Das VW-Sparprogramm ist ein Kahlschlag im Osten | ABC-Z
Die Einigung zwischen IG Metall und Volkswagen ist ein Kompromiss, aber sie ist härter, als sie auf den ersten Blick erscheint. Seit die britischen Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg in Wolfsburg die Basis für das Unternehmen in der heutigen Form gelegt haben, hat VW alle Krisen durchgestanden, ohne Werke in Deutschland zu schließen, oft durch fragwürdige Kungelei.
Jetzt zwingt der Markt zum Abbau von Überkapazitäten. Der sozialverträgliche Abbau von 35.000 Stellen wird zwar über sechs Jahre gestreckt. Trotzdem kann das Programm VW entlasten, wenn es konsequent umgesetzt wird.
Manager wie Herbert Diess
Was an der Lösung irritiert, ist die Lastenverteilung. VW betont, dass große Standorte in Niedersachsen wie Wolfsburg, Emden und Hannover vor erheblichen Anstrengungen stehen. Das kleine Werk in Osnabrück dürfte verkauft werden, wenn sich ein Investor findet.
Doch der Osten ist ganz offensichtlich der Verlierer im Poker zwischen Gewerkschaft, Management und Großaktionären. Die mit 1,2 Milliarden Euro an Investitionen umgebaute E-Autofabrik in Zwickau verliert die meiste Arbeit an Wolfsburg und Emden. Das bedeutet erheblichen Personalüberhang und wiegt noch viel schwerer als das Aus der Produktion in Dresden, wo die „Gläserne Manufaktur“ schon lange ein Nischendasein fristet.
Die Verantwortung tragen Manager wie Herbert Diess. Der frühere Vorstandschef schlug alle Warnungen in den Wind, als er Werke wie Zwickau ganz auf E-Autos umstellte, obwohl nicht klar war, dass sich der Markt entwickelt wie erhofft. Auch das Land Niedersachsen als Großaktionär trug die Strategie mit. Jetzt hält Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Hand über eigene Standorte, während Beschäftigte in Sachsen überproportional belastet werden.
Der Einfluss der Politik bleibt die größte Schwachstelle des Konzerns. VW braucht unabhängige Aufsichtsräte, um der Phalanx aus IG Metall, Staatskanzlei und Aktionärsfamilien Porsche und Piëch mehr Fachexpertise entgegenzustellen. Die Unternehmenskultur muss sich ändern, VW muss flexibler werden. Die Kostensenkungen sind nur einer von vielen Schritten auf dem Weg aus der Krise.