Der ganz große Verkehrskollaps im Alpenraum ist nur noch eine Frage der Zeit | ABC-Z

Der Brenner ist der am stärksten befahrene Übergang im Alpenraum. Die bayerische Zulaufstrecke ist Grundvoraussetzung des gesamten Projekts und braucht endlich eine klare zeitliche Perspektive.
Der Brenner ist sowohl im Straßen- als auch im Schienenverkehr der am stärksten befahrene Übergang im Alpenraum. Mit 50 Millionen Tonnen Gütern pro Jahr entspricht dies rund 30 Prozent des gesamten Gütervolumens im Alpenbogen.
Umso wichtiger ist eine zeitnahe Fertigstellung, insbesondere des Brenner Nordzulaufs. Denn die Transitstrecken über den Alpenraum sind überlastet. Die verschiedenen von Tiroler Seite verhängten Verkehrsbeschränkungen – Sektorales Fahrverbot, Nachtfahrverbot, Blockabfertigung – verschärfen die Probleme und führen zu massiven Beeinträchtigungen und regelmäßigen kilometerlangen Staus auf bayerischer Seite.
Das ist in unseren Augen nicht nur europarechtswidrig, sondern auch ineffektiv und umweltbelastend und muss dringend beendet werden.
Über Bertram Brossardt
Bertram Brossardt war nach seinem Jurastudium viele Jahre in leitenden Funktionen im Bayerischen Wirtschaftsministerium sowie im Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie tätig. Seit 2005 ist er Hauptgeschäftsführer der Verbände vbw, BayME und VBM.
Schon eine Verkürzung des Nachtfahrverbots würde eine deutliche Erleichterung bringen. Insgesamt aber bedarf es langfristig echter infrastruktureller Verbesserungen und kurzfristig einer besseren Abstimmung.
Als weiterer limitierender Faktor kommen zahlreiche notwendige Baumaßnahmen in den kommenden Jahren hinzu, die kaum aufeinander abgestimmt sind. Es braucht deshalb eine bessere Koordination von Ausbaumaßnahmen und transparentere Informationsmöglichkeiten, die die Logistikplanung erleichtern.
Erster Ansatzpunkt ist der Aufbau einer grenzüberschreitenden Plattform, um frühzeitig Maßnahmen auf Straße und Schiene zeitlich besser abzustimmen. Damit können künftig bessere Ausweichrouten zur Verfügung gestellt werden. Ansonsten ist ein Verkehrskollaps nur noch eine Frage der Zeit.
Es braucht eine klare zeitliche Perspektive für Planung und Bau
Ein weiteres Thema sind grenzüberschreitende Verkehrssimulationen. Hier ist auch die EU gefordert – es handelt sich immerhin um eine Strecke der Transeuropäischen Netze (TEN). Auch am Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur für alternative Antriebstechnologien – insbesondere für Lkw – muss mit Nachdruck gearbeitet werden.
Insbesondere aber beim Brenner Nordzulauf auf deutscher Seite fehlt noch die breite Einsicht für die Notwendigkeit des schnellen Ausbaus. Diese scheint noch immer nicht bei jedem angekommen zu sein. Der Brenner-Basistunnel trägt den Bedürfnissen der Bevölkerung, der Umwelt und der Wirtschaft gleichermaßen Rechnung.
Umso wichtiger ist eine zeitnahe Inbetriebnahme. Dazu gehört auch der Brenner Nordzulauf. Wir brauchen endlich eine klare zeitliche Perspektive für Planung und Bau. Hier ist der Bundestag gefordert, jetzt schnell die Trassenentscheidung zu treffen, und die neue Bundesregierung, intensives Engagement für eine zügige Realisierung zu zeigen.
Neuer Tiefpunkt beim Ausbau der wichtigen Alpenmagistrale über den Brenner
Es ist schlimm, dass auf deutscher Seite noch immer keine klare zeitliche Perspektive für Planung und Bau besteht. Wenn jetzt weitere Beteiligte aus diesen Gründen die Fertigstellung des Projekts verschieben, ist das umso schlimmer.
Daher ist die Ankündigung der Österreichische Bundesbahnen (ÖBB), die Brenner-Zulaufstrecke um zwei Jahre zu verschieben, nicht zu akzeptieren. Das ist ein neuer Tiefpunkt beim Ausbau der wichtigen Alpenmagistrale über den Brenner.
Große wirtschaftliche Schäden drohen
Unter keinen Umständen darf dadurch auf deutscher Seite der Irrtum entstehen, dass mehr Zeit vorhanden wäre. Vielmehr zeigt sich einmal mehr, dass die bayerische Zulaufstrecke Grundvoraussetzung des gesamten Projekts ist.
Wird nicht umgesteuert, wird das große wirtschaftliche Schäden nach sich ziehen, insbesondere für Unternehmen im Freistaat. So lag allein das bayerische Exportvolumen 2024 nach Italien bei rund 14,4 Milliarden Euro, immerhin unser fünftwichtigster Absatzmarkt.
Nur der Brenner-Basistunnel und seine Zuläufe werden langfristig den reibungslosen Güterverkehr sicherstellen. Daher muss das jetzt dringend zu einem Abschluss gebracht werden.“
Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.