Der BR muss das Publikum nach Hause schicken, weil der Freistaat den Herkulessaal herunterrockt | ABC-Z
Seit Jahren klagen Veranstalter über den maroden Zustand der Künstlergarderoben und der übrigen Räume hinter der Bühne des Herkulessaals. Und über den Unwillen der dem Finanzministerium unterstehenden Residenzverwaltung, daran auch nur minimal etwas zu ändern. Die wiederum hat bei Veranstaltern und Orchestermanagern nicht grundlos ein Image weit unterhalb der Münchner S-Bahn.
Eine größere Panne war nach Ansicht von Beobachtern nur eine Frage der Zeit. Am Samstag war sie da: Nach einem Stromausfall blinkte ein unabschaltbares Alarmlicht. Ein Konzert der Münchner Symphoniker am Nachmittag wurde beeinträchtigt, der Bayerische Rundfunk musste die 1300 Besucherinnen und Besucher der Wiederholung des mit viel Herzblut erarbeiteten Konzerts unter dem 97-jährigen Herbert Blomstedt nach Hause schicken.
Wie ein beliebiger Miethai
Die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Seen gilt als unantastbar, weil sie viel Geld durch Eintritte und Vermietungen einnimmt. Ihr Präsident Bernd Schreiber mimt gern den Sonnenkönig. Aber er handelt wie ein beliebiger Miethai, der aus dem bayerischen Kulturerbe durch Eintrittsgelder und Vermietungen möglichst viel herauspresst, ohne unnötig viel zu investieren.
Der Autor dieses Kommentars hat Interviews in einer Künstlergarderobe geführt, in der glühende Heizkörper nur durch das Öffnen des Fensters reguliert werden konnten. Auch in den Herrentoiletten des Publikumsbereichs ist dieses Phänomen zu beobachten. In einer der Toiletten im Backstagebereich lag monatelang ein von der Verwaltung unbemerktes Urinal auf dem Boden.
Am Freitag führte Markus Söder den Besuchern seines Neujahrsempfangs die Schauseite der Residenz vor. Ob der Stromausfall am nächsten Tag mit diesem Fest zusammenhing? Wir wissen es nicht. Aber wir hören, dass es früher einen Elektriker gegeben habe, den man bei Pannen im Herkulessaal rufen konnte. Der sei aber mittlerweile im Ruhestand. Die Stelle wurde nicht nachbesetzt. Da wird gespart. Aber einen neuen Konzertsaal für eine halbe Milliarde bauen zu wollen, das ist für den Freistaat kein finanzielles Problem.