Davos: Von der Leyen warnt Trump vor einem Handelskrieg – Wirtschaft | ABC-Z
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat US-Präsident Donald Trump vor einem Handelskrieg mit Europa gewarnt. „Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“, sagte sie am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos. „Es gibt keine anderen Volkswirtschaften in der Welt, die so eng miteinander verflochten sind wie wir.“ Oberste Priorität der EU werde es sein, frühzeitig mit den USA in Kontakt zu treten, gemeinsame Interessen zu besprechen und zu Verhandlungen bereit zu sein.
Trump hatte im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt, neue Zölle auf Importe in die USA einzuführen. Bereits in seiner ersten Amtszeit als US-Präsident hatte er immer wieder kritisiert, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkauften als amerikanische Unternehmen in der EU. Von der Leyen, die Trump in ihrer Rede nicht namentlich nannte, verwies darauf, dass europäische Unternehmen in den USA 3,5 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner beschäftigten. Darüber hinaus hänge eine weitere Million amerikanischer Arbeitsplätze direkt vom Handel mit der EU ab.
Trump werde die Welt in den kommenden Jahren in Atem halten, sagt Kanzler Scholz
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterstrich in Davos die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen: „Die Vereinigten Staaten sind unser engster Verbündeter außerhalb Europas. Und ich werde alles daransetzen, dass es dabei bleibt.“ Die enge Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA sei unerlässlich für Frieden und Sicherheit weltweit. In Bezug auf Trumps Rückkehr ins Weiße Haus sagte Scholz: „Präsident Trump und seine Regierung werden die Welt in den kommenden Jahren in Atem halten.“ Und fügte hinzu: „Ja, Präsident Trump sagt ‚America first‘, und er meint das auch so. Nun ist nichts Verkehrtes daran, die Interessen des eigenen Landes im Blick zu haben. Das tun wir alle. Nur ist es eben so, dass Zusammenarbeit und Verständigung mit anderen meistens durchaus auch im eigenen Interesse liegen.“
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz, der am Dienstagabend in Davos erwartet wurde, sprach sich dafür aus, auf Trump zuzugehen. „Amerika ist für uns der größte Handelspartner auf der Welt, also haben wir ein eigenes Interesse daran, mit Amerika ein neues Kapitel aufzuschlagen“, sagte er im Deutschlandfunk. Nötig sei ein gemeinsames europäisches Vorgehen unter Berliner Führung. „Es gibt sehr viele Möglichkeiten für die Europäer, die wir zurzeit nicht ausschöpfen“, betonte er. Alles hänge an der Frage: „Ist Deutschland bereit, sich wieder stärker in Europa zu engagieren?“ Zusammen mit anderen müsse Deutschland Führungsverantwortung übernehmen. Im Zentrum stehe die Notwendigkeit, mehr für die eigene Sicherheit zu tun. Zunächst müsse Deutschland sicherstellen, in den nächsten Jahren zwei Prozent der Wirtschaftskraft für Verteidigung ausgeben zu können. Daran müsse man jetzt „wirklich hart arbeiten“. Trump hat allerdings bereits eine Quote von fünf Prozent in den Raum gestellt. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij warnte, Europa drohe die Einfluss- und Bedeutungslosigkeit.
Um Europas Souveränität zu stärken, will Kommissionspräsidentin von der Leyen im Februar einen Fahrplan zur Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit vorstellen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Vertiefung der Kapitalmarktunion, niedrigere Energiepreise und Bürokratieabbau. Von der Leyen kündigte an, dass sie EU-weit einheitliche Regeln für Unternehmen anstrebe. „Manchmal müssen sich Firmen mit 27 nationalen Regelungen herumschlagen. Wir werden innovativen Unternehmen die Möglichkeit bieten, in der gesamten Union tätig zu sein und dabei nur ein einheitliches Regelwerk beachten zu müssen“, sagte sie. Das sogenannte „28. Regelwerk“ soll Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht umfassen.
Damit Vorhaben wie dieses umgesetzt werden können, rief die Kommissionspräsidentin die EU-Staaten zur Einigkeit auf: „Wenn Europa geeint ist, kann es etwas erreichen.“ Zur Realität gehört laut von der Leyen aber auch, dass die auf internationale Kooperation ausgerichtete Weltordnung, wie man sie sich vor 25 Jahren vorgestellt habe, nicht Wirklichkeit geworden sei. Stattdessen sei man in eine neue Ära des rauen geostrategischen Wettbewerbs eingetreten, sagte sie.
Der stellvertretende chinesische Premierminister Ding Xuexiang warnte in Davos vor einem möglichen „Zollkrieg“. US-Präsident Trump hatte in den vergangenen Monaten mehrmals angekündigt, Einfuhren aus China mit Strafabgaben zu belegen. Ohne die USA oder Trump namentlich zu nennen, sagte Ding: „Protektionismus führt nirgendwohin, und Handelskriege haben nur Verlierer.“ Sein Land, so Ding, freue sich auf ausländische Firmen, die in China investieren wollten. „Unsere Türen werden sich noch weiter öffnen.“ Zugleich räumte er ein, dass es derzeit „versteckte Hürden gibt für ausländische Firmen“. Die wolle seine Regierung beseitigen. Für alle Länder, die diplomatische Beziehungen mit China pflegten, seien „keine zusätzlichen Zölle zu befürchten“.