News

Daten zur Bundestagswahl: Die Trefferquote der Wahlkreisprognose von Election.de | ABC-Z


Analyse nach der Bundestagswahl

Hier lag die Wahlkreisprognose richtig – und hier daneben

Die Bundestagswahl 2025 ist Geschichte, mit dem vorläufigen amtlichen Ergebnis stehen die Mehrheitsverhältnisse fest: Wie gut hat die Prognose von Election.de das Ergebnis vorhergesagt? Ein Blick auf die Trefferquote in den 299 deutschen Wahlkreisen.

Der Ansatz war ungewöhnlich, die Auswertung wirkt schon auf den ersten Blick beeindruckend: Auf der Deutschland-Karte zur Wahlkreisprognose waren bereits Wochen vor dem Wahltermin detaillierte Angaben zur prognostizierten Verteilung der Erststimmen-Gewinner zu sehen.

Regelmäßige Updates schärften die Vorhersage: Bei ntv.de gingen in den Wochen vor der Bundestagswahl ab Ende Januar insgesamt drei Prognosen auf Sendung. Die Karten zum prognostizierten Ergebnis sagten eindeutige regionale Wahlsiege für die Union im Westen und für die AfD im Osten voraus. Doch wie genau war das Ergebnis im Detail? Der Blick auf die Wahlkreis-Karte ermöglicht eine Auswertung der Wahlkreisprognose anhand der amtlichen Wahldaten:

Der Abgleich der Prognosedaten mit dem tatsächlich eingetretenen Wahlergebnis ergibt eine hohe Übereinstimmung – sowohl im optischen Gesamteindruck als auch im Detail. Der vorhergesagte Wahlsieg der Union und die Erfolge der AfD in den ostdeutschen Flächenländern wurde durch das vorläufige amtliche Ergebnis der Stimmauszählung bestätigt. Die Abweichungen in der Trefferquote sind in der Karte in den jeweiligen Regionen vermerkt.

„Von den sicheren Wahlkreisen waren 100 Prozent korrekt, von den wahrscheinlichen Wahlkreisen 98 Prozent und von den Wahlkreisen mit Vorsprung 76 Prozent“, fasst Wahlforscher Matthias Moehl von Election.de die Ergebnisse seiner Auswertung zusammen. „Insgesamt waren 277 von 299 Voraussagen korrekt.“ Gemessen an der Anzahl der „richtig“ vorhergesagten Wahlkreisergebnisse liegt die Trefferquote damit bei 93 Prozent.

In der Masse der Regionen traf die Wahlkreisprognose also voll ins Schwarze. Nur in einzelnen Gebieten, in denen sich Wahlbewerber ein engeres Rennen lieferten, lag das vorhergesagte Ergebnis letztlich daneben. Im Wahlkreis Nr. 37 „Lüchow -Dannenberg – Lüneburg“ zum Beispiel setzte sich überraschend doch der junge SPD-Kandidat Jakob Blankenburg durch, und das, obwohl seine Siegchancen in der Prognose anfangs nur mit schmalen 5 Prozent angesetzt worden waren. Im fraglichen Wahlkreis war die Prognose allerdings auch nicht als „sicher“ eingestuft.

Besonders spektakulär irrte das Vorhersagemodell im Wahlkreis Nr. 82 „Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost“. Basierend auf den bisherigen Wahlergebnissen, einer weitgehend unveränderten Sozialstruktur und den individuellen Aussichten der aufgestellten Bewerber war die Prognose von einer 99-prozentigen Siegwahrscheinlichkeit für die Grünen ausgegangen.

Die meisten Erststimmen gewann in diesem Wahlkreis im Berliner Stadtzentrum Pascal Meiser für die Linke – wohl auch getragen vom bundesweiten Aufwind der Partei. Im Vergleich zu den Vorwochen konnte das Modell immerhin die einsetzenden Verschiebungen erkennen: In der Prognose vom 7. Februar lagen die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg noch bei 100 Prozent.

Die Wahlkreisprognose war bei ntv.de in einer ersten Vorhersage Ende Januar zu sehen. Im wöchentlichen Abstand folgten drei Aktualisierungen, eine Anfang Februar, eine Mitte Februar und dann noch einmal kurz vor dem Wahltermin am Freitag, 21. Februar. Der Wahltrend war samt den wichtigsten Verschiebungen in den Regionen in allen drei Veröffentlichungen bereits gut zu erkennen.

Schwieriger war die Prognose hinsichtlich der ungedeckten Direktstimmen-Siege. Das neue Wahlrecht, das bei der Bundestagswahl 2025 erstmals zur Anwendung kam, deckelte die Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze im Parlament auf 630. Anders als früher fallen etwaige Überhang- und Ausgleichsmandate weg. Maßgeblich für die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag ist das Ergebnis bei den Zweitstimmen.

Bundesweit 23 ungedeckte Wahlkreis-Mandate

Für die teilnehmenden Parteien heißt das: Alle Wahlkreiserfolge, die über die per Zweitstimmenergebnis ermittelte Sitzanzahl der jeweiligen Partei hinausgehen, finden keine Berücksichtigung mehr. Die Erststimmen-Sieger aus den betroffenen Regionen gehen leer aus. Die Wahlkreisprognose lag bei der Anzahl von 23 nicht gedeckten Direktmandaten richtig. Nur die regionale Zuordnung erwies sich aufgrund der besonderen Regelungen etwas schwieriger.

Gemäß dem neuen Wahlrecht entscheidet hier nämlich die Reihenfolge der Erststimmenanteile. Und dort können schon kleine Verschiebungen größere Auswirkungen haben. Wahlkreisgewinner, die sich in ihrem Bundesland weniger zugkräftig erweisen als ihre Parteifreunde in den übrigen Regionen, rücken in der Rangfolge nach hinten und bekommen somit – falls das Zweitstimmenergebnis keine ausreichende Zahl an Mandaten hergibt – keinen Platz mehr im Parlament.

„Wie vorausgesagt wurden genau 23 Wahlkreismandate nach dem neuen Wahlrecht nicht vergeben, von denen wir 14 vorab korrekt identifiziert haben“, erklärt Wahlforscher Moehl. Betroffen vom neuen Zweitstimmendeckel waren überwiegend die Union und in kleinerem Umfang die AfD und die SPD.

Laut vorläufigem amtlichen Wahlergebnis bekamen allein bei der CDU 15 Wahlkreis-Gewinner die Folgen der neuen Regelung zu spüren. Die kleinere Schwesterpartei blieb in drei Wahlkreisen unberücksichtigt.

Verdeckte Trends im Süden und Westen

Bei der AfD reichte das Zweitstimmenergebnis auf Länderebene für insgesamt vier Wahlkreise nicht aus, um den dortigen Erststimmen-Sieger auch ins Parlament zu verhelfen. Die Sozialdemokraten waren nur in einem einzigen Wahlkreis davon betroffen.

Am Ausgang der Bundestagswahl ändern auch die Auswirkungen der Zweitstimmendeckung nichts. Die AfD zieht als neue zweitstärkste Kraft in den Bundestag ein. In insgesamt 264 der 299 Wahlkreise verzeichnet sie die größten Zuwächse bei den Zweitstimmen, wie es in der Wahlanalyse bei Election.de heißt und auch in der regionalen Analyse von ntv.de bereits deutlich wurde.

Der AfD-Erfolg blieb nicht nur auf Ostdeutschland beschränkt. Die AfD belegte auch im südlichen Teil Westdeutschlands vielerorts den zweiten Platz. Der Zuwachs der Rechten bleibt, so Moehl, nur „in den Städten und dem wirtschaftlichen starken Umland hinter dem Gesamttrend zurück“. Dagegen konnte sie auch „in den Randbereichen Bayerns, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsens überdurchschnittlich hinzugewinnen“.

Zum Vergleich: Die Linkspartei zog in 25 Regionen am stärksten an. Aufwärts ging es für die Linke insbesondere in den Großstädten, während die Grünen genau dort vergleichsweise schwach abschnitten.

Der eigentliche Wahlgewinner, die Union, errang den größten Zuwachs an Zweitstimmen nur in bundesweit zehn Wahlkreisen. „Die SPD ist in der großen Mehrzahl der Wahlkreise die größte Verliererin“, beschreibt Moehl ein weiteres Ergebnis der Bundestagswahl. „Aber auch FDP und Grüne verzeichnen in vielen Gebieten die größten Einbußen.“

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"