Darts-WM: „Oioioi, das war rigide“ – nach dem Drama hat van Gerwen Tränen in den Augen | ABC-Z

Michael van Gerwen hat eine weitere Sensation bei der Darts-WM mit Mühe abgewendet. Dem Superstar drohte gegen einen japanischen Debütanten das Aus. Das Duell gipfelte im Drama. Der Japaner warf neun Setdarts am Doppel vorbei – und MVG seine Pfeile auf den Boden.
Die Spuren des Dramas zeichneten sich unmittelbar in Michael van Gerwens Gesicht ab. Die Augen waren feucht, der Kopf leuchte rot. „Das war wirklich schwierig“, gab der Superstar zu. Von seinem schier unerschöpflichen Selbstbewusstsein war nicht mehr viel übrig nach diesem knappen Auftaktmatch bei der Darts-Weltmeisterschaft.
Van Gerwen behielt am Ende gegen Mitsuhiko Tatsunami zwar die Oberhand, doch das 3:1 spiegelte nicht wider, wie nah „Mighty Mike“ seinem ersten Erstrunden-Aus seit 15 Jahren gewesen war. „Er hat mich wirklich hart arbeiten lassen heute. Oioioi“, pustete er durch. Van Gerwen schien zwischenzeitlich dort, wo nach Spielende seine Darts gelandet waren: am Boden. „Ich habe es mir selbst zu schwer gemacht. Ich war nicht ich selbst. Ich war zu aufgedreht. Das war Dreck. Ich kann das viel besser.“
Der vermeintlich lockere Aufgalopp gegen den japanischen Debütanten hatte für ihn bereits mit einem Schock begonnen. Tatsunami hielt im ersten Satz konsequent seinen Anwurf und checkte im Decider 92 Punkte zum 1:0.
Nach dem 3:0 seines Landsmanns Motomu Sakai und dem Sccop des Kenianers David Munyua am Nachmittag witterte der Alexandra Palace die nächste Sensation. Und Tatsunami machte weiter, checkte 71 Punkte mit schlafwandlerischer Sicherheit auf Tops zum 2:0. Der Japaner hatte nun fünf seiner zehn Versuche getroffen, während van Gerwens Doppelquote bei acht Prozent (1/12) verkümmerte.
Der Favorit aber zeigte Champion-Qualitäten, egalisierte zweimal in 14 Darts zum 2:2. Es war nun ein mitreißender Schlagabtausch, dessen zweite Runde an den Niederländer ging. „Mighty Mike“ checkte mit dem letzten Dart auf der Doppel-2, während sein Gegner bei 50 Punkten Rest wartete. Er hatte den Kopf gerade noch mal aus der Schlinge gezogen.
Doch auch ab jetzt lief nicht alles wie erwartet. Van Gerwen nahm Tatsunami seinen Anwurfsatz ab und füllte mit seiner Präsenz die Bühne, auf der er schon siebenmal ein WM-Endspiel bestritten hatte. Durchgang vier bedeutete aber wieder einen Rückfall. Der Superstar kassierte das Break und lag 0:2 zurück.
Van Gerwen mit leichter WM-Auslosung
Dreimal hatte er hier den WM-Pokal in den Konfettiregen gehalten: 2014, 2017 und 2019. Auch bei der WM 2025 schaffte er es ins Finale, kam nach der Niederlage gegen Luke Littler aber bei keinem Ranking-Event mehr in ein Endspiel.
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Und insbesondere nach diesem Auftakt fällt der Glaube schwer, dass sich das in den kommenden Wochen ändern wird. Allerdings eröffnet ihm der Turnierbaum einige Möglichkeiten. In Runde zwei würden der Ire William O‘Connor oder Krzysztof Kciuk aus Polen warten. Anschließend käme es zu einem Duell mit Peter Wright oder Arno Merk.
Allesamt schlagbare Gegner, und selbst im Achtelfinale könnte es schlimmer kommen, als auf den Schotten Gary Anderson oder Landsmann Jermaine Wattimena zu treffen. Er hat also noch Zeit sich zu steigern.
In Runde eins forderte er noch sein Glück heraus. Van Gerwen verkürzte auf 1:2, bekam bei 80 Punkten Rest aufgrund einer verpassten Single-20 aber keine Chance zum Finish. Da der Japaner fünf Setdarts nicht nutzte, rettete sich MVG in den Decider.
Dort stand Tatsunami bei 73 Punkten Rest und vergab auf Tops einen weiteren Setdart. Ein Drama nahm seinen Lauf, und van Gerwen stand seinem Gegner in nichts nach, verwarf seine ersten beiden Matchdarts auf der Doppel-16.
Doch der 52-Jährige schoss die nächsten drei Fahrkarten. Insgesamt neun Setdarts waren nicht genug, sodass der Favorit dann doch noch den Gang in den fünften Satz verhinderte. Weit wird er mit dieser Leistung nicht kommen. 90,82 Punkte im Average und 29 Prozent auf den Doppeln versetzen in diesen Tagen niemanden in Schrecken.
„Es war nicht die beste Leitung. Das Wichtigste ist, dass du gewinnst. In der ersten WM-Runde geht es nur darum zu überleben“, sagte er mit etwas Abstand: „Ich muss jetzt ruhig bleiben. Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“
Sherrock
Zuvor war Fallon Sherrock bei ihrem Versuch gescheitert, nach ihrem famosen Lauf bei der WM 2020 ein weiteres Match zu gewinnen. Die „Queen of the Palace“ unterlag Dave Chisnall 0:3.
Nachdem die Engländerin den möglichen Gewinn des ersten Satzes immer wieder durch Fehler beim Checkout selbst verhindert hatte, drehte Chisnall nach nervösem Start auf und sicherte sich Durchgang zwei in 16, 14 und 15 Darts. Im dritten Satz vergab die 31-Jährige vier Setdarts und musste die Niederlage bei nur drei von 23 getroffenen Checkouts akzeptieren.
Chisnall bekommt es in Runde zwei mit Ricardo Pietreczko zu tun. Der Deutsche hatte sich gegen den Portugiesen Jose de Sousa durchgesetzt und dabei vor allem auf den Doppelfeldern überzeugt.
Wenn Lutz Wöckener nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch über Abseitiges wie Fußball.
Darts-WM 2026, Ergebnisse, 1. Runde
- Callan Rydz (ENG) – Patrik Kovacs (HUN) 3:0 (3:1, 3:1, 3:1)
- Thibault Tricole (FRA) – Motomu Sakai (JPN) 0:3 (2:3, 2:3, 0:3)
- Ryan Joyce (ENG/24) – Owen Bates (ENG) 3:0 (3:0, 3:1, 3:0)
- Mike De Decker (BEL/18) – David Munyua (KEN) 2:3 (3:1, 3:2, 2:3, 2:3, 1:3)
- Jermaine Wattimena (NED/19) – Dominik Grüllich (D) 3:2 (3:1, 2:3, 2:3, 3:1, 3:0)
- Dave Chisnall (ENG/21) – Fallon Sherrock (ENG) 3:0 (3:1, 3:0, 3:2)
- Michael van Gerwen (NED/3) – Mitsuhiko Tatsunami (JPN) 3:1 (1:3, 3:2, 3:1, 3:2)
- Krzysztof Ratajski (POL) – Alexis Toylo (PHI)





















