Der Elefant im Raum: Trump macht die anstehende Münchener Sicherheitskonferenz noch spannender | ABC-Z

München – Was haben die AfD, das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW), Russland und Iran gemeinsam? Sie müssen bei der am Freitag startenden 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) draußen bleiben. Das haben die Organisatoren so entschieden.
Weder von den deutschen Parteien noch von Regierungsvertretern der kriegstreibenden Länder erwartet sich der Konferenzleiter, der ehemalige deutsche UN-Diplomat Christoph Heusgen, konstruktive Beiträge.
Im Hintergrund hat bei diesen Entscheidungen auch die deutsche Bundesregierung ein Wort mitgeredet. Denn die MSC wird vor allem vom Bund und dem Freistaat Bayern unterstützt – weniger durch direkt fließende Mittel als vielmehr organisatorisch durch Bundeswehr und Sicherheitskräfte. Die MSC ist zwar keine staatliche Veranstaltung, aber doch staatstragend: Bundespräsident Walter Steinmeier eröffnet die Tagung und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ergreift – wie fast jedes Mal – das Wort.
Siko 2025: Wird in München ein „Friedensplan“ für die Ukraine vorgestellt?
Dominiert werden dürfte die Veranstaltung aber von einem Herrn, der körperlich gar nicht anwesend ist: Donald Trump, wiedergekehrter Elefant im internationalen Porzellanladen, wird in München ebenfalls die Rolle des massigen Rüsseltiers im Raum spielen. Er schickt seinen Vizepräsidenten J.D. Vance, Außenminister Marco Rubio und den Sonderbeauftragten für die Ukraine Keith Kellogg nach München. Schon 2017 hatte Trump in seiner ersten Amtszeit seinen Vize nach München beordert. Er hieß damals Mike Pence, gab sich ziemlich kühl, versicherte aber, die Regierung Trump stehe fest zur Nato. Ob Ähnliches 2025 auch von Vance zu hören sein wird, ist eine der Fragen, welche die MSC noch spannender macht als frühere Ausgaben. Pence jedenfalls fiel bekanntlich später bei Trump schwer in Ungnade.
Von diplomatisch abgestimmten Positionen zwischen Europa und den USA kann keine Rede mehr sein, nachdem Trump Besitzansprüche auf Grönland, Kanada, Panama und den Gaza-Streifen angemeldet hat. Trump verbreitet weltweit etwas, was Diplomaten gar nicht mögen: Chaos und Unberechenbarkeit. Es ist offen, ob seine Gesandten in München sich genauso geben oder den Aktionismus ihres Chefs relativieren. Abgesprochen jedenfalls scheint so gut wie nichts zu sein. Wie konziliant oder aggressiv sich die Vertreter der US-Administration bei ihrem ersten konzentrierten Aufschlag auf dem alten Kontinent geben, steht nicht allein im Fokus des Interesses. Die Entsendung seines Ukraine-Sonderbeauftragten Kellogg nach München und die erwartete Präsenz des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj regt nicht nur die Fantasie von Konferenzleiter Heusgen an.
Vielleicht könnte US-Präsident Trump, der den Krieg in der Ukraine bekanntlich in einem Tag beenden wollte, diesen Termin auf die MSC legen? Jedenfalls werden seitens der Konferenzleitung die Erwartungen an einen in München offenbarten „Friedensplan“ durchaus geschürt.
Mehr als einen Plan kann es freilich nicht geben, denn ohne Mitwirkung des russischen Angreifers – in dem Fall Koch und Kellner – kann der Krieg in Europa schwerlich beendet werden. Die Regierungsvertreter aus Russland sind in München unerwünscht, seit kurz nach Ende der Konferenz im Februar 2022 Wladimir Putin seine Truppen das Feuer auf die Ukraine eröffnen ließ. Bis dahin hatte Russlands ewiger Außenminister Sergej Lawrow jahrelang das russische Fähnchen in München hochgehalten, wenn auch mit rapide sinkender Überzeugungskraft.
Die MSC war es auch, auf der Putin 2007 höchstpersönlich dem Westen den Fehdehandschuh hingeworfen und von Kooperation auf Konfrontation umgeschaltet hatte. Das war bereits eine Art Zeitenwende. Die europäische Politikerspitze, in München unter anderem mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) nahezu komplett vertreten, wird sich in München wahrscheinlich wieder gegenseitig mit Einigkeits- und Zusammenhaltsappellen überschütten. Das war bisher schon auf jeder MSC der vergangenen Jahrzehnte der Fall, doch verbessert hat sich der Zustand der EU nicht.
60 Staats- und Regierungschefs und 150 Minister werden erwartet
In mehreren EU-Staaten sind rechtspopulistische Regierungen am Werke, welche eher Sand in das europäische Getriebe streuen. Mit großem Interesse wird erwartet, ob die Trump-Abgesandten die Forderung ihres Präsidenten nach einer Anhebung der Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Partner auf – illusorische – fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts bekräftigen oder abschwächen.
Es gibt freilich nicht nur Russland und den Ukraine-Krieg, mit dem sich die erwarteten 60 Staats- und Regierungschefs und 150 Minister aus aller Welt in München zu beschäftigen haben. Keine der Krisen, die in den vergangenen Jahren auf der MSC eine Rolle spielten, hat sich erledigt: weder die Spannungen zwischen China und Taiwan noch die humanitären Krisen im Sudan, Afghanistan, Haiti und Myanmar.
Im Kongo ist ein neuer Konflikt ausgebrochen und die Lage im Nahen Osten droht erneut zu eskalieren, falls das überhaupt noch möglich ist. Und auch hier wirbelt Trump mit unklarem Ziel herum – ob am Ende zum Vorteil der Situation oder zum Nachteil jedweder Stabilität, wird in München heiß diskutiert werden.
Bei so viel Trumpismus werden unweigerlich Themen wie Klimaschutz, Menschenrechte, Entwicklungszusammenarbeit, Cybersicherheit und Risiken der Künstlichen Intelligenz in den Hintergrund treten. An den Veranstaltern liege das nicht, beteuerte Konferenzleiter Heusgen. Am Ende komme es auch auf die Medien an: „Ob sie der Versuchung erliegen, nur über ein Thema berichten, oder auch andere zentrale Tagesordnungspunkte der Konferenz in ihrer Berichterstattung berücksichtigen.“