DEL-Winter-Game: Viel Show bei Sieg der Löwen gegen Adler | ABC-Z
Das Winter Game im Frankfurter Fußballstadion bietet eine Show im US-Stil, spektakuläre Bilder und ein paar Anlässe zum Schmunzeln. Der Derbysieg der Löwen gegen die Adler Mannheim gerät da fast zur Nebensache.
Dass dieser Abend im Frankfurter Waldstadion kein gewöhnlicher Sportabend werden würde, wurde am Samstag sehr früh sehr klar. Pünktlich um 16 Uhr, und damit zwei Stunden vor Spielbeginn, stimmte eine im Fanblock stehende Big Band mit insgesamt 200 Musikern und Tänzern “Smells like Teen Spirit” von Nirvana an und animierte die zahlreich anwesenden Fans zum Mitsingen. Feuerwerk und Pyro-Show vor (nicht von) den Rängen inklusive, die komplett überdrehten Lautsprecher voll aufgedreht. Herzlich willkommen zum Winter Game der Deutschen Eishockey Liga (DEL).
Michael Schulte, Vega und Bosca im Vorprogramm
Das inzwischen zu einer Tradition gewordene DEL-Spektakel unter freiem Himmel, das bei seiner sechsten Austragung erstmals in Hessen Station machte, bot schon weit vor dem ersten Bully und dem Derby zwischen den Eishockey-Erzrivalen Löwen Frankfurt und Adler Mannheim außergewöhnliche Unterhaltung. Dort, wo normalerweise Eintracht Frankfurt auf einem mehr oder weniger grünen Fußball-Rasen um Punkte kämpft, standen dieses Mal andere Dinge im Vordergrund. In der Mitte: Sport. Zunächst und sehr lange im Mittelpunkt: Show.
Rund um die mühevoll aufgebaute Eisfläche thronten gleich sechs riesige Bildschirme, zwei Bühnen und zahlreiche ständig blinkende Scheinwerfer. Zum vom Publikum freundlich begleiteten, aber nicht immer ekstatisch beklatschten Vorprogramm gehörten ein Eisfußballspiel mit Eintracht-Legenden wie Uwe Bindewald, Thomas Zampach oder Charly Körbel. Der Viertplatzierte des Eurovision Songcontests von 2018, Michael Schulte, spielte ein Mini-Konzert, auch die Frankfurter Rapper Vega und Bosca gaben sich die Ehre und verbeugten sich musikalisch vor ihrer Heimstadt. Winter in Frankfurt. Winter Game im Waldstadion.
“Ich habe über 1.000 Profi-Spiele erlebt. Aber das hier heute wird mir immer in Erinnerung bleiben”, sagte Mannheims Coach Dallas Eakins im Pre-Game-Interview. Frankfurts Trainer Tom Rowe, der mit seinem Hut für den modischen Hingucker des Abends sorgte, ergänzte: “Das Entertainment könnte nicht besser sein.” Wohlgemerkt: Eishockey wurde erst später gespielt.
Die wohl schickste Bank in Frankfurt.
Den Fans gefällt’s
Garniert wurde das minutiös geplante Vorspiel von wummernden Bässen und durchweg frenetischen, aber nicht immer bestens informierten Stadionsprechern. Dass beim lautstark angekündigten Verlesen der Mannheimer Aufstellung zunächst die Namen der Frankfurter Spieler vorgetragen wurden, gehörte ebenso zum Abend wie die von einem Erotik-Shop präsentierte Regelkunde für alle, “die heute vielleicht zum ersten Mal beim Eishockey sind”. Merke: Die Spieler tragen einen Helm, um sich zu schützen. Jedes Team hat sechs Spieler. Und der Puck muss ins Tor.
Kleine Schmonzetten am Rande, die das Erlebnis an sich nicht schmälerten, wie die Reaktionen auf den Rängen bewiesen: Die insgesamt 45.110 Eishockey-Fans, die in der Regel eher zu den Puristen der Sport-Anhänger gehören, nahmen alle aus den USA bekannten Event-Elemente mit Humor und spielten selbst bei der Dance Cam und dem Noise-Meter freundlich mit. Und nachdem dann Badesalz-Legende Henni Nachtsheim erfrischend ehrlich eingeräumt hatte, bitte keine Frage zum Eishockey beantworten zu wollen, aber allen von Herzen viel Spaß wünschte, konnte es auch schon losgehen. Wunderkerzen auf Kommando an, Derbytime.
Die Doku zum Spiel im hr-fernsehen
Das Winter Game lässt die Herzen der Eishockey-Fans höher schlagen. Der hr-sport würdigt das Spektakel mit einer eigenen Dokumentation. “Heiß auf Eis – Wenn das Frankfurter Waldstadion zur Eishockey-Arena wird” ist am Sonntag, 5. Januar, nicht nur im hr-fernsehen zu sehen (21.45 Uhr), sondern auch in der ARD-Mediathek und bei YouTube zu finden.
Löwen und Adler erst einmal harmlos
Rein sportlich konnten die Eishockey-Clubs aus den Städten Frankfurt und Mannheim, die im Fußball befreundet, im Eishockey aber verfeindet sind, den Unterhaltungswert dann jedoch erst einmal nicht mehr steigern. Beide Teams zeigten zwar von Beginn an, dass dieses Duell alles andere als freundschaftlich ist, und verzichteten auf eine Abtastphase.
Nach einer ersten kleineren Schlägerei nach nicht einmal zwei Minuten und der überraschenden Erkenntnis, dass die Sicht aufs Geschehen trotz der Distanz wirklich gut war, lieferte das erste Drittel nur noch genau zwei erwähnenswerte Dinge: In den Anfangsminuten blieb die Uhr für etwa zwei Minuten stehen, in der Schlussphase sprang eine Scheibe aus der Verankerung.
Viele Hände, schnelles Ende: Die Scheibe spielte dann auch wieder mit.
Da der Techniker und der Eiswart für beide Probleme glücklicherweise schnell eine Lösung fanden, durfte wenig später Löwen-Profi Daniel Wirt für das erste echte Highlight sorgen. Der Verteidiger nutzte die erste Chance im zweiten Drittel und schoss sein Team mit einem erfolgreichen Versuch aus der Distanz in Führung und in Richtung Derbysieg.
Die bis dahin optisch beeindruckende, akustisch aber ausbaufähige Kulisse kochte zum ersten Mal über. “Die Größe der Arena hat mich nervös gemacht. Es war dann aber tatsächlich leiser als ich dachte, die Fans sind einfach viel weiter weg”, sagte Torschütze Wirt. So ein Hallendach in der maroden, aber ebenso liebenswerten wie stets sehr lauten Eissporthalle hat eben auch Vorteile.
Löwen drehen auf
Und genau dieses Dach wäre im letzten Drittel bei einer Austragung am Bornheimer Ratsweg wohl weggeflogen. Denn: Die plötzlich wie aufgedreht spielenden Löwen legten dank Cameron Brace, Dennis Lobach, Maksim Matushkin und Linus Fröberg tatsächlich noch vier weitere Treffer nach und brachten damit nicht nur Maskottchen Trevor zum Tanzen. Am hochverdienten, vor allem in der Höhe aber sehr überraschenden 5:1-Derbysieg änderten dann auch zwei Löcher im Eis, die mithilfe von Gießkanne und Feuerlöscher geflickt wurden, und ein Mannheimer Gegentreffer nichts mehr. “Das war heute einer der größten Abende meiner Karriere”, so Wirt.
Und nach der Schlusssirene? Da rückte tatsächlich ausschließlich der Sport in den Vordergrund. Die Mannheimer, die sich noch eine Standpauke der Fans abholten, schlichen in die Katakomben. Die Löwen, die auf Schlittschuhen in ihre Fankurve gewatschelt waren, drehten in der Kabine die Musik auf und führten die Stunden zuvor begonnene Party fort. “Ich gratuliere den Löwen und der DEL zu diesem Abend. Das war perfekt”, fasste Mannheims Trainer Eakins zusammen. Eine spektakuläre Show und als Zugabe ein Derbysieg. Frankfurter Eishockey-Herz, was willst du mehr?