eine Parodie auf das Genre der kontrafaktischen Geschichtsschreibung, auf ein progressives Wunschdenken, das sich gute Ausgänge viel zu leicht ausmalt. Die wahre Geschichte des Übergangs zur Modernität der Tudor-Zeit stellte sich als ein einziges Hauen und Stechen dar, purer Slapstick. Dieser primitive Realismus in ehrlich unechter Studiokulisse schien nun wieder auch zu unecht, um wirklich wahr zu sein.
Aber mit Erreichen des früher in England so genannten „Großen Kriegs“ kam die groteske Prämisse der Blackadder-Welt, ein erbärmlicher Dilettantismus als nationalhistorische Universalie, plötzlich mit dem Bild der behandelten Zeit im Geschichtsbewusstsein zur Deckung. Dass Blackadder und seine Kameraden als Opfer von ohne Verdienst beförderten Generälen den Antiheldentod suchten, löste 1989 erstaunliche Aufwallungen patriotischer Anteilnahme im Publikum aus – und nachhallende Empörung bei Geschichtspolitikern der Tory-Partei.
Rowan Atkinson ist besonders stolz auf seine Fertigkeit, Blackadders verheerende verbale Attacken zum exakt richtigen Zeitpunkt zu führen, und fand seine zweite Paraderolle in Mr. Bean, der es ohne Worte mit der Tücke der objektiven Welt aufnimmt. Etwas Kindliches hat der Charakter, den der geniale Komiker Atkinson kultiviert: Im Übereifer lässt er Unbefangenheit durchschimmern, Neugier auf alles, was kommt. 1990 berichtete Raphael Samuel, der englische Pionier einer Geschichte von unten, in der „London Review of Books“, „Blackadder“ sei Kult bei Zehn- bis Elfjährigen. Rowan Atkinson wird heute siebzig.