Demografischer Wandel in Asien – Politik | ABC-Z
Der Klügere macht nicht alles nach, das sieht Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol sicher auch so. Trotzdem hat seine demokratisch gewählte Regierung diese Woche anlässlich der Feier zum 76. Tag der Streitkräfte eine Militär-Show veranstaltet, die zumindest entfernt an die bombastischen Waffen-Demonstrationen der Parteidiktatur Nordkorea erinnerte. Machthaber Kim Jong-un lässt dort regelmäßig seine größten Raketen vorführen. Zuletzt zeigte er der Welt eine Anlage zur Uran-Anreicherung für Atombomben. Yoon Suk-yeol wollte auch etwas zeigen, deshalb gab es in Seoul eine Parade mit Panzern und Raketenwerfern. Im nahen Luftwaffenstützpunkt fuhr ein Laster mit Südkoreas modernster Riesen-Missile vor. Und in einer Rede warnte Yoon, dass ein Atombombenangriff auf Südkorea „das Ende des nordkoreanischen Regimes“ wäre.
Entspannung im Verhältnis der beiden Koreas stellt man so nicht her. Dabei wäre Frieden die beste Lösung für ein Problem der Armee im Tigerstaat: Die Überalterung schreitet rasch voran, das Militär schrumpft. 2022 sank die Zahl der Soldaten erstmals unter 500 000, in 16 Jahren sollen es keine 400 000 mehr sein.
Die Wehrpflicht in Südkorea ist streng. So gut wie jeder Mann ohne Behinderung zwischen 19 und 35 muss einen 18- bis 21-monatigen Militärdienst ableisten. Aber was hilft’s? Südkoreas Geburtenrate, also die Zahl der Babys, die eine Frau in ihrem Leben durchschnittlich zur Welt bringt, fiel 2023 auf 0,72. Minus-Weltrekord. Die Perspektive ist düster: Wenn keine jungen Männer da sind, kann man auch keine einziehen.
Was tun? Alte Männer einziehen. Das zumindest hat der Abgeordnete Sung Il-jong von der konservativen Regierungspartei PPP zuletzt in einem Radio-Interview vorgeschlagen. „Gesunde und erfahrene Männer in ihren 50ern und 60ern, die ihren Militärdienst abgeleistet haben“ sieht er als brauchbare Unterstützer für die Streitkräfte. Zum Beispiel als Wachposten oder für Reparaturarbeiten. Das schaffe auch Arbeitsplätze für Ruheständler mit schmaler Rente. Bei den US-Truppen in Korea sei es schon üblich, dass man manche Jobs externen Kräften überlässt.
Oder doch lieber Roboter statt Renter?
Experten sind skeptisch. In Südkoreas Arbeitswelt stehen die Älteren traditionell über den Jüngeren. „Es wäre seltsam für einen Major oder Hauptmann mit Mitte 30, jemandem Befehle zu geben, der doppelt so alt ist“, sagt der Militärfachmann Kim Dae-young in der Korea Times. Das Verteidigungsministerium hat keine offizielle Meinung zu Sungs Vorschlag – Menschen durch Technologie zu ersetzen hält man dort für die bessere Idee. Das Ministerium verfolge „seit Langem die Politik, von einem auf Arbeitskräfte ausgerichteten Militär zu einem Technologie-orientierten Militär überzugehen“, sagte der Ex-General Chun In-bum im vergangenen Jahr dem US-Sender CNN. Man setzt also auf Kampfsysteme mit künstlicher Intelligenz und unbemannte Fahrzeuge.
Aber Roboter können nicht die komplette Landesverteidigung übernehmen. Südkoreas Armee braucht Menschen. Waffen-Shows und Drohungen helfen dabei wenig. Um gegen Nordkorea wehrhaft zu bleiben, müsste Präsident Yoon Suk-yeol etwas ganz anderes machen: bessere Familienpolitik.