Dachauer Architekturpreis zeichnet drei Projekte aus – Dachau | ABC-Z

In der August-Pfaltz-Straße steht ein Haus mit Giebeldach und roten Ziegelsteinen, eingerahmt von einem bunt bepflanzten Garten, durch die großen Fenster fällt viel Licht in die Zimmer des Hauses. Auf den ersten Blick hebt sich das Haus von Bettina und Quirin Havermann, die dort seit nunmehr zwei Jahren leben, kaum ab von den umliegenden Gebäuden. Doch der erste Eindruck täuscht.
Denn das Haus ist eines der drei Projekte, die dieses Jahr mit dem Dachauer Architekturpreis ausgezeichnet worden sind: Unter dem Titel „Wohnen mit Optionen“ erbauten es die Havermanns, geplant wurde es vom Studio Rauch. Das zukunftsgewandte Denken habe der Jury besonders gefallen, so Christian Stadler, Vorsitzender des Architekturforums Dachau. Sie lobten den Preis dieses Jahr zum vierten Mal mit einer interdisziplinären Jury an Architektur-Experten aus. Das Ziel war es dabei laut den Veranstaltern einmal mehr, „möglichst alle in den letzten Jahren neu entstandenen Gebäude, Freianlagen und Räume, die sich durch innovative Ideen und sorgfältige Planung und Gestaltung auszeichnen, zusammenzutragen und einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren“. Zudem spielen Faktoren wie eine umweltbewusste Bauweise und eine beispielhafte technische Ausführung eine Rolle.
Inwiefern also hat das Haus der Havermanns die Jury überzeugt? Die Besitzer haben es in drei Einheiten designt, die auf drei verschiedene Möglichkeiten eingeteilt werden können. Aktuell haben sie eine Einliegerwohnung und eine Garage im Haus, alternativ können sie das Haus aber auch in drei Wohneinheiten einteilen – und das auf zwei unterschiedliche Weisen. Somit soll das Haus leicht auf verschiedene Lebensabschnitte und Bedürfnisse angepasst werden können. Um von einer Aufteilungsmöglichkeit in eine andere zu wechseln, müssen nur geringfügige Änderungen im Haus vorgenommen werden.
Der „Genius Loci“ sollte gewahrt werden
Außerdem überschreitet der Neubau die Fläche des ehemaligen Hauses nicht, das einst auf dem Grundstück stand. Es gehörte Quirin Havermanns Großtante und Großonkel, sie vererbten das Grundstück an ihren Neffen Paul Havermann, der es wiederum seinem Sohn Quirin Havermann überließ. Das alte Haus aus den 30ern war aber leider „nicht rettbar“, so Paul Havermann. Eigentlich hätten sie gerne etwas daraus gemacht, aber das Fundament war „komplett verschimmelt“, sagt er. Also bauten sie ein neues Haus – Firsthöhe und Grundfläche des einstigen Hauses aber sind geblieben.
Der Stil sollte sich an die umliegenden Häuser und die „Dachauer Tradition“ anpassen, so Paul Havermann. Sprich: Der „Genius Loci“ sollte gewahrt werden. Entstanden ist so ein Haus mit traditionellem Giebeldach und roten Dachziegeln, ergänzt durch allerlei moderne Elemente.


Sie wollten, so Paul Havermann, das Haus so gestalten, dass es sich zur Straße hin öffnet und nicht abschottet. So ist das Grundstück nicht durch einen Zaun abgeteilt, der Vorplatz vor der Garagenzufahrt grenzt offen an den Gehsteig. Außerdem lässt sich von vorn beidseitig der Garten hinter dem Haus erblicken. Die Hausnummer ist ein individuelles Detail und ein Blickfang: Paul Havermann schlug die rote 16 eigenhändig aus dem Sockel des alten Hauses – eine mühsame Arbeit, wie er erzählt. Auch alle Steine, die die Beete im Garten schmücken, seien bereits Teil des ehemaligen Gartens gewesen, ergänzt sein Sohn. Immer wieder findet man so das Alte im Neuen.
Und nicht nur das: Im Garten, den Paul Havermann entworfen hat, wurden einige Pflanzen während der Bauarbeiten geschützt und erhalten. Die Bäume zum Beispiel, die den Garten auf der Rückseite säumen, sollen laut Vater Havermann um die 50, 60 Jahre alt sein. Und auch im Blumenbeet existiert noch die ein oder andere Pflanze, die bereits Paul Havermanns Tante in ihrem Garten pflegte. Es ist also auch ein Stück Familiengeschichte, das hier weiterlebt.
Die Visionen der Havermanns finden sich in vielen Details, das Studio Rauch kreierte das ganze Haus auf Grundlage ihrer Ideen. So hat die Familie vom Wohnzimmer aus einen guten Blick auf ihren Garten: Die Rückseite des Hauses ist mit einer großen Fensterfront versehen. „Damit wollten wir uns den Garten ein Stück weit ins Haus holen“, sagt Quirin Havermann.
„Da hat das Haus dann wirklich überzeugt“
Stadler vom Architektenforum Dachau sagt, das Haus der Havermanns sei auf den ersten Blick nicht preisverdächtig gewesen, die Qualität des Projekts habe sich nicht gleich erschlossen. Trotzdem kam es in die Auswahl der letzten sechs Projekte, die von der Jury vor Ort besucht wurden. „Da hat das Haus dann wirklich überzeugt“, erzählt Stadler. Die Jury-Mitglieder erkannten die „herausragenden Details des Hauses“ und bewunderten, dass in der Planung von „Wohnen mit Optionen“ zukunftsgewandt gedacht wurde.
Außerdem bemerkt Stadler beim Rundgang durch das Haus lachend: „Die Qualität der Eigenleistung ist hoch.“ Tatsächlich haben Quirin Havermann und sein Vater, von Beruf Maler, oft selbst Hand angelegt. Die persönliche Note, auch sie hat die Jury am Ende überzeugt.
Neben dem Haus der Havermanns wurden die generalsanierte Kirche St. Georg in Hebertshausen sowie der Unverpacktladen „Simperl“ ausgezeichnet.