“Dann läuft man nur im Kreis”: Ex-Finanzminister Steinbrück sieht SPD auf Abwegen | ABC-Z

“Dann läuft man nur im Kreis”Ex-Finanzminister Steinbrück sieht SPD auf Abwegen
27.12.2025, 00:02 Uhr
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Mit dem aktuellen Zustand der Sozialdemokratie ist Ex-Finanzminister Steinbrück nicht einverstanden. Seinen Genossen bescheinigt der frühere Kanzlerkandidat Orientierungslosigkeit, falsche Themensetzung und Selbstbezogenheit. So werde die SPD keine Wahlen gewinnen.
Der frühere sozialdemokratische Finanzminister Peer Steinbrück attestiert seiner Partei eine programmatische Orientierungslosigkeit. “Die SPD ist auf der Suche nach sich selbst”, sagt er der “Süddeutschen Zeitung”. “Dem Diktum von Willy Brandt, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll, läuft sie hinterher.”
Aktuell vermittelten Teile der Partei den Eindruck, “dass aus der Addition legitimer Minderheitsinteressen eine politische Mehrheit zu gewinnen sei”. Dazu zählt er etwa Themen wie Cannabis, Namensrecht, Geschlechtsbestimmung oder Identitätspolitik. Steinbrück hält das für den falschen Weg. “Ich bin überzeugt, dass der weit überwiegende Teil der Bürgerschaft das definitiv nicht als politische Hauptsachen und ausschlaggebend für ihre Wahlentscheidung bewertet”, sagte der Sozialdemokrat. Die SPD sei vielmehr immer dann erfolgreich gewesen, “wenn sie ihren Einsatz für mehr Gerechtigkeit mit dem Angebot verbunden hat, die ökonomisch-technologische Kompetenz aus der Breite der Gesellschaft abzubilden”, so Steinbrück. “Wenn eines dieser beiden Beine zu kurz ist, läuft man nur im Kreis.”
Scharf kritisiert der 78-Jährige auch die Selbstbezogenheit, die Teile der Politik und auch seiner Partei erfasst habe. “Der Ernstfall der Politik scheint die Delegiertenkonferenz oder der Parteitag zu sein”, sagt er. Um dort aufgestellt zu werden, müsse man “den parteiverträglichen Kodex und die Töne der dominanten Strömungen auf dem Parteitag so korrekt wie möglich singen”. Das jedoch sei der völlig falsche Fokus. “Der politische Ernstfall sollte die Begegnung mit den Wählern sein – und dem, was die umtreibt”, sagte Steinbrück der Zeitung.
“Neuer Digitalminister große Bereicherung”
Der Ex-Finanzminister und frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident forderte zugleich eine umfassende Sozialstaatsreform. “Der Normenkontrollrat kommt auf 170 steuerfinanzierte Sozialleistungen, das Ifo-Institut in einer anderen Abgrenzung sogar auf 500. Das führt zu Absurditäten”, sagte er dem Blatt. Das System müsse weg von der Einzelfallgerechtigkeit hin zu einer Pauschalierung von Regelleistungen. Diese müssten anschließend zusammengeführt und auf einer bundesweiten digitalen Plattform abgewickelt werden.
“Der Maschinenraum unseres Staates muss renoviert, Digitalisierung vorangetrieben, Bürokratierückbau betrieben, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft durch eine bessere Rahmensetzung gestärkt, Infrastruktur modernisiert, Bildung stärker gefördert werden”, sagte der 78-Jährige. Deutschlands ersten Digitalminister Karsten Wildberger hält Steinbrück “für eine große Bereicherung des Kabinetts”. Was er bislang zusammen mit den Ländern vorgelegt habe, sei “insgesamt das Weitreichendste, was wir in Deutschland in den letzten zehn Jahren erlebt haben”.
Insgesamt fehle es der aktuellen Regierung jedoch an “Konfliktfähigkeit”, sagte Steinbrück. “Sie knickt vor der lautstarken Empörung einzelner Gruppen zu eilfertig ein”, sagte er. Gleichzeitig sei Schwarz-Rot zum Erfolg verdammt. “Wir haben unabhängig von Parteisympathien ein massives Interesse daran, dass diese Koalition aus Union und SPD der Erosion des Vertrauens in die staatliche Handlungs- und Funktionsfähigkeit rasch entgegenwirkt. Wir kriegen sonst ein Demokratieproblem”, so Steinbrück.





















