Das Ende der EEG-Förderung rückt näher | ABC-Z
Die EEG-Förderung sorgt dafür, dass in Deutschland immer mehr Ökostrom ins Netz eingespeist wird. 61 Prozent der Erzeugung stammte im ersten Halbjahr aus erneuerbaren Energien, teilte das Statistische Bundesamt vor wenigen Tagen mit. Doch die Unterstützung kostet viel Geld – in diesem Jahr schätzungsweise 18,4 Milliarden Euro. Und sie ist von der EU-Kommission nur bis Ende 2026 genehmigt. Danach soll ein neues Förderregime das EEG ablösen. Wie dieses genau aussehen soll, darüber gehen die Meinungen auseinander. Bis Freitag konnten Beteiligte der „Plattform Klimaneutrales Stromsystem“ ihre Sicht gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium darlegen.
Bislang sichert die sogenannte Marktprämie dem Anlagenbetreiber eine feste Mindestvergütung zu. Liegt sein Erlös am Strommarkt („Marktwert“) unter dem zugesicherten Preis, zahlt der Staat die Differenz an den Anlagenbetreiber. Dieser kann sich also auf sichere Einnahmen verlassen, was seine Finanzierung erheblich erleichtert. Für den Staat bedeutet dieses Modell: Je niedriger die Börsenstrompreise, desto höher die Zahlungen, die er an den Betreiber leisten muss. Seit Abschaffung der EEG-Umlage werden diese aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert. Ein Großteil der Kosten stammt aus den Jahren 2009 bis 2011, als die Fördersätze für neue Anlagen mit bis zu 40 Cent je Kilowattstunde noch sehr hoch waren und gleichzeitig der PV-Ausbau stark zulegte.
Erlöse werden gedeckelt
Aus Sicht des Wirtschaftsministeriums sollen Betreiber von Windparks und Solaranlagen vorerst weiter gefördert werden. Denn: „Unsichere und unzureichende Strommarkterlöse sind ein zentrales Investitionsrisiko für die kapitalintensiven Investitionen in erneuerbare Energien“, heißt es in einem Bericht, den das Haus Anfang August vorlegte. Das liegt insbesondere am „Gleichzeitigkeitseffekt“: Bei entsprechendem Wetter produzieren die Erneuerbaren sehr viel Strom gleichzeitig. Die Marktpreise sinken dann nahe oder sogar unter null und die Betreiber verdienen kaum Geld.
Doch das Ende der EEG-Förderung in seiner jetzigen Form naht. Die EU-Kommission setzt stattdessen künftig auf Differenzverträge („Contracts for Difference“, CfDs). Auch hier erhält der Anlagenbetreiber die Differenz zum vereinbarten Mindestpreis vom Staat. Neu ist jedoch, dass die möglichen Erlöse gedeckelt werden: Alle Einnahmen darüber hinaus fließen zurück an den Staat. Damit soll verhindert werden, dass Betreiber bei extremen Preisen sehr viel Geld verdienen, wie zuletzt in der Energiepreiskrise im Jahr 2022.
Das Haus von Robert Habeck (Grüne) prüft aktuell vier Varianten zur Ausgestaltung solcher CfDs, favorisiert aber ein von der tatsächlichen Stromproduktion unabhängiges Modell. Demnach könnte der Anlagenbetreiber eine fixe Vergütung je Kilowatt installierter Leistung erhalten, welche über einen längeren Zeitraum gestreckt ausgezahlt und durch einen „Refinanzierungsbeitrag“ ergänzt würde. Diese Art der Förderung wäre auch mit dem Beschluss der Bundesregierung innerhalb der Wachstumsinitiative vereinbar, wonach künftig die Investitionskosten der Anlagen und nicht mehr der erzeugte Strom gefördert werden soll.
Kabinett will Kapazitätsmechanismus verabschieden
Alternativ zur „Direktvermarktung“ können Betreiber von Windparks und großen Solaranlagen ihren Strom schon jetzt – ganz ohne staatliche Förderung – direkt an Unternehmen verkaufen. Diese direkten Stromlieferverträge („Power Purchase Agreements“, PPAs) werden in Deutschland immer beliebter. So waren nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur im vergangenen Jahr Anlagen mit einer Kapazität von 3,6 Gigawatt in solchen Verträgen gebunden – mehr als viermal so viel wie 2022. Im Februar dieses Jahres hat zum Beispiel der Energieversorger RWE mit Thyssenkrupp vereinbart, dem energiehungrigen Duisburger Werk über eine Dekade jedes Jahr 110 Gigawattstunden Windstrom zu liefern. RWE ist dadurch finanziell abgesichert, weil sein Ökostrom garantiert zu einem festen Preis abgenommen wird. Für Thyssenkrupp hingegen hat der PPA den Vorteil, öffentlichkeitswirksam explizit „grünen“ Strom zu erhalten – wichtig zum Erreichen seiner Nachhaltigkeitsziele. In der EEG-Förderung hingegen verliert der Strom das Siegel „Ökostrom“.
Energieversorger fordern, weiterhin zwischen staatlicher und marktlicher Absicherung hin und her wechseln zu dürfen. Carolin Dähling von Green Planet Energy macht sich im Gespräch mit der F.A.Z. für ein Modell stark, das Differenzverträge und grüne Stromlieferverträge kombiniert. Durch die geplante Ausgestaltung der Erlösabschöpfung sieht sie die fortschreitende Marktintegration der Erneuerbaren bedroht. „Aus der berechtigten Sorge, dass die Wechseloption zum Umgehen der Abschöpfung führen könnte, darf kein Aus für Grünstrom-PPAs werden.“
Neben der Einführung der CfDs zur Vergütung der Erneuerbaren plant das Wirtschaftsministerium die Einführung eines Kapazitätsmechanismus, der die Stromversorgung dauerhaft sichern soll. Der Chef des Energiekonzerns ENBW , Georg Stamatelopoulos, kritisierte am Freitag das von Habecks Haus favorisierte Modell eines kombinierten Kapazitätsmarktes. „Wieder will Deutschland einen eigenen, extrem komplizierten Weg einschlagen. Dafür nehmen wir in Kauf, dass es teurer und wahrscheinlich in 2028 nicht fertig sein wird.“ Auch Axel Ockenfels und Peter Cramton, zwei führende Marktdesign-Forscher, forderten gegenüber der F.A.Z. die Politik dazu auf, „die Fallstricke der Kapazitätsmechanismen der letzten 20 Jahre zu vermeiden. Die Umsetzung des derzeit bevorzugten Plans wird die Stromkosten erhöhen, aber wahrscheinlich nicht die erwünschte Widerstandsfähigkeit bieten.“